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Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Straeter
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allerdings nicht mit ihren Landsleuten gerechnet,
insbesondere nicht mit den Wirten. Die neuen Guinnesspreise wurden boykottiert.
Nomen est omen, denn der Begriff des Boykottierens stammt aus Irland. Wir Gäste
waren Nutznießer des Wirtestreiks und tranken für die alten Preise.
    Und die
Firma Beamish tat noch einen drauf. Auf den Bierdeckeln stand: The only difference between a pint of Beamish
Stout and a pint of other stout is 20 p! Außer dem um 20 p geringeren
Preis sollte es keine Unterschiede zwischen den Bieren geben. Es stimmte. Das
braune Stout von Beamish schmeckte fast genau so gut wie das von Guinness.
    Wir aber
schöpften bei Me Gann’s den Rahm vom Guinness ab und aßen ausgezeichnete Garlic
Mussels, überbackene Knoblauchmuscheln und ein köstliches Irish Stew,
vielleicht das beste in Irland.
    Das Lokal
füllte sich mit jungen Iren und Urlaubern. An unseren Tisch setzten sich zwei
Paare aus England, aus Cambridge, wie sich herausstellte. In irischen Kneipen
kam man schnell ins Gespräch. Wir unterhielten uns über Gott und die Welt, auch
über Kunst und Literatur. Als wir erzählten, daß wir ein Reisebuch über Wales
gemacht hatten, wurde eine der Frauen recht lebhaft.
    »Do you write down all this now ?« fragte sie.
    »Yes, naturally, perhaps what you say, too .«
    Das gefiel
ihr anscheinend nicht so gut, sie wurde merklich stiller.
    Um mein
Schriftstellerdasein zu unterstreichen, notierte ich mir auffällig einen der
Wandsprüche:
    »Everyone who visits this place brings happiness, some
by coming in — some by going out !«
    »Alle, die
uns besuchen, bringen Glück. Einige beim Hereinkommen — andere beim Hinausgehen !«
    Sie nahmen
meine Bemühungen gelassen hin, interessierten sich viel mehr dafür, daß wir mit
Fahrrädern unterwegs waren. Dann verabschiedeten sie sich freundlich.
    Life Music
gab es leider an diesem Abend nicht, obwohl Doolin eins der bekannten Zentren
irischer Volksmusik ist.
     

WILLKOMMEN BEI DEN
KÄUZEN * )
     
     
    Der Teufel
läßt uns eine Abkürzung von Doolin Pier hoch zu den Cliffs of Moher nehmen. Von
Null auf zweihundert Meter Höhe auf drei Kilometer Strecke. Wir schieben mit
schmerzenden Armen und pfeifenden Lungen.
    Die Cliffs
liegen in Nebelwolken. Trotzdem laden die Busse unverzagt ihre bunten
Anorakmenschen ab, die Iren kümmern sich um alles, bloß nicht ums Wetter.
    Zur
Belohnung für unseren Frühsport bergauf bekommen wir eine fast zehn Kilometer
lange Abfahrt nach Liscannor hinunter. Wir machen Pause am Liscannor Harbour
von Liscannor an der Liscannor Bay. Etwas einkaufen, auch Telefonkarten, kann
man bei Vaughan’s Anchor Inn, einem weißen Gebäude mit braunen Fensterrahmen,
weißer Namensschrift auf braunem Holzuntergrund. Neonschriften und Strom
braucht man hier für solche Sachen nicht. Auf einem Schild an der Hauswand
lesen wir:
    ‘Joseph
M’Hugh/Licenced to sell Beer, Wine, Spirits & Tobacco/7 Days.’
    Sieben lange
Tage lang, Woche pro Woche, darf Joseph M’ Hugh seine Spirituosen, Zigaretten
und Tabake verkaufen. Der gönnt sich keine Ruhe, der Mann.
    Vor der Tür
stehen einladend Tische und Stühle, doch wir hocken uns vor eine Mauer am
Hafen.
    Ein kleiner
Hafen. Nur wenige Boote dümpeln auf dem Wasser an Bojen, ein Kutter reibt sich
am Kai, daneben ein Katamaran, eins jener schnellen Segelboote mit zwei
schmalen Bootskörpern. Und Curraghs mit Außenbordmotoren sehen wir... Diese
leichten geteerten Leinenboote mit Holzgerippe gibt es immer noch in Irland,
eben jetzt mit Außenborder.
    Die Zeit
bleibt nicht stehen.
    Zwei Jahre
später, im November 1995, wird sich eine hauchdünne Mehrheit des Dubliner
Parlaments für das Verfassungsrecht auf Scheidung aussprechen, obwohl der Pope
in Rom mit einer flammenden Rede in den irischen Volksentscheid einzugreifen
versucht. Die letzte Bastion in Europa wankt. Wankt wie ein Curragh auf den
Wellen, doch Curraghs gehen selten unter...
    Noch kämpft
die katholische Kirche verzweifelt gegen die Modernisierung. Das
Abtreibungsverbot steht in der Verfassung, lediglich die Fahrt nach England zur
Abtreibung und Informationen über Abtreibungskliniken im Ausland sind erlaubt.
    Der
Fotoband, den die Sängerin Madonna unter dem Titel ‘Sex’ herausgebracht hat,
wird noch in diesem Jahr von der Zensurbehörde in Irland verboten werden, die
Restposten sind aus den Regalen der Buchhändler zu entfernen. Und ein Jahr
später wird der sexuelle Mißbrauch von Kindern durch Priester das katholische
Curragh

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