Zwölf um ein Bett
zur Schule.«
»Genau wie in Kalifornien«, sagte Evelyn. »Daddy will eine Ranch kaufen, weißt du, und da gehe ich gleich hin, wenn er mich holt. Darum kann ich nicht nach Australien kommen, Onkel John, aber ich danke dir trotzdem sehr schön. Vielleicht könntest du uns besuchen. Und Heather natürlich auch«, fügte sie höflich hinzu.
Heather ging zu Oliver hinüber, wobei sie sich stolz in dem »Hausgewand« wiegte, dessen glitzernde Farben sich in ihren Augen widerspiegelten. Er streckte seine Hand aus. »Glücklich?« fragte er.
»Eine andere Frau«, antwortete sie mit dem Lächeln, das während des ganzen Abends auf ihrem Gesicht lag. »Hör, Ollie, ich brauch’ es dir wohl gar nicht erst zu sagen — vergiß alles, was ich gesagt habe, hm? Du hattest schon recht. Ich war müde und versorgt und bildete mir allerlei ein. Alles ist wundervoll.« Sie sah flink auf Johns breite Schultern und die kurzen, gekräuselten Haare in seinem Nacken. »Du hast ihn doch gern, nicht, Ollie?« sagte sie drängend.
»Schrecklich gern. Hab’ ich immer gehabt.«
»Nein, aber ihr kanntet euch vorher doch kaum, und jetzt hat er ein wenig Scheu vor dir, weißt du, ich merke das. Er ist selber immer so gesund gewesen, so daß er vor jemandem im Bett etwas zurückschreckt.«
Oliver tätschelte ihre Hand. »Du brauchst ihn wirklich nicht anzupreisen«, sagte er, »ich habe ihn immer schon gern gehabt. Morgen stehe ich auf und spiele eine Runde Golf mit ihm.« Wie immer, wenn er mehr getrunken hatte, als Dr. Trevor ihm erlaubte, hatte er das Gefühl, große Taten vollbringen zu können. Sein Kopf war so leicht wie Distelwolle, und sein Herz schlug in seiner Brust wie ein Uhrwerk und trieb das Blut durch seine Glieder, machte sie stark und tatkräftig und weckte in ihnen das Verlangen nach Bewegung. »Du siehst reizend aus in diesem Gewand«, sagte er, legte seinen Arm um ihre Taille und fühlte, wie seine Füße auf den Boden glitten und sich im Tanz bewegten. Das Radio spielte einen Walzer, und er tanzte; der Rhythmus steckte in seinen Beinen, er empfand das Auf und Nieder in Hüften und Schultern, wie er den glänzenden Fußboden entlangglitt und Heather sich mit zurückgeworfenem Kopf in seinen Arm lehnte. Die hellen Wände und die blassen, starrenden Gesichter blitzten in weiter Feme auf wie blinkende Räder, die man von einem Aussichtsturm sieht. Sie hatten das Ende des Zimmers erreicht, und die Kapelle wurde lauter. Für einen kurzen Augenblick empfand er einen Schmerz in seinem einen Bein, diesem geheimnisvollen Bein, das besser war als je, seit er es auf dem Verbandsplatz als blutige Masse auf der Tragbahre gesehen hatte, und schwenkte Heather in fließendem Schwung herum. Die Wand von blitzenden Rädern umwirbelte sie wieder, und sie walzten den Raum hinauf, immer stärker gegen die sanfte Steigung ankämpfend. Keuchend öffnete er die Augen und sah vor sich die flache, weiße Steppdecke und Heather, die, von seinem Arm umschlungen, unbequem dastand.
Sie blickte ihn erleichtert an. »Mein Gott«, sagte sie und atmete befreit auf, »du hast mir einen Schrecken eingejagt. Ich dachte, du wärst hinüber oder so etwas. Du sahst so seltsam aus.« Er fühlte sich auch seltsam. Sein Kopf war verschwommen, sein Bein schmerzte, und das Uhrwerk in seiner Brust wurde zu Hammerschlägen. Er grinste mühsam und sagte, er fühle sich wunderbar. Als sie zu John zurückgegangen war, fing er Elisabeths Blick auf und segnete sie, daß sie ohne viel Aufhebens handelte, ihm zwei Tabletten gab und sich damit unbeliebt machte, daß sie alle aus dem Zimmer jagte; sie ließ sie ruhig glauben, viel Lärm um nichts zu machen.
Heather sagte: »Es ist lächerlich, Ollie, sie gönnt dir keinen Spaß. All dieser theoretische Blödsinn. Nur weil sie deine Pflegerin ist, glaubt sie, dich wie ein Kind behandeln zu können.«
Selbst seine Mutter sagte: »Natürlich bist du noch pflegebedürftig, Liebling, aber ich meine, Elisabeth, daß Sie ihn jetzt, wo es ihm so viel besser geht, nicht mehr so zu verzärteln brauchten. Schließlich soll er doch bald aufstehen.« Oliver zog die Bettdecke hoch, als sie an sein Bett kam, damit sie die schweren Schläge seines Herzens unter der Pyjamajacke nicht sehen konnte. Elisabeth blieb höflich, aber bestimmt. Sie gingen alle hinaus, und als Elisabeth zurückkam, nachdem sie Evelyn zu Bett gebracht hatte, sagte Oliver: »Es tut mir leid, daß ich Ihnen das eingebrockt habe. Aber ich konnte doch das Fest nicht
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