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Zwölf um ein Bett

Zwölf um ein Bett

Titel: Zwölf um ein Bett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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aus dem Haus gelaufen. »Warten Sie!« rief sie. »Strengen Sie sich doch nicht so an. Ich werde Sie ‘rauffahren.«
    »Ich kann es allein«, sagte Oliver wütend. Er gab dem Rollstuhl einen endgültigen Stoß, als sie gerade die Hände hinten auf den Stuhl legte, und kam mit ihrer Unterstützung die Schräge hinauf.
    »Was ist los?« fragte sie, während sie hinter ihm her ging »Nichts. Wieso?«
    »Ich sollte wohl wissen, daß im Augenblick mit Ihnen etwas los ist. In Ihrem Gesicht kann man so leicht lesen wie in dem eines Kindes.« Dadurch wurde seine Laune auch nicht besser. Er erzählte ihr, was geschehen war.
    »Was haben Sie denn erwartet? Sie haben doch nicht etwa wirklich geglaubt, daß sie hierbleiben würden, oder doch?«
    »Man nimmt doch an, er liebt das Kind. Wie kann er dann so unmenschlich sein?«
    »Das ist er auch nicht. Er ist nur hörig. So wird es immer für Evie sein. Er wird ihr immer und immer wieder das Herz brechen, bis sie sich schließlich so verhärtet, daß sie gar kein Herz mehr hat, das gebrochen werden könnte.«
     
     
     
    Die Kinder wurden zum Wettstreit im Springen, dem Hauptereignis des Nachmittags, versammelt. Evelyn sollte als fünfte springen. Das erste Pony war bereits in die Bahn getrieben worden und trottete widerspenstig voran und über die Hindernisse, als Evelyn auffiel, daß ihr Vater nirgends zu sehen war. Sie stieß Dandy aus der Menge der Ponys auf dem Sattelplatz, ritt suchend das Feld auf und ab und fragte jeden, den sie kannte: »Wo ist Daddy?« Sie fragte auch Mrs. North. »Wo ist Daddy? Ich muß mit dem Springen warten, bis er da ist. Er wollte mich sehen.«
    »Er wird schon, irgendwo sein«, sagte Mrs. North feige und blickte sich suchend um, damit sie Evelyn nicht anzusehen brauchte.
    »Wo ist Daddy?« fragte Evelyn Violet, die neben einem der Hindernisse stand.
    Violet zuckte mit den Achseln.
    »Ich muß meinen Platz abgeben, Vi. Ich kann nicht springen, ehe er da ist. Macht’s was aus, wenn ich mit Michael Roberts tausche?«
    »Reg dich bloß nicht auf, Evie, und nimm Dandy aus dem Weg. Sieh einmal dort!« Evelyn zog Dandy zurück, als ein rötlichgraues Pony donnernd zum Sprung ansetzte, mit hochgezogenen Knien, die Ohren gespitzt, Nase vorgestreckt, die Hinterpartie gesammelt zu einem mächtigen Sprung, und in letzter Sekunde bremste und unbeweglich stand, den Hals noch dem Hindernis entgegengestreckt, während ein sehr schmales Mädchen in blauem Reitkostüm und Barett einen flachen Purzelbaum schlug, mitten in der Strauchhürde landete und ein Gejammere anstimmte, das ihre Mutter sofort auf die Beine brachte und plattfüßig den Hügel hinunterlaufen ließ. Violet hob sie wieder auf, setzte sie mit einem Plumps wieder auf das rötlichgraue Pony und sagte: »Du bist ja heil geblieben, Amy; mach’s noch mal und zeig ihm, daß du’s kannst«, rannte mit dem Pony eine Strecke zurück, drehte es mit einem Peitschenhieb herum und gab ihm einen so derben Stoß, daß es über das Hindernis flog, ohne daß Pony und Reiter überhaupt wußten, wie sie auf die andere Seite gekommen waren.
    »Na, was ist los, Evie?« Sie blickte sich um, aber Evelyn war fort.
    »Fred, hast du Daddy gesehen?« Fred kratzte sich am Kopf, wobei er seine Mütze auf die äußerste Ecke schob, legte eine Hand auf die Hinterpartie seines Gaules, die so groß war wie eine Tischplatte, und sah umher. »Ist er das da drüben nicht?« Er zeigte auf einen Mann, der Bob vielleicht ähnlich gesehen hätte, wenn er einen Schnurrbart und statt dessen weniger Haare, weite Kniehosen und einen runden Hut mit kleinen Schleifen im Band gehabt hätte.
    »Elisabeth, wo ist Daddy? Ich kann nicht springen, ehe er da ist! Ich hab’ ihm versprochen, er sollte mich sehen.«
    »Ich nehme an, er ist hier irgendwo. Du gehst jetzt nach vorn und springst und strengst dich an, daß du gewinnst. Sieh mal, du gehst wirklich jetzt besser zum Sattelplatz; sie werden gleich deine Nummer auf rufen.«
    Hatte niemand die Courage oder fand niemand die richtigen Worte, um es ihr zu sagen? dachte Oliver; als Evelyn jedoch zu ihm herangeritten kam und mit Augen voller Seelenangst zu ihm aufsah, konnte er auch nur sagen: »Vielleicht ist er im Hause und sieht von einem Fenster aus zu.«
    »Oh, aber er muß... ach, halten Sie mein Pony eine Minute, könnten Sie wohl, bitte? Ich muß nur eben...« Evelyn sprang ab und warf Dandys Zügel einem kleinen, nervösen Mann zu, der in der Nähe stand. Sie kletterte die

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