Zwölf tödliche Gaben 1: Ein Rebhuhn in einem Birnbaum
Klappe und beweg deinen Arsch da rein.«
Twitch spitzte die Lippen. »Jetzt führ dich mal nicht so auf. Dillon hat gesagt, dass sie beide stocktaub sind …« Er schlüpfte hinein wie ein Schatten.
Billy atmete tief durch, sprach ein Stoßgebet und stieg dann über den gähnenden Abgrund hinweg ins Haus. Sah nicht nach unten. Stürzte nicht in den Tod. Machte sich nicht in die Hose.
Das Haus Fletcher Road Nummer sieben sah von außen durchaus wohlhabend und gepflegt aus, doch das muffig riechende Zimmer, in das er jetzt einstieg, war vollgestopft mit alten Kartons und Teekisten, deren Konturen sich im schwachen Schein der Weihnachtsbeleuchtung draußen im Garten abzeichneten, und –
EINEM MONSTER!
Billy hielt sich am Fensterbrett fest, sein Herz schien schier aus der Brust springen zu wollen. Sie würden sterben …
Nein – doch kein Monster; nur ein ausgewachsener ausgestopfter Schwarzbär, der mit bedenklicher Schlagseite an der Wand lehnte, neben einer Standuhr und einer Ritterrüstung. War das hier eine Geisterbahn oder was?
»Guck dir mal die an!« Twitch griff in eine Kiste und hielt zwei zueinanderpassende afrikanische Masken hoch, wie aus einer dieser Dokumentarsendungen im Fernsehen. »Die müssen doch ein paar Kröten wert sein.«
Billy riss sie seinem Kumpel aus der Hand, um sie wieder in die Kiste zu stopfen, aus der sie gekommen waren. »Red doch keinen Quark – alles hier drin ist wertloser Krempel. Wenn’s anders wäre, würden sie’s nicht in diesem Dreckloch aufbewahren.«
Er öffnete die Tür einen Spalt breit und spähte in den Flur hinaus. Dunkel und leer, verblasste Rechtecke an der Tapete, wo einmal Gemälde gehangen hatten. Keine Teppiche, keine Möbel. Aus den unteren Stockwerken fiel ein Lichtschein durchs Treppenhaus, und die Spitze eines riesigen Weihnachtsbaums reichte fast über die Balustrade hinaus. Geschmückt mit schimmernden weißen Lichtern – wie die Bäume im Garten – und behängt mit weinroten und goldenen Kugeln, Bändern und Girlanden. Ein bisschen protziger als das eins zwanzig hohe künstliche Teil mit dem rosa und blauen Lametta, das in Billys Wohnzimmer stand.
Irgendwo unter ihnen dröhnte Britain’s Next Big Star aus einem Fernseher, während Billy und Twitch von Zimmer zu Zimmer schlichen.
Alles war leer und kahl und beinahe schäbig … bis auf das Zimmer direkt an der Treppe. Es war als Arbeitszimmer eingerichtet, die Wände mit Bücherregalen gesäumt, und gegenüber dem Fenster ein Schreibtisch mit einem teuer aussehenden Laptop und einem Farbdrucker. Twitch rieb sich die dürren Hände. »Zahltag!« Er griff sich den Laptop, raffte alle Kabel zusammen und wickelte sie um das Gerät, dann stopfte er es in ein Lederetui, das er neben dem Schreibtisch fand. »Der bringt garantiert ein paar hundert, drüben im Monk and Casket!« Er holte zu einem High-Five aus, doch Billy verfehlte seine Hand. Twitch schüttelte den Kopf und hängte sich die Tasche über die Schulter. »Wer zuletzt unten ist, ist eine fette Schwuchtel!«
Sie schlichen die Treppe zur mittleren Etage hinunter. Dieser Teil des Hauses sah schon etwas bewohnter aus: Teppiche, Sideboards, hier und da ein Tisch, gerahmte Fotos. Sechs Türen gingen vom Flur ab, und sie klapperten alle Zimmer systematisch ab, so geräuschlos wie möglich, auch wenn es sehr unwahrscheinlich war, dass irgendjemand bei dem lärmenden Fernseher dort unten irgendetwas hörte. Vier staubige Gästezimmer mit verblassten Tapeten, ein riesiges, kaltes Bad.
Billy öffnete behutsam die letzte Tür und spähte hinein. Offenbar das Elternschlafzimmer. Asthmatisches Schnarchen kam von einer großen Bettcouch, auf der eine weißhaarige Frau flach auf dem Rücken lag, eine Schlafmaske auf den Augen, gebettet in ein Nest aus Rüschenkissen.
Billy ließ den Blick über die Wände schweifen. Von dem Gemälde war nichts zu sehen.
Gut, dann weiter zum nächsten – »Hey!«
Twitch schob sich an ihm vorbei ins Zimmer. Billy schnappte nach seinem Ärmel, doch der kleine Mistkerl war schneller.
Billy verharrte auf der Schwelle, trat von einem Fuß auf den anderen und zischte: »Was soll das, ey? Komm sofort zurück!«
Aber Twitch hörte nicht auf ihn; er wühlte in den Schubladen der alten Dame, zog Schlüpfer und Stützstrümpfe heraus und ließ sie auf den dunklen Perserteppich fallen. »Sei still und behalt den Flur im Auge!«
»Die werden uns erwischen!«
»Du bist so ein fetter …« Twitch hielt inne und zog
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