Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)
streck die Brust raus und zeig ihm die Stirn, das Leben ist schließlich kein Ponyhof. Ich hake Felix ab. Und das ganz ohne Groll. Vielleicht habe ich zwar nichts falsch verstanden, die Zeichen richtig gedeutet, weil sie DA waren, aber Felix meinte das nicht so ernst wie ich, eher spielerisch, kumpelhaft, charmant und nett. Und ich dachte wieder an Traumhochzeit und Linda de Mol und gemeinsame Erinnerungsalben und an mein Happyend.
Vielleicht, so denke ich weiter, ist das mein größtes Problem: Ich kann den Film im Kopf nicht abschalten. Wenn ich einen Mann kennen lerne, denke ich sofort darüber nach, ob mir seine Stimme gefällt, ob ich sie öfter hören möchte, wie es wäre, wenn er mich anruft, mich zum Essen einlädt, mir die Tür zum Restaurant aufhält, die Rechnung bezahlt und mich im Auto fragt, ob ich seine Frau werden möchte. Zu diesem Zeitpunkt weiß ich oft noch nicht einmal, wie er heißt, was er beruflich macht oder – eine nicht ganz unerhebliche Frage – ob er überhaupt Single ist. Vielleicht bin ich genau deswegen so unentspannt und verbissen, weil meine Erwartungen die Realität torpedieren und am Ende nur das leise Summen im Ohr bleibt, das von dem Knall kommt, wenn die Wirklichkeit meine Traumschlösser sprengt.
Ich muss lernen, die ganze Vorstellung zu genießen, das gedimmte Licht, das Popcorn, den Eisverkäufer, die Vorfilme und den Filmriss. Ich wusste noch gar nicht, ob ich Felix will und war schon beleidigt, weil ich ihn nicht kriegen konnte.
Mein neuer Plan: Beim nächsten Mann wird alles anders. Ich zumindest.
FAZIT: Mein Körper, das unbekannte Wesen
Kurt Tucholsky, von dem ich eigentlich sehr viel halte, sagte einmal: Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger.
Der Nachteil von Klugheit besteht allerdings darin, dass man sich einreden kann, dass Äußerlichkeiten nur für die Dummen von Belang seien. Und genau da liegt die Büchse der Pandora begraben.
Kluge Menschen tun gerne und oft so, als seien sie an Äußerlichkeiten nur partiell interessiert. Als käme es NUR auf das Innere an – grundsätzlich muss man da als Erstes zwischen verschiedenen Zielsetzungen differenzieren. Möchte ich einen One-Night-Stand, ist es sekundär, wenn nicht gar tertiär wichtig, ob der Auserwählte nachts heimlich Dostojewski liest. Möchte ich was für die Ewigkeit (oder einige Haltestellen bis dorthin), macht die Dostojewski-Sache schon mehr Sinn, wenn sie auch dann nicht zwingend erforderlich ist.
Der Vorteil der Klugheit ist nicht, dass man sich dumm stellen kann – der Nachteil der Klugheit ist viel eher, dass man sich dumm verhält, wenn man sich einredet, dass die Verpackung nicht zählt. Der Nachteil der Klugheit ist weiterhin, dass Klugheit jegliche Motivation auffrisst, wenn man ans Eingemachte, also den Körper, gehen muss. Mir fallen ad hoc sieben Milliarden Gründe ein, warum es für den Mann meiner Träume nicht wichtig ist, wie ich aussehe. Und gleichzeitig will ich schön gefunden werden, und zwar nicht theoretisch, sondern ganz praktisch, und das geht vor allem dann ganz gut, wenn man es dem anderen nicht allzu schwer macht. Niemand soll das schön finden müssen, was ich am liebsten verstehen will.
Umgekehrt ist es genauso: Ich möchte selbst niemanden haben, dessen Haupthaar sich auf die Rückenpartie verlagert hat (wie sagt Cora immer so schön: Die Masse bleibt ja gleich, nur der Ort ändert sich) und der mir in der Missionarsstellung die Luft raubt. Nicht vor Ekstase, sondern aufgrund akuter Atemnot. Ich möchte aber auch nicht mit jemandem zusammen sein, der weniger wiegt als meine kleine Nichte Anna. Ich möchte von starken, nicht unbedingt muskulösen, aber gepflegten, schönen Armen gefangen werden, wenn ich ausrutsche, gehalten werden, wenn ich weine, und ich möchte umschlungen werden, wenn ich schlafe.
Trotzdem muss ich ehrlich sein: Das Fitnessstudio ist nicht mein Revier. Ich fühle mich nicht wohl neben Frauen, die trotz Kleidergröße 34 und Körbchengröße 75 C (straff!) beim Duschen gegenüber ihrer besten Freundin ihre nicht vorhandene Cellulite beklagen. Und Männer lernt man hier auch nicht unbedingt kennen. Wenn ich die Muckimänner des Studios betrachte, weiß ich schon recht schnell, dass das nicht meine Zielgruppe ist. Ich möchte ja nicht irgendwann mit dem Fitnessstudio um die Freizeiteinteilung buhlen.
Vielleicht habe ich deswegen auch gar kein schlechtes Gewissen, als ich
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