Zwölf um ein Bett
langsam und mit den Fußspitzen nach innen um die Ecke der Garage kommen sah.
»Hallo!« begrüßte Bob sie. »Und hast du gewonnen, junge Dame? Du brauchst gar nichts zu sagen — ich weiß, du hast gewonnen. Meine Familie gewinnt alles, wie sie will.«
»Du hast gesagt, du würdest dasein«, sagte Evelyn ungläubig. »Du hast gesagt, du wolltest mich springen sehen. Und du bist zum Tee weggefahren.«
»Sicher, mein Zuckermädchen.« Die Süße hatte ihre Baskenmütze abgenommen und drehte an ihren Haarhörnern. »Erwachsene haben wichtige Verabredungen, die sie nicht immer einem kleinen Mädchen zum Spaß absagen können, weißt du.«
Evelyn schien sie nicht zu hören. Sie starrte noch immer ihren Vater an.
»Jawohl, sicher«, sagte er und war mit der Garagentür beschäftigt. »Es war wirklich sehr schade, aber ich werde dich ein andermal sehen, hm? Was meinst du wohl, hat Mrs. Barnet mir für dich mitgegeben? Nanu, wo ist sie?« In der Zeit, in der er mit dem verrosteten Schloß fertig zu werden versuchte und sich herumdrehte, war Evelyn gegangen — um die Ecke zurück zu den Ställen.
»Da hast du’s«, sagte die Süße, hakte Bob unter und lächelte zu ihm auf, als sie ins Haus schlenderten.
»Aber sie muß doch fahren«, sagte Mrs. North wohl zum zwanzigsten Mal. »Sie ist sein Kind; ich kann mich da nicht einmischen. Er will sie mitnehmen. Er muß sie sehr gern haben, nur versteht er sich nicht gut auf Kinder.«
»Er taugt nicht dazu, ein Kind zu haben«, sagte Oliver wohl auch zum zwanzigsten Mal, seit seine Mutter im Morgenrock heruntergekommen war, um die Angelegenheit bis ins kleinste durchzusprechen. »Und es hat gar keinen Zweck, wenn du mir immer wieder erzählst, daß Kinder es bei ihren eigenen Eltern besser haben, denn ich werde dir immer wieder antworten, daß das ganz auf die Eltern ankommt.«
»Vielleicht wendet sich doch noch alles zum besten«, sagte Mrs. North und versuchte, ihrer Stimme einen hoffnungsvollen Ton zu geben. »Bob ist solch ein reizender Mensch, weißt du, wenn er auch ein wenig gedankenlos ist. Er wird niemals zulassen, daß diese Frau Evelyns Leben zerstört.«
»Und was hat er sie alles tun lassen, seit sie hier sind?«
»Das ist doch nur Vernarrtheit, Liebling«, sagte Mrs. North geduldig, als ob Oliver noch zu jung wäre, um etwas von sexuellen Dingen zu verstehen. »Sie werden sich schon beruhigen. Warte nur, in ein paar Jahren wird Evie dich hier besuchen und darüber lachen, daß sie einmal nicht mit nach New York wollte.«
»Ich kann das nicht so leicht nehmen. Ich mag gar nicht an morgen denken.«
»Nun ist sie oben, das arme kleine Lämmchen, und hat all ihre Koffer gepackt; nur einen hat sie noch offengelassen, um morgen ihre Negerpuppe hineinzulegen. Sie wäre niemals eingeschlafen, wenn ich ihr nicht das halbe Aspirin gegeben hätte. Sie hat nicht ein bißchen geweint, aber dieser verlorene, starre Blick hat mich nicht losgelassen. Und sie hat den ganzen Tag nichts gegessen. Sie ist eigentlich gar nicht in der Verfassung, zu reisen. Bob kann glücklich sein, wenn er nicht mit einem kranken Kind auf dem Arm nach Amerika kommt.«
»Sie kann nicht reisen«, wiederholte Oliver, der nichts anderes denken und sagen konnte.
»Es hat doch keinen Zweck, das immer wieder zu sagen«, meinte seine Mutter nervös, »und das weißt du auch. Wir können doch nichts daran ändern; deshalb müssen wir auch endlich damit aufhören, uns aufzuregen und uns in allerlei Vorstellungen hineinzureden. Sie wird es schon gut haben. Sie ist doch sein Kind; er kann sie mitnehmen, wenn er will, darum wollen wir nicht mehr darüber reden.« Sie leerte einen Aschenbecher in den Papierkorb und stellte einige Bücher um, die Mrs. Cowlin beim Saubermachen des Zimmers verkehrt in die Bücherregale gestellt hatte. »Natürlich ist es nicht so, daß ihr das Leben dort sehr viel Spaß machen wird«, sagte sie und eröffnete wieder die Diskussion, die sie eben geschlossen hatte. »Du hast ja selber gesehen, wie sie immer gewesen ist. So hat sie es gern. Es ist zu schade, daß sie nicht ihre ganze Jugend an einem Platz wie diesem verbringen kann; aber andererseits hat sie dort wieder Möglichkeiten, um die sich eine Menge Kinder reißen würden.«
»Sie kann nicht reisen«, sagte Oliver stumpf.
»Sie haben ganz recht; sie kann nicht reisen«, sagte Elisabeth mit einer ganz ungewohnten herrischen Stimme. Es paßte so wenig zu ihr, ihren Widerspruch in einer Unterhaltung zu
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