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Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)

Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)

Titel: Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Solomon Northup
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Stift und Papier in seiner Werkzeugkiste.
     
    Zur vereinbarten Stunde trafen wir uns am Bayou und krochen in die Gräser. Dort zündete ich die Kerze an während er Stift und Papier herausholte und sich fertigmachte. Ich nannte ihm die Namen William Perry, Cephas Parker und Judge Marvin, alle aus Saratoga Springs, Saratoga County, New York. Letzterer hatte mich im United States Hotel beschäftigt und mit den Erstgenannten hatte ich beträchtliche Geschäfte gemacht. Ich vertraute darauf, dass mindestens einer noch dort wohnte. Er schrieb die Namen sorgfältig auf und bemerkte dann nachdenklich –
     
    "Es ist schon so lange her, seit du Saratoga verlassen hast, dass alle diese Leute bereits tot oder verzogen sein könnten. Du hast erzählt, dass man dir im Zollhaus von New York Papiere ausgestellt hat. Vielleicht gibt es dort Aufzeichnungen darüber - ich glaube, ich sollte auch dorthin schreiben."
     
    Ich stimmte ihm zu und wiederholte nochmals die Umstände, die mit meinem Besuch dort zusammen mit Brown und Hamilton verbunden waren. Wir lagen noch eine Stunde am Ufer des Bayou und diskutierten das Thema, das nun unsere Gedanken einnahm. Ich bezweifelte seine Redlichkeit schon lange nicht mehr und redete mir nun die Ängste, die mich so lange beschäftigt hatten, frei von der Seele. Ich sprach von meiner Frau und meinen Kindern, nannte ihre Namen und ihr Alter, und sprach euphorisch von der unglaublichen Freude, sie noch einmal an mein Herz zu drücken bevor ich starb. Ich nahm ihn bei der Hand und flehte ihn mit tränenerstickter Stimme und leidenschaftlichen Bitten an, mir zu helfen – mich meiner Familie und der Freiheit zurückzugeben – und versprach ihm, dass ich nicht überdrüssig werden würde, Gott den Rest meines Lebens um Wohlstand und Gesundheit für ihn zu bitten. Jetzt, im Genuss der Freiheit, umgeben von dem, was meine Jugend ausmachte und im Kreis der Familie, ist dieses Versprechen noch lange nicht vergessen. Und das wird es auch nich,t solange ich noch die Kraft besitze, meinen Kopf gen Himmel zu richten.
     
    " O, Segen auf sein Silberhaar und auf sein freundlich Wort,
    Und Segen auf sein Leben all, bis er mir begegnet dort!"
     
    (Aus "Die Maikönigin" von Alfred Lord Tennyson, Anmerkung des Übersetzers)
     
    Bass erdrückte mich förmlich mit Versicherungen seiner Freundschaft und Treue und beteuerte, dass er noch nie in seinem Leben so viel Anteil am Schicksal eines anderen genommen hatte. Er sprach von sich selbst in einem traurigen Ton, als einsamer Mann, als Wanderer auf dieser Welt – dass er alt würde und seine irdische Reise bald beendet hätte und sich zur letzten Ruhe begeben müsste ohne Kind und Kegel, die ihn beweinen oder sich an ihn erinnern würden – dass sein Leben für ihn wenig Wert besäße und dass er es fortan meiner Befreiung und einem nie endenden Kreuzzug gegen die verhasste Schande der Sklaverei widmen würde.
     
    Nach dieser Zeit sprachen wir nur noch ab und an miteinander oder begrüßten uns. Auch seine Unterhaltungen mit Epps über das Thema der Sklaverei wurden weniger intensiv. Nie schöpfte Epps, oder irgendeine andere Person auf der Plantage, egal ob schwarz oder weiß, auch nur den geringsten Verdacht, dass es zwischen uns eine Vertrautheit oder ein geheimes Abkommen gab.
     
    Ich bin oft ungläubig gefragt worden, wie es mir so viele Jahre gelungen ist, meine wahre Identität und meine Geschichte vor den mit mir lebenden und arbeitenden Gefährten zu verbergen. Die schreckliche Lektion, die mich Burch gelehrt hatte, hat mir nachdrücklich und ausführlich eingebläut, wie gefährlich es war, irgendwo verlauten zu lassen, dass ich ein freier Mann sei. Es gab für einen Sklaven keinerlei Möglichkeiten, mir zu helfen, aber dafür reichlich , mich zu verraten. Wenn man sich überlegt, dass sich meine Gedanken zwölf Jahre lang um die Möglichkeit der Flucht drehten ist es nicht verwunderlich, dass ich immer auf der Hut war. Es wäre reiner Wahnwitz gewesen, wenn ich mein Recht auf Freiheit erklärt hätte, und mich nur einer noch genaueren Prüfung unterzogen, ja vielleicht sogar in noch entferntere Regionen verschlagen als das Bayou Boeuf. Edwin Epps war ein Mensch, dem Recht oder Unrecht eines Schwarzen völlig egal waren – wie ich wusste, mangelte es ihm vollständig am Sinn für Gerechtigkeit. Es war wichtig, und zwar nicht nur wegen meiner Hoffnung auf Erlösung sondern auch wegen der paar kleinen Privilegien, die ich genoss, dass niemand meine

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