Zwölf um ein Bett
waren, wie John vor jedem weiblichen Wesen die Türen doppelt so weit wie nötig aufgerissen hatte und wie er um Heather herumgehüpft war, damit er immer an der Außenseite des Bürgersteigs ging. So hatten sie einmal einen sehr unruhigen Spaziergang auf dem Grasstreifen zwischen den Fahrdämmen einer Seitenstraße gemacht. Er pflegte seine Hand unter Heathers Ellenbogen zu legen, um ihr die Stufen heraufzuhelfen, selbst bei der geringen Schräge eines Theaterraumes tat er das, und sie schüttelte ihn jedesmal ab mit der Bemerkung, daß sie kein Krüppel sei, genau wie sie es jetzt tat, und er lächelte dann nachsichtig und machte es das nächste Mal wieder genauso.
David hatte Kakao über das Hausgewand vergossen, und Heather hatte es immer noch nicht zur Reinigung gebracht. Sie fing wieder an, Bemerkungen über die Butter, den Zucker und die Schokolade zu machen, und zwar noch viel häufiger, nachdem sie John gewogen hatte; sie runzelte die Stirn, wenn sie sah, wie er gedankenlos sein Brot mit der ganzen Butterration bepflasterte. Oliver hätte gern gewußt, ob John das allmähliche Verblassen ihrer ersten Begeisterung überhaupt bemerkte. Er war immer gleichmäßig liebenswürdig und freundlich und immer bereit, die plötzlichen Anfälle von Zärtlichkeit oder Zerknirschung zu begrüßen, in denen sie sich an ihn warf und erklärte, er sei süß und sie liebe ihn. Wenn sie ihm einen Kuß geben wollte, so hielt er ihr immer seine Wange hin und hob sein Gesicht zur Seite, um ihn entgegenzunehmen. Oliver hatte nie gesehen, daß er sie im Beisein anderer auf den Mund küßte.
Als er übers Wochenende nach London fuhr, um seine Mutter und den Geschäftsführer seiner Firma aufzusuchen, räumte Heather ihr Zimmer auf, das sie nun mit John teilte, während die Kinder zusammen im Fremdenzimmer untergebracht waren. Oliver hörte sie den ganzen Vormittag über seinem Kopf herumknarren, sie öffnete und schloß Schubladen und Schränke, rückte Möbel, und Oliver konnte sich gut vorstellen, daß John nichts wiederfinden würde, wenn er nach Hause kam. Heather wurde jedoch bald von einer inneren Unruhe befallen und sagte verschiedene Male: »Ich möchte wissen, was John macht?« oder: »Kommt einem das Haus nicht ganz leer vor?« oder zu David: »Morgen kommt Daddy wieder nach Hause.« Am Sonntag nach dem Tee rannte sie immer wieder in Olivers Zimmer und sagte: »Johnny wollte um sechs Uhr hier sein, ich habe ihn vermißt. Ist das nicht komisch — in dieser kurzen Zeit habe ich mich daran gewöhnt, ihn immer um mich herum zu haben, während ich mich damals all die Monate nicht daran gewöhnen konnte, daß er weg War. Und wenn er hier ist, kommen wir doch anscheinend gar nicht so gut miteinander aus.«
»Ich habe euch niemals zanken hören«, sagte Oliver.
»Natürlich nicht; er tut’s ja nicht. Du hörst höchstens, wie ich ihn anfahre, aber es fällt immer auf mich zurück.«
»Ich nehme an, alle Ehemänner und Ehefrauen fallen sich von Zeit zu Zeit auf die Nerven«, sagte Oliver, um ihr einen Gefallen zu tun.
»Aber ich ihm nicht. Und wenn, so zeigt er es nicht. Er zeigt noch nicht einmal, ob es ihm etwas ausmacht, daß ich ihn anfahre, ich fühle mich höchstens unglücklich dabei. Weißt du, Ollie, ich habe dann einfach schlechte Laune, und weil er gerade da ist, bekommt er es eben ab. Wenn er aber fort ist, vermisse ich ihn. Ich weiß, wenn er das Wochenende über hiergeblieben wäre, so wäre ich lieb und reizend zu ihm gewesen. Ich nehme an, so geht es immer mit der Liebe«, sagte sie mit wenig Überzeugung.
Sie stand unschlüssig und zögernd herum, wobei sie Olivers Tee-Tablett auf der Hüfte schaukelte. Anscheinend befand sie sich in einer zugänglichen Stimmung. Man mußte sehr sorgfältig den richtigen Moment abpassen, wenn man Heather Dinge fragen wollte, wie: »Was meint er denn nun dazu, daß du katholisch geworden bist? Kürzlich habe ich mich versuchsweise mit ihm über abstrakte Dinge unterhalten, aber ich muß sagen, mit mehr als den Glaubensartikeln scheint er sich noch nicht beschäftigt zu haben. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er einverstanden ist.«
»Allem Anschein nach nicht. Er schrieb es schon aus Australien. Aber das Lächerliche ist, daß er mir keine Gelegenheit gibt, ihn zu stellen und alles auseinanderzusetzen, weil er einfach nicht darüber sprechen will. Wenn ich zur Kirche gehe, guckt er wie ein kranker Hund, aber jedesmal, wenn ich ihm zu erklären versuche, was ich dabei
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