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Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Straeter
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Steigungen, die gut zu packen sind, dann lange, gerade Abschnitte. Vorbei an rosa angestrichenen Wohnhäusern, rosa angestrichenen Bauernkaten, rosa angestrichenen Pferdeställen, rosa angestrichenen Hundehütten. Die rosa Strecke nennen wir später dieses Stück Richtung Kilkee.
    Doch dann geraten wir auf frischen Rauhasphalt, zum Teil mit losem Split. Die Steinchen knallen unter die Schutzbleche, spritzen zur Seite weg, die Reifen müssen viel aushalten. Da nützt auch eins der häuflgsten Hinweisschilder Irlands nichts:
    ‘Slow! Loose Chippings. 20 M.p.H.!’
    Langsam! Loser Split. 20 Meilen pro Stunde!
    Unsere Geschwindigkeit bleibt weit unter dem angegebenen Maximum, geht langsam gegen Null. Wir erreichen die Stelle, an der im Augenblick gearbeitet wird. Die Straßenarbeiter grüßen, selbst der Walzenfahrer winkt uns generös zu, fährt in der Mitte der Straße, um uns vorbeizulassen. Vor diesem Wink sind wir vorsichtig hinter ihm geblieben, die loose Chippings sehen sehr plattgewalzt aus.
    Ob hier die Grundlage für de Selby’s Theorie der Straßenrichtungen und für unsere Schlaglochtheorie gelegt wird? Vielleicht liegt es an den Radfahrern, die vorbeigelassen werden, je nachdem auf welcher Seite. Dort wird einmal weniger gewalzt.
    »Dieses Stück zwischen Lahinch und Kilkee müssen wir später einmal überprüfen !« rufe ich Ilse zu.
    »Was !« , schreit die, »nochmal zurück?«
    »Ja, dieses Straßenstück müßte demnächst auf beiden Seiten Schlaglöcher haben, weil die Dampfwalze unseretwegen einmal mehr nur in der Mitte gefahren ist .«

    Rechterhand sehen wir das dunkelblau wirkende Meer, links öffnet sich ein weiter Blick über dunkelgrünes Land, Wiesen, Feld er, Häuser, Kühe; in der Ferne Berge, wolkenverhangen.
    An Miltown Malbay, dem berühmten Musikerort, vorbei kommen wir nach Doonbeg am Doonbeg. Dieser Ort erlangte seine bis heute verborgen gebliebene Berühmtheit durch zwei Radfahrer, die zusammen mit einem Hund auf einer Parkbank am Fluß Pause machten: Two peoples and a dog on a bench.
    Es nieselt leicht, uns fröstelt; sobald wir Pause machen, kühlen wir aus, der Schweiß klebt kalt am Körper. Wo bleibt eigentlich das Begleitpersonal mit den dicken Frottee-Mänteln?
    Das Begleitpersonal taucht nicht auf, so sitzen wir auf einer Parkbank in Doonbeg am Doonbeg, und ein herrenloser Hund gesellt sich zu uns, setzt sich neben mich auf die Bank und legt mir die Pfoten um den Hals. Ach, ich habe einen Freund gefunden, einen echten irischen Freund. Doch ehe ich mich durch die liebevollen Pfoten ablenken lasse, sehe ich, wie die Hundeschnauze ganz woanders hinzielt. Zu meinem Butterbrot mit Chesterkäse. Muß ich jetzt teilen, unter Freunden?
    In der Nähe der alten steinernen Flußbrücke mit ihren Bögen steht ein Angler bis zu den Hüften im Wasser. Obwohl wir zusehen, fängt er etwas, das erleben wir selten. Als wir weiterfahren, begleitet uns mein Freund von der Parkbank durchs Dorf und aus dem Dorf hinaus. Ich muß ein ernstes Wort mit ihm reden, bevor er zurückbleibt.

    Nach knapp fünfzig Kilometern erreichen wir Kilkee. Von weitem schon können wir die bunten Häuserreihen an der Bucht erkennen, die einen natürlichen Hafen bildet.
    Wir landen auf einem Caravan-Park, wo wir zwischen zwei riesigen, leeren Mietcaravans, die auf Hohlblocksteinen aufgebockt sind, ein karges Plätzchen finden. Der Preis ist trotzdem der übliche: ca. fünf Pfund.
    Heute hat es mein Hinterrad erwischt, es ist allerdings so gnädig, mit dem Plattwerden bis Kilkee zu warten. Slow! Loose Chippings! Das Flicken kann bis morgen warten. Wir haben Hunger und laufen in die Stadt. Ich weiß nicht mehr warum, aber heute essen wir konsequent, gibt es ein konsequentes Anti-Menu. Wir erwischen die schlimmste Pommes Frites Bude der Stadt, sitzen auf ungepolsterten Stühlen, bekommen Fish’n Chips, dazu Cola und Fanta. Teller und Besteck gibt es nicht, wir müssen mit den Fingern aus Tüten essen. Daß Cola und Fanta mit dem Strohhalm aus Leichtmetalldosen dazu äußerst gut geschmeckt haben, versteht sich. Stil ist Stil. Ach Europa.
    Zum Nachtisch findet man uns, noch ist Europa nicht verloren, in der ‘Central Bar’ in der O’Connel Street beim Guinness, denn Guinness soll nicht nur gut für uns sein, sondern ‘gives you strength’, gibt uns angeblich Stärke.
    Ein neuer Werbespruch von Guinness lautet: ‘Summer. Cooler than others.’ Yeah, da haben sie in diesem Jahr recht. In der Bar riecht es muffig.

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