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Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)

Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)

Titel: Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Solomon Northup
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heimtückischem Blick, mich auszuziehen.
     
    "Master Tibeats", sagte ich und schaute ihm mutig ins Gesicht, "das werde ich nicht tun." Ich wollte gerade etwas zu meiner weiteren Rechtfertigung sagen als er mich in seinem Rachedurst ansprang, meine Kehle mit einer Hand umklammerte und mit der anderen die Peitsche erhob, als ob er zuschlagen wolle. Bevor der Schlag aber sein Ziel finden konnte hatte ich ihn am Kragen seiner Jacke gepackt und zu mir hin gezogen. Ich bückte mich, packte ihn am Fußgelenk und zog solange daran, bis er umfiel. Ich wand einen Arm und das Bein und zog es hoch an meine Brust, so dass nur sein Kopf und seine Schultern den Boden berührten. Dann stellte ich einen Fuß auf seinen Hals – er war mir vollständig ausgeliefert. Mein Blut pochte. Es schien meine Venen mit Feuer zu erfüllen. In einem Anflug von Wahnsinn entriss ich ihm die Peitsche. Er kämpfte mit aller Kraft gegen mich; schwor, dass ich keinen weiteren Tag erleben werde und dass er mir mein Herz herausreißen würde. Aber all seine Versuche und Drohungen verpufften wirkungslos. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich ihn geschlagen habe. Schlag um Schlag klatschte schnell und schwer auf seinen sich windenden Körper. Nach kurzer Zeit schrie er Zeter und Mordio und der blasphemische Tyrann bat tatsächlich Gott um Gnade. Aber wer selbst nie Gnade gezeigt hat, verdient auch keine. Ich schlug ihn, bis mein rechter Arm schmerzte.
     
    Bis zu diesem Moment war ich zu beschäftigt um mich umzuschauen. Als ich einen Moment aufhörte sah ich Mrs. Chapin aus einem Fenster schauen und Rachel stand in der Küchentür. Ihre Haltung verriet mir ihre Aufregung und Angst. Seine Schreie hatte man auch auf den Feldern gehört. Chapin kam so schnell er reiten konnte. Ich versetzte ihm ein oder zwei Schläge mehr und drückte ihn dann mit einem so gut platzierten Tritt von mir weg, dass er sich am Boden überschlug.
     
    Als er wieder auf seinen Beinen stand und sich den Dreck aus dem Haar strich schaute er mich an, bleich vor Wut. Ich starrte ihm schweigend in die Augen. Kein Wort fiel bis Chapin zu uns galoppiert war.
     
    "Was ist hier los?", schrie er.
     
    "Master Tibeats wollte mich auspeitschen wegen der Nägel, die Ihr mir gegeben habt", erwiderte ich.
     
    "Was stimmt nicht mit den Nägeln?", wollte er von Tibeats wissen.
     
    Tibeats antwortete, sie seien zu groß, achtete aber nicht auf Tibeats Frage sondern fixierte mich immer noch mit seinen schlangenartigen, böswilligen Augen.
     
    "Ich bin der Aufseher hier", begann Chapin. "Ich habe Platt gesagt, er sollte sie nehmen und wenn sie nicht die richtige Größe hätten würde ich nach meiner Rückkehr von den Feldern andere besorgen. Es ist nicht sein Fehler. Nebenbei gesagt werde ich Nägel besorgen wie und wann ich das für richtig halte. Ich hoffe, Sie verstehen das , Mr. Tibeats."
     
    Tibeats gab keine Antwort, schwor aber mit mahlenden Zähnen und einem Schütteln seiner Faust, dass er Genugtuung nehmen würde und dass dies noch nicht mal zur Hälfte vorbei sei. Daraufhin ging er, gefolgt vom Aufseher, in Richtung Haus. Letzterer redete die ganze Zeit mit unterdrückter Stimme und ernstem Gesicht mit Tibeats.
     
    Ich blieb wo ich war und überlegte ob es besser war zu fliehen oder das Ergebnis, wie immer das auch ausfallen sollte, abzuwarten. In dem Moment kam Tibeats aus dem Haus und sattelte sein Pferd, das einzige Eigentum, das er außer mir besaß. Dann ritt er los in Richtung der Straße nach Cheneyville.
     
    Als er weg war kam Chapin sichtlich erregt heraus und wies mich an, mich nicht zu rühren und keinesfalls die Plantage zu verlassen. Dann lief er zur Küche, rief Rachel heraus und unterhielt sich mit ihr eine Zeit lang. Nach seiner Rückkehr gab er mir nochmals zu verstehen, dass ich auf keinen Fall fliehen dürfe und dass mein Herr ein Schuft sei; dass er in böser Absicht gegangen sei und noch vor Einbruch der Nacht Ärger bevorstehe. Aber ich dürfte mich unter keinen Umständen, und darauf bestand er, bewegen.
     
    Als ich da stand übermannte mich mein Leid in nie gekanntem Ausmaß. Ich war mir bewusst, dass ich mich gerade unsagbarer Bestrafung verdient gemacht hatte. Die Reaktion auf meine gerade noch vorhandene, überschäumende Wut war ein schreckliches Gefühl des Bedauerns. Ein einzelner, hilfloser Sklave, der ich war – was konnte ich tun , was sollte ich sagen , um auch nur im Entferntesten die ruchlose Tat, die ich gerade begangen hatte, nämlich mich den

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