Zwischen Vernunft und purem Verlangen
ironisch.
„Versprichst du, darüber nachzudenken?“
„Über das Geld oder die Heirat?“
„Mir hilft es, wenn ich beides zusammen betrachte“, sagte Max. „Hast du Freitag schon was vor?“
„Ich heirate dich nicht am Freitag.“
„So schnell geht das auch gar nicht. Schließlich müssen wir erst den Papierkram erledigen. Ich dachte nur, wir könnten Freitag nach Melbourne fliegen, damit ich meiner Mutter meine Verlobte vorstellen kann. Wir bleiben übers Wochenende, spielen allen das glückliche Paar vor und kommen Sonntag zurück. Heiraten können wir dann irgendwann nächste Woche. Das ist wirklich die beste Lösung, Evie. Ich habe lange darüber nachgedacht.“
„Und ich noch gar nicht.“
„Dazu hast du heute Gelegenheit.“ Als er ihren ungnädigen Blick auffing, fügte er lachend hinzu: „Okay, von mir aus kannst du auch zwei, drei Tage darüber nachdenken.“
Es dauerte eine Woche, bevor sie alle Fragen erörtert hatten, aber dann erklärte Evie sich einverstanden mit Max’ Vorschlag, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass MEP tatsächlich Chancen hatte, die Ausschreibung für sich zu entscheiden, und dass die Ehe unmittelbar nach Max dreißigstem Geburtstag geschieden wurde. Sie war bereit, mit ihm unter einem Dach zu wohnen, bestand aber auf getrennten Schlafzimmern. Außerdem verlangte sie von Max, während der Ehe völlig enthaltsam zu leben.
Das passte ihm natürlich nicht.
Beziehungen sind erlaubt, solange sie diskret geführt werden, schlug er vor und gab zu bedenken, dass zwei Jahre eine lange Zeit waren. Evie wollte doch sicher nicht, dass er ständig frustriert und schlecht gelaunt war, oder?
Nein, das wollte sie nicht. Aber die Rolle der betrogenen Ehefrau gefiel ihr auch nicht.
Schließlich einigten sie sich darauf, dass äußerst diskret geführte Affären gestattet waren. Sollte eine außereheliche Beziehung jedoch bekannt werden, musste der untreue Ehepartner zweihundertausend Dollar Strafe zahlen.
„Wäre ich gemein und geldgierig, würde ich ein halbes Dutzend unwiderstehlicher Frauen auf dich ansetzen“, sagte Evie auf dem Weg zum Circular Quay, wo sie zu Mittag essen wollten.
„Dann hätte ich dich aber niemals gebeten, mich zu heiraten“, konterte Max, als sie aus dem Schatten eines der Hochhäuser Sydneys traten und an diesem sonnigen Sommertag Richtung Ufer spazierten. „Worauf hast du Appetit? Wie wär’s mit Meeresfrüchten?“
„Gute Idee. Übrigens sieht man dir überhaupt nicht an, dass du bald fünfzig Millionen Dollar reicher bist.“
Max blieb mitten auf der Promenade stehen, hob das Kinn, kniff die Augen zusammen und betrachtete abschätzend das Nachbarhochhaus, als erwäge er, es zu erwerben. „Ist es so besser?“
„Geht so. Es wäre hilfreich, wenn du dir mal neue Arbeitsstiefel leisten würdest.“
Nachdenklich betrachtete Max seine uralten, abgetragenen Stiefel. „Diese sind aber sehr bequem.“
„Wenigstens deine Uhr macht was her“, gestand Evie ihm zu.
„Und sie zeigt die Zeit an“, witzelte er. „Du und meine Mutter werdet euch prächtig verstehen. Das ist eine gute Voraussetzung für unsere Ehe.“
„Wenn du das sagst.“
„Liebling. Es muss heißen: Wenn du das sagst, Liebling.“
„Du armer Irrer!“
Erneut blieb Max stehen, zog Evie fest an seine Seite, hob sein Smartphone hoch und knipste ein Foto.
„Erzählst du mir mehr über deine Familie?“, bat Evie.
„Da sind meine Mutter, mein älterer Bruder und weitere Verwandte. Du lernst sie noch früh genug kennen.“
Und zwar an diesem Wochenende!
„Wie findest du es?“ Max zeigte ihr das Foto. „Ich finde, wir geben jetzt unsere Verlobung bekannt.“
„Okay.“
Max tippte noch einen passenden Text zum Verlobungsfoto ein und schickte es auf den Weg. „Etwas schwummrig ist mir schon“, gestand er.
„Wahrscheinlich hast du Hunger.“
„Ist dir nicht schwummrig?“
„Nein, erst nach einem Glas Champagner.“
Also bestellte Max im Restaurant zur Meeresfrüchteplatte auch Champagner, mit dem sie auf die Firma, den Neubau des Verwaltungszentrums und schließlich auf sich selbst anstießen.
„Dich scheint es völlig kalt zu lassen, nur aus finanziellen Gründen meine Frau zu werden“, bemerkte Max, als die zweite Flasche Champagner im Kühler stand.
„In meiner Familie ist es eben völlig normal, wegen des Geldes zu heiraten“, erklärte Evie. Ihr Vater lebte gerade mit seiner fünften Ehefrau zusammen, ihre Mutter war zum dritten Mal
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