Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)
ersten Bienchen summen. Und dann begebe ich mich freiwillig in die Katakomben der Stadt, treffe auf schlecht frisierte, kalkweiße Halbwesen aus der Unterwelt und erwarte, während die Bravo Hits ’94 in der Endlosschleife läuft, mein Deckelchen zu finden?
Ganz im Ernst: Eine totale Schnapsidee. Frau Dunkel hatte recht: Kein Fisch braucht ein Fahrrad, und wenn doch, findet er es bestimmt nicht auf einer Singleparty! Ich feiere gerne, und ich feiere ausgiebig, aber dieses Motto war ein totaler Griff ins Klo. Vielleicht liegt es an der Jahreszeit, vielleicht muss man auf Singlepartys gehen, wenn man ohnehin nichts mehr zu verlieren hat. Wenn Winter ist und man selbst depressiv, wenn die Partystimmung zur Lebenseinstellung passt, Zähne zusammenbeißen und durch, der nächste Frühling kommt bestimmt.
Frühling. Gutes Stichwort. Die meisten Paarungswilligen, die ich auf Singlepartys gesehen habe, suchen wohl eher ihren zweiten Frühling. Erstaunlich, wie hoch der Altersdurchschnitt war. War ich auf den falschen Partys? Mag sein. Eine Singleparty am Strand, Cocktails schlürfen und das Barcardi-Feeling genießen ist bestimmt ergebnisorientierter. Leider gibt es hier in meiner Stadt keinen Strand. Und kein Barcardi-Feeling. Deswegen hänge ich auf Partys rum, wo schulterpolstertragende Mittfünfziger eine kesse Sohle aufs Parkett legen. Ich habe genug. Und ich muss raus an die frische Luft. Dringend.
Diesen Monat habe ich Großes vor! Ich werde die Welt der Nachtgestalten ein für allemal hinter mir lassen und mich nach draußen begeben. Ins Freie!
Eigentlich ist das ja so ganz gegen meine Natur. Ich bin ein Drinni. Wenn am Himmel nur eine Wolke aufzieht, entscheide ich, die Wohnung besser nicht zu verlassen. Winterspaziergänge bei Minusgraden? Nicht mit mir. Ich decke mich schon im September mit Nahrungs- und Nikotinvorrat für die kommenden Monate ein. Camping am See? Ich habe kein Problem damit, ein 3-Sterne-Hotel zu buchen. Ich bin nicht gerne draußen. Wenn ich gute Luft riechen will, kann ich das Fenster öffnen.
Ich verfolge aber nach wie vor den Plan, einen Mann kennenzulernen, und dafür muss ich auch mal an meinen Gewohnheiten schrauben. Also überwinde ich alle inneren Widerstände und höre mit dem Gejammer auf. Ich habe mir das Motto »Flirten mit Hund« ausgesucht, weil ich von verschiedenen Leuten gehört habe, dass ein Hund die Kontaktbörse Nummer 1 ist! Mein Plan ist folgender: Ich gehe regelmäßig mit einem geliehenen Hund meiner Wahl, denn einen eigenen besitze ich nicht und möchte ihn mir vorerst auch nicht anschaffen (reicht ja, wenn mein neuer Freund dann einen hat), spazieren, lerne einen tollen männlichen Hundebesitzer kennen, erst verlieben sich die Hunde, dann die Hundehalter, Hochzeit im kleinen Kreis nicht ausgeschlossen.
Einen Nachteil hat das Ganze natürlich. Mit Hund darfst du eigentlich kein Drinni sein, du wirst zum Draußi, ob du willst oder nicht. Der Hund kann kein Katzenklo benutzen, deswegen muss er dreimal am Tag spazieren gehen. Auch bei Regen. Gerade regnet es, wie auch schon die letzten sieben Tage. Vielleicht warte ich mit der Ausführung des glorreichen Plans noch ein paar Tage. Nicht, dass ich am Ende eine Erkältung bekomme.
Bunter Hund
Mittwoch, 12. Mai um 16:53 Uhr
Das Wetter hat sich gebessert. Höchste Zeit, aus dem Quark zu kommen. Ich leihe mir endlich einen Hund. Von Marcel, dem Cousin meiner Mutter. Seit heute gehe ich mit einem Jack Russel namens Winnetou um den Block, ein dreifarbiges Energiebündel, das morgens schon sabbernd und schwanzwedelnd auf mir herumhüpft und Spaß haben will.
Diese Hundesache ist noch viel schlimmer, als ich dachte. Winnetou ist nicht mit »ma eben umme Ecke« zufrieden, er will das volle Programm: keine Leine, Bällchen werfen, schnüffeln, rennen, toben, um die Wette laufen, schwimmen, jagen und dreckig machen. Das morgendliche Gassi dauert geschlagene zwei Stunden, nach meiner Erholungszigarette und dem ersten Kaffee des Tages steht Winnetou schon wieder strahlend mit einem Ball im Maul vor mir. Der ist nicht müde zu kriegen.
Fröhlich stimmen mich allerdings die zahlreichen Kontaktaufnahmen, die ich verbuchen kann. Drei ältere Damen mit altersschwachen Dackeln: »Das ist aber ein Wilder!« Ein älterer Herr: »Nehmen Sie das Vieh hier weg!« Eine junge Mutter: »Die Hundescheiße räumen Sie aber auf, sonst zeig ich Sie an!« Ein junger Mann: »Tussenhund!«
Das kann es noch nicht gewesen sein, denke ich und
Weitere Kostenlose Bücher