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Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Straeter
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Dennoch ist es gemütlich an den dunklen Tischen, bei gedämpfter Beleuchtung. Die Bardame unterhält sich leise mit einem anderen Gast. An der Wand hängt eine große Leuchtreklame mit einer der berühmtesten irischen Folkgruppen, den ‘Chieftains’. Der Musiker in der Mitte hält eine goldene Harfe. Auf der Harfe, dem Wahrzeichen Irlands, steht: The Chieftains greatest Hit. Guinness!
    Alles o.k., no problems. Slauntje!
    Gegen 22 Uhr werden die Vorhänge zugezogen, wie üblich. Und niemand weiß, wie’s drinnen aussieht.
    Good night!

    2. Juni 1993. Der Tag muß erwähnt werden. Die Sonne schien! Schnell flickten wir den Platten an meinem Hinterrad. Wir wollten zum Loop Head. Endlich sollte sich das Wortspiel ‘vom Hook Head zum Loop Head’ bewahrheiten. Obwohl, die Sache mit dem Hook Head blieb nach wie vor im Unklaren. Aber als Ersatz dafür hatten wir das Hag’s Head besucht. Außerdem erinnerten wir uns an das Sheep’s Head, die Spitze einer sehr schmalen, langen Halbinsel südlich der Beara-Halbinsel, wo wir 1977 in unserm alten VW-Bus ein Unwetter überstanden hatten, das den Wagen völlig in Nebel hüllte und zum Schaukeln brachte.
    Unwetter hin, Unwetter her, jetzt schien die Sonne.
    Die Küstenstraße entlang.
    Die Straßenschilder in Kilkee gaben zwanzig Kilometer Entfernung an, also vierzig hin und zurück, nach normaler Berechnung. Etwas Proviant war eingepackt, schließlich mußten wir zwei Teilmerediane auf unserer Karte überbrücken. Die Halbinsel ragte weit in den Atlantik hinein, einer der westlichsten Punkte Irlands und Europas.
    Langsam fuhren wir oberhalb der Klippen entlang, die denen von Moher ähnelten, jedoch nicht ganz so hoch waren. Die Straße wandt sich hinauf und hinunter, verfolgte die Küstenlinie. Hügel auf Hügel reihte sich aneinander.
    Nur zwei Radwanderinnen trafen wir unterwegs. Wir überholten sie und verloren sie aus den Augen.
    Wir durchfuhren eine einsame, karge Wiesenlandschaft, von Steinmauern umgeben, so weit das Auge reichte. Die Küstenstraße, der ‘Loop Drive’, war anfangs ausgeschildert, die Entfernung hatte sich in siebzehneinhalb irische Meilen verwandelt, das dürften fast siebenundzwanzig Kilometer sein. Die Angabe auf dem Schild in Kilkee hatte sicher die Luftlinie gemeint. Nach und nach wurden die Straßen schmaler, die Häuser einfacher und baufälliger. Da die meisten Häuser keine Keller besaßen, sah man überall Feuchtigkeit die Mauern hochkriechen. Eingefallene Strohdächer, verlassene Gebäude, zerfallende Bauernhäuser samt rostender Maschinen säumten unseren Weg.
    Die wenigen mageren Kühe — der Unterschied zu ihren Genossinen in den bisher durchfahrenen Counties war unübersehbar — blickten uns so traurig an, als hätten sie noch nie etwas von Brüssel gehört. Wohlstand schien hier ein Fremdwort, Menschen sahen wir nicht, sie arbeiteten sicher irgendwo auf den Feldern.
    Das konnte die Sonne nicht mehr mit ansehen, sie verkroch sich, es begann leicht zu regnen. Und dann packte uns der Westwind voll von vorn. Auch die Schilder des Loop Drive verabschiedeten sich, wir mußten uns nach der Karte und unseren Nasen richten.
    Um noch einmal auf die Schilder zurückzukommen, das am häufigsten anzutreffende hatten wir schon erwähnt: Loose Chippings. Ein Schild, das man antrifft, ist immerhin vorhanden. Eine klare, wenn auch unangenehme Sache sind Schilder, die nicht vorhanden sind. Teuflisch hingegen müssen Schilder sein, die einmal vorhanden, ein anderes Mal nicht vorhanden sind oder sich wandeln!
    Die Räder liefen ruhig, die Schaltungen knackten ihren Rhythmus, der Westwind hatte sich vorübergehend hinter einigen Hügeln versteckt, kurzum, es war Zeit zum Nachdenken.

    Eric Newby, ein Engländer, der 1939 eine der letzten Weltumseglungen mit einem Getreide-Segler, der Viermastbark ‘Moshulu’, als Matrose mitmachte, verbrachte im Rentenalter mit seiner Frau Wanda ein Jahr radfahrend in Irland. Kämpfend gegen Wind und Wetter, kämpfend mit den Tücken der Objekte. So wollten sie einmal außerhalb von Ennis auf einer Farm übernachten. Der Ort, zu dem die Farm gehörte, war auf ihrer Karte nicht verzeichnet. But no problem (wir kennen das), ‘it’s only half a mile’, sagte ihnen irgendein ‘Bloody Know-All’, ein verdammter Besserwisser, wie Newby schreibt, ‘and you can’t miss it, there’s a great soign (sign)’, ihr könnte es nicht verfehlen, dort ist ein großes Schild. Jedenfalls wurden sie zunächst auf eine der

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