Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)
unpassendsten Momenten aufzutauchen! Okay. Weg da, ihr trüben Gedanken. Ich muss mich mit etwas anderem beschäftigen. Oder jemandem. Mit Benedikt, zum Beispiel.
Ich muss zugeben, ich wundere mich schon, warum sich Benedikt so gar nicht meldet. Wir hatten doch einen schönen Abend! Bei Konrad verstehe ich es ja noch, außerdem sollte ich ihn ja anrufen. Aber ich lasse ihn erst die Supermarkt-Anmach-Attacke von Patrick verkraften und werde mich dann, cool und souverän, wie er mich aus Schultagen kennt, bei ihm melden. Ich bastele schon jetzt an meiner spontan-lässigen E-Mail, die ich zu schreiben gedenke.
Leider habe ich Benedikt meine Visitenkarte gegeben, er mir seine allerdings nicht. Glücklicherweise haben wir uns lange über seine Karriere unterhalten (gähn) und daher kenne ich den Namen seiner Bank und seine Position: Er ist Kundenberater, also muss er doch für Kunden erreichbar sein. Ich schmeiße das Internet an. Nach kurzer Zeit finde ich ihn nebst vertrauensbildendem Profilbild auf der Homepage. Ja, auch ich würde mir einen Kredit von dir aufschwatzen lassen, auch wenn ich die Tendenz der Bankangestellten zu gegelten Seitenmatten und debilem Grinsen nicht ganz verstehe. Aha, da ist auch die E-Mail Adresse, also schreibe ich gleich eine »persönliche Nachricht« an meinen »Partner bei der x-Bank«.
LIEBER BENEDIKT – Nee, blöd. HEY DU! Noch blöder. IST MEINE VISITENKARTE VERLOREN GEGANGEN? ZU ZICKIG. WOLLTE NUR MAL FRAGEN, WIE ES DIR GEHT. Nö, will ich gar nicht. Ich will eigentlich nur wissen, warum er meine Visitenkarte nicht benutzt.
Also: HALLO BENEDIKT, OFFENSICHTLICH BIST DU UNTER EINEN WASSERFALL GERATEN UND MEINE ADRESSE WURDE UNWIEDERBRINGLICH ZERSTÖRT. DAHER HELFE ICH DIR AUS DER PATSCHE UND MELDE MICH BEI DIR. ICH FAND DEN ABEND SEHR NETT UND WÜRDE EIN ÄHNLICHES ZUSAMMENTREFFEN, IN DER GLEICHEN BESETZUNG, GERNE WIEDERHOLEN. EINEN KREDITANTRAG WÜRDE ICH BEI DIESER GELEGENHEIT EVENTUELL AUCH ABSCHLIESSEN. LIEBE GRÜSSE, JULI.
Na, das geht doch! Sagt, was sie sagen soll, lässt Raum für Fantasie und klingt freundlich-bestimmt, die Mail. Ich schicke sie ab, die Antwort kann ja nicht lange dauern, es ist halb elf, da arbeitet der Junge doch sicher an den Bausparverträgen der verantwortungsbewussten, zukunftsorientierten Menschheit.
… und Fortgeschrittene
Freitag, 23. April um 16:07 Uhr
Ich mag ja klare Ansagen, wirklich, ich bin ein Fan. Aber so klar??
HALLO! SORRY, ABER DA WIRD NICHTS DRAUS. GRUSS.
Das ist ja frech! Kann man mal Gründe anbringen? Vielleicht bilde ich mir das ein, aber die Mail klingt doch so, als sei er angefressen? Ich überlege und überlege, aber ich weiß nicht, wann und wo ich ihm auf den Schlips getreten sein sollte. Natürlich schreibe ich zurück: OKAY. WAR IRGENDWAS, DIE MAIL KLANG ZIEMLICH UNPERSÖNLICH, ICH HATTE FAST DEN EINDRUCK, DU BIST SAUER. HABE ICH AN DEM ABEND IRGENDETWAS GESAGT ODER GETAN, DAS DICH GEÄRGERT HAT? WENN JA, DANN TUT ES MIR LEID, DAS WAR NICHT MEINE ABSICHT.
Ja, ja, uncool, zu unterwürfig, viel zu interessiert, hätte ich vielleicht lassen sollen.
Drei Minuten später seine Antwort: HÖR ZU, WIR HABEN UNS EINEN ABEND GESEHEN, ES WAR NETT, ABER DAS WAR ES EBEN AUCH. ICH MEINE DAS WIRKLICH NICHT BÖSE, ABER AN MEHR HABE ICH KEIN INTERESSE. BIN AUCH IN EILE. MFG.
Hab ich was nicht mitgekriegt? Und muss ich tatsächlich irgendetwas zu »MfG« sagen?!
Ich gehe in mich und stelle fest: Ich finde zwar Benedikts Ton etwas scharf, und man hätte das Ganze auch netter formulieren können, aber die Ansage an sich ist ja okay. Ihm ging es vielleicht nur um Sex oder einen netten Abend, den man eben nicht wiederholen muss, weil man kein Potenzial sieht. Ist in Ordnung.
In Ordnung? Hat sich mein Zen-Haushalt etwa in eine andere Richtung verschoben? Ich akzeptiere die Menschen, wie sie sind in ihrer Mannigfaltigkeit und schlussfolgere, dass sie vielleicht nicht meinen Weg gehen, wünsche ihnen auf ihrem aber viel Glück? Ist das so?
Ich horche nach. Ja, Benedikt kann und darf mich ruhig nicht so super finden. Ohne Groll. Nicht schlecht, wie ich finde. Den Plan, mich bei Konrad zu melden, verschiebe ich aber trotzdem mal auf unbestimmte Zeit. Sicherheitshalber.
FAZIT: Kater sucht Stimmung
Mal kurz rekapitulieren: Laut einschlägiger Kalender wird es gerade Frühling. Zwischenzeitlich kam sogar die leise Hoffnung auf, dass trotz diverser Klimakatastrophen dieses Jahr auch noch Sommer wird. Die Sonne scheint, es ist warm, die
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