Zwölf um ein Bett
seufzte. »Evie hätte sie angebetet. Obgleich sie Bob auch anbetet, nicht wahr? Zur Hälfte ist sie heute so aufgeregt, weil sie sich ihm vorführen möchte. Er ist jetzt mit ihr draußen, läuft herum und bemüht sich ängstlich, möglichst englisch zu wirken, weißt du.« Sie nahm einen Akzent an, der nach ihrer Meinung ultra-englisch war. »Wo willst du hin, Liebling? Hinunter zum Ende des Rasens? Du kannst es doch auch von hier aus sehen.« Sie stellte sich hinter seinen Stuhl, aber er drehte sich um und nahm ihre Hand fort.
»Laß mich selbst«, sagte er wie ein eigensinniger alter Herr. »Warum behandeln mich alle so, als ob ich gelähmt wäre?« Als er sich den Korridor entlangrollte, hörte er seine Mutter zu Elisabeth sagen: »Ein gutes Zeichen, nicht wahr? Er wird allmählich so selbständig.«
Er thronte auf der Höhe der Echowand über dem Tal, und verschiedene Leute kamen heran und unterhielten sich von unten mit ihm. Der »Master«, der Leiter des Klubs, ein großer, gertenschlanker, sonnengebräunter Mann, Idol aller Kinder und vieler Frauen der Umgebung, kam auf einem kolossalen grauen Pferd mit hohen Beinen heran und sagte zu Oliver, er erwarte, ihn in der nächsten Saison auf der Jagd zu treffen.
»Ich weiß nicht«, sagte Oliver. »Ich sehe noch nicht, wie ich ...«, er blickte auf sein fehlendes Bein hinunter. »Natürlich werden Sie kommen«, sagte der »Master« und riß den Kopf seines Pferdes vom Rasen fort, den es abzuzupfen versuchte. »Als ich in Südwest war, habe ich einen Burschen gesehen, der seit Jahren mit einem künstlichen Bein herumlief. Und damals waren sie natürlich noch nicht so gut. Er ritt damit, wobei das Bein gerade zur Seite herausstand. Ständig verhedderte es sich in Zaunpfählen, und er wurde heruntergestoßen, so leicht wie ein Hut vom Kopf. Die komischste Sache, die ich jemals gesehen habe.«
»Das glaube ich«, sagte Oliver voller Zweifel.
»Ach, dem alten Saunders machte das nichts. Er lag dann im Dreck, schwenkte sein Bein und wartete darauf, daß jemand käme und ihn wieder hinaufsetzte.« Er stieß mit dem Absatz in die Rippen des Grauen, nahm ein Horn an den Mund und ritt in kurzem Galopp über das Feld; ihm folgte, wie dem Rattenfänger von Hameln, eine Schar begeisterter Kinder, die ihre Ponys mit Hilfe ihrer Absätze und Peitschen hinter ihm her trieben.
Mrs. Ogilvie kam heran, pflanzte sich unter ihm auf einem Jagdstuhl auf und sprach, mit den Händen auf den gespreizten Knien, zu ihm hinauf. »Was hat dein Onkel doch für eine schicke Frau«, meinte sie. »So amerikanisch, wenn du weißt, was ich damit meine. Du siehst spitz aus, alter Junge. Hast du dich übernommen?«
»Im Gegenteil«, sagte Oliver. »Ich habe mich niemals wohler gefühlt.«
»Das bist geradezu du! Nur keine Schwäche zugeben! Aber ich habe schon immer gesagt, du hältst was aus, so zäh wie selten einer. Das ist die Rasse, weißt du, wie bei Pferden. Ein Tropfen gutes Blut ist mehr wert als ein Haufen Knochen.«
Sie paßte ihre Konversation immer den entsprechenden Anlässen an. Heute bezogen sich alle ihre Vergleiche auf Pferde; ging sie einmal auf eine Blumenausstellung, so nannte sie alle ihre Bekannten »Blüte«, und Kinder waren dann bei ihr keimende Triebe. Bei einem Kinobesuch färbte sie ihre Unterhaltung mit ungebräuchlichsten Amerikanismen, und bei einer Hundeausstellung bellte sie nur.
»Schon meinen Enkel gesehen?« Sie wies mit dem Kopf auf einen verängstigten kleinen Jungen, der wie ein halbgarer Zwerg auf dem breiten Rücken eines Shetlandponys gegrätscht saß, das kaum größer war als ein Hund. »Ein richtiger Jäger. Ich habe Richardson schon hundertmal gesagt, er soll ihm nicht die Zügel überlassen, aber kannst du das begreifen, da fand ich doch meinen kleinen Kerl, wie er selbständig und vergnügt wie ein Hanswurst allein herumtrabte, während der Mann sich in eine Ecke verzogen hatte und mit seinen Kumpanen einen Klatsch abhielt. Ins Kraut schießender Sozialismus, weißt du, aber was soll man machen? Hausangestellte haben keinen Begriff von Treue heutzutage, und natürlich ist ihnen diese Regierung in den Kopf gestiegen. Was gibt es Neues von John und Heather? Sie scheinen in letzter Zeit wenig hier gewesen zu sein.«
»Das liegt daran, daß sie so glücklich in ihrer neuen Wohnung sind«, sagte Oliver. »Sie werden allmählich krankhaft häuslich. Heather strickt abends Wolldecken.«
»Wie prächtig!« rief Mrs. Ogilvie und war enttäuscht,
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