Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)
Nordic-Walking-Stöcke kaufte, euphorisiert losmarschierte und schon der erste Opa mich dumm anquatschte: »Und dabei schneit’s noch gar nicht, Fräulein!« Seitdem liegen die Stöcke unbenutzt in der Ecke. Und dann noch das halbe Mal für das Kreuzworträtsel der Sonntagszeitung, das wirklich knifflig war und bei dem ich bestimmt einige Kalorien verbrannt habe.
Ab heute also wird alles anders: Mit meinem neu erstandenen Sport-Outfit (schwarz, weit) schleife ich mich in Richtung Fitnessstudio. Ich muss zugeben: Ich hatte schon vor dem Probetraining Motivationsprobleme und konnte mich nur mit dem Gedanken an meine zukünftige Sommerfigur antreiben. Ich sehe mich in weißen Spaghettiträgeroberteilen. Ich sehe mich in Röcken. Ich sehe mich im Bikini!
Kaum in dem hochmodernen Tempel für Körper und Geist angekommen, lerne ich Hendrik kennen. Hendrik entspricht völlig dem Klischee eines Fitnesstrainers: gutaussehend, selbst in Jogginghosen, gesunde Haut, toller Körper und unsagbar freundlich. Ehrlich freundlich, ich fühle mich wohl! Das tue ich aber nur so lange, bis ich an der »Beinmaschine« lande und das ganze Ausmaß meiner jahrelangen Völlerei und meines persönlichen Arrangements »Wer Arsch und Titten will, muss auch ein bisschen Bauch in Kauf nehmen« vor Augen habe. In Bauchhöhe soll mir ein Spiegel als Orientierungshilfe dienen, um meine Bewegungen zu kontrollieren. Ich werde um die Hüfte festgeschnallt und beobachte alles, nur nicht meine Bewegungen. Ich sehe, wie mein Bauch sich locker über den Gurt schiebt, wie meine Brust traurig und irgendwie schief in der Gerätschaft hängt und wie ich, schwitzend und keuchend, meine Beine zusammenpresse und wieder auseinander stemme. Ich möchte weinen. Hendrik gibt mir gute Ratschläge und spornt mich freundlich an. Ich will noch mehr weinen. Und Torte.
»Gibt’s hier auch Geräte ohne Spiegel?«, frage ich hoffnungsvoll.
»Nein, es ist wichtig, dass du die Übung richtig ausführst«, sagt Hendrik und legt zwei Pfund nach.
»Kann ich nicht erst zehn Kilo abnehmen und mich dann vor die Spiegel setzen?«, feilsche ich weiter.
»Na ja, das wird aber dauern. Und Muskeln verbrennen viel mehr Fett.« Na toll. Das wird dauern. Klugscheißer.
Schon weniger begeistert ziehe ich das Programm durch und stelle mich bei der Bauchmuskelmaschine erstaunlich gut an, ich habe zwar Schmerzen, aber ich will Hendrik beweisen, dass unter der Plauze ungeahnte Muskelkraft verborgen liegt. Er zeigt sich unbeeindruckt und schickt mich zum Abschluss auf ein Liegefahrrad, für 45 Minuten.
Als ich nach Hause gehe, fühle ich mich gut. Ich lächle und habe das Gefühl, jedem Passanten ungefragt mitzuteilen, dass ich beim Sport war. Beim Sport. Ich gehe zum Sport. Ich bin beim Sport. Klingt irgendwie gut. Klingt nach: Ich habe was vor, ich habe was für MICH vor. Und es klingt definitiv besser als: »Ich gehe zu Aldi und kaufe mir für 200 Mack Schokolade!«
Katerstimmung
Sonntag, 07. Februar um 19:54 Uhr
Mir tut alles weh. Restlos alles. Jeder Muskel in meinem Körper schmerzt, selbst die Muskeln, von denen ich mir sicher war, dass ich sie gar nicht besitze. Aua!! Ich kann mich nicht mehr bewegen. Was gut ist, weil ich so auch nichts mehr esse, denn der Kühlschrank ist in unerreichbare Ferne gerückt. Ich sitze hier an einem windigen Sonntagabend, mein Laptop auf den geschundenen Knien, und schreibe mit letzter Kraft diese Zeilen. Sogar in den Händen habe ich Muskelkater! In den Händen!
Ich muss verdammt vorsichtig sein. Das hier ist der kritische Punkt, den ich schon so oft nicht übertreten habe. In diesen Momenten, in denen mir alles, alles wehtut, in denen ich müde bin und Schüttelfrost bekomme, wenn ich an den nächsten Termin in der Folterkammer denke, in diesen Momenten breche ich eigentlich immer ein.
Wieso SOLLTE ich denn eigentlich Sport machen? Ich bin – trotz der erwähnten Röllchen – immer noch in Form, na ja, in Kontur, ich habe eine Körperform, einen weiblichen, runden, weichen, warmen Körper. Wieso will ich das denn bitte ändern? Ich, die Frau mit Schirm, Charme und Melone? Ich, die Witzkanone, die Fein- und Scharfsinnige, Warmherzige, Liebenswerte, warum in drei Teufels Namen muss ich jetzt auch noch das Großprojekt Körper in Angriff nehmen?
Ich will doch gar niemanden haben, der oberflächlich ist. Niemanden, der jemand anderen auf den ersten Blick aussortiert. Ich will doch nicht mit jemandem zusammen sein, der mich »geil« findet oder
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