Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)
aufs Klo.« Ja. Schon gut.
Ich verschwand, natürlich. WER IST DER KERL? Ich muss ins Internet!
Nachforschungen
Sonntag, 24. Januar um 15:33 Uhr
Dank Facebook und der blöden »Wir bleiben nach dem Abi in Kontakt«-Telefonliste finde ich heraus, dass Sibylle Schenk bereits drei Kinder hat, Sebastian Fromm nach Kanada ausgewandert ist und ich Konrad Paulsen angegraben habe.
Konrad Paulsen, der Streber der Stufe. Der, der immer mit Aktentasche rumlief, der hässliche Freunde hatte (und selbst hässlich war) und nie, aber auch NIE auf eine Party eingeladen wurde. Er war in der Informatik-AG und im Mathe-LK. Das sagt ja wohl alles. Er saß immer mit seinen Freunden auf einer Bank in der Ecke des Schulhofs und unterhielt sich über Atari und Computerspiele. In der Oberstufe ging es dann wohl um Pornos. Man sah ihn nie mit einem Mädchen, einmal war er in dem Club, in den wir alle gingen, besoff sich ohne Ende und kotzte vor die Theke. Er wollte immer zu uns gehören und wurde immer ausgelacht.
Und jetzt arbeitet er bei einer sehr großen, sehr erfolgreichen Computerfirma, verdient viel Kohle und ist international im Einsatz. Und was mache ich? Ich teile meine Männersuche mit der Öffentlichkeit.
Amnesie
Dienstag, 26. Januar um 09:38 Uhr
Ausgerechnet Konrad Paulsen! Beim Spülen, beim Arbeiten, beim Einkaufen, immer wieder blinkt diese Scheißsituation in meinem Kopf auf. Wie eine vergessene Rechnung.
Wie konnte ich den denn nicht erkennen? Na ja, er sieht komplett anders aus, scheint Sport zu treiben, zumindest trägt er keine Fettschürze mehr. Die habe ich inzwischen übernommen. Seine Pickel sind verschwunden, sein Friseur ist wohl glücklicherweise verstorben, und er hat sich an einen mit Ausbildung gewandt. Er muss eine Freundin haben, denn er zieht sich gut an.
Konrad Paulsen sieht gut aus. Und ich habe ihm den Triumph seines Lebens verpasst. Vielleicht ist das nur gerecht. Vielleicht kann er damit seine schlimme Schulzeit besser verkraften. Vielleicht kann mich einfach jemand erschießen?
Konrad Paulsen, was ist aus dir geworden? Ein toller Hecht, jaaaa, jetzt kannst du es allen zeigen, nicht wahr? Besonders mir, die du einmal angeflirtet hast. Da waren wir 14 und ich habe dich mit den Worten abgeschossen: »Also, vielleicht wenn du ein bisschen cooler wärst, aber du hörst ja noch nicht mal Cypress Hill!«
Ich habe auch nicht Cypress Hill gehört. Ich habe Take That gehört. Aber ich wollte einen Freund, der das hört, was man hört, wenn man dazugehören will. Und große Liebe ohne Oberflächlichkeiten gab es damals einfach nicht.
Also Konrad Paulsen, bitte bekomm eine Amnesie und vergiss, was war! Und dann steck mich an.
Kauf dich glücklich
Samstag, 30. Januar um 11:07 Uhr
Das Projekt zwingt mich langsam, aber sicher in die Knie. Ich bin mir sicher, ich habe noch andere Interessen außer Theater (was mich auch nicht wirklich interessierte), Architektur (was mich definitiv gar nicht interessierte) und schlechten Partys. Ich denke nach. Essen! Ich mag essen! Und wo lernt man Leute kennen, die auch essen mögen? Ja, genau: im Supermarkt!
Hochmotiviert fahre ich in das nächstliegende Gewerbegebiet, um mir einen hübschen Single zu kaufen. Schon in der Obstabteilung weiß ich, dass ich hier nicht richtig bin. Um mich herum keine attraktiven Großstadt-Indianer, sondern das, was vom Tage übrig blieb. Wieso sind hier keine attraktiven Menschen? Und keine jungen, attraktiven Menschen? Kaufen die nicht ein? Und wenn doch: wo? Wahrscheinlich nur in der Delikatessenabteilung des KaDeWe oder bei Alnatura. Na toll. Und ich steh bei REWE.
Mir ist zum Heulen. Na ja. Jetzt, wo ich schon mal da bin – Tampons sind alle. Und Schokoladeneis. Und wann habe ich mir zuletzt ein echtes paniertes Schnitzel gemacht? Ich schlendere zur Wursttheke. Sieh mal an, denke ich überrascht, als hätten meine primitiven Gelüste geahnt, dass sich dort der einzige attraktive Mensch in meinem Alter befindet. Leider nicht VOR, und auch nicht IN, sondern HINTER der Theke.
HERR FRISCH steht auf seinem Schild, und ich finde das spontan sehr lustig. Herr Frisch kennt den Witz wohl schon, denn er zieht nur genervt einen Mundwinkel in die Höhe, als er meinen Blick auf seiner Brust bemerkt.
»JA, das ist mein richtiger Name, und JA, ich arbeite wirklich hier, aber NEIN, eigentlich nicht an der Wursttheke«, spult er leicht entnervt runter. »Was darf’s denn sein?«
»100 Gramm Bärchenwurst«, versuche ich ihn zum Lächeln zu
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