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Zwölf um ein Bett

Zwölf um ein Bett

Titel: Zwölf um ein Bett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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Eintönigkeit und dem Hunger sprach und erzählte, daß sie wohl ein dutzendmal die gleichen Teeblätter gebrüht und dann noch darum gewürfelt hatten, wer sie aufessen dürfte, so hatte man doch kaum den Eindruck, daß es ihm wirklich schlecht gegangen war. Oliver dachte bei sich, wenn er selber einige Monate in einem japanischen Gefangenenlager hätte aushalten müssen, so hätte er eine interessantere Geschichte daraus machen können.
    John erzählte weit mehr von den Wundem und Köstlichkeiten Melbournes als von den Schrecken der Malaiischen Inseln. Obwohl sich Mrs. Ogilvie so über Heathers Wünsche entsetzt hatte, war diese doch ehrlich entrüstet darüber, daß er weder Butter noch Zucker, noch Schokolade mitgebracht hatte.
    »Aber Heather-Bell, Liebling« — Oliver hatte vergessen, daß John Heather gern so nannte — , »wir durften doch gar nichts Eßbares mitbringen. Es waren besondere Befehle dagegen erlassen.«
    »Ich wette, jeder hat’s gemacht.«
    »Das glaube ich nicht. In Southampton durchsuchten sie sehr genau unsere Ausrüstung.« Trotzdem hatte er Mrs. North eine große Flasche Eau de Cologne mitgebracht, Zigarren für Oliver, unglaublich fortschrittliche Spielsachen für die Kinder, eine Buschklepper-Fliegenklappe für Violet und für Heather sechs Paar Seidenstrümpfe und pfauenblauen Brokat mit eingewebten Goldfäden, aus dem er ein Abendkleid hatte machen lassen.
    Dies Abendkleid ließ mehr als alles andere Johns Heimkehr zu einem vollen Erfolg werden. Heather war beinahe zu Tränen gerührt, nicht so sehr über das Kleid, obgleich es eine prächtige Sache war, als über John, der stets voller Schrecken vor allen Haarkünstlern, Schneiderinnen und allem, was zu den weiblichen Geheimnissen gehörte, die Flucht ergriffen hatte. Nun hatte er tatsächlich mit einem Händler im Hotel um den Brokat gefeilscht, hatte mit feierlichem Ernst einen französischen Schneider gesucht, ihm Heathers Figur beschrieben und mit ihm überlegt, wie es gearbeitet werden könnte. Bei seiner Vorliebe für rundliche Frauen hatte er Heather stärker in Erinnerung, als sie früher tatsächlich gewesen war, so daß ihr nun das Kleid genau paßte. Er hatte selbst ungeheuren Spaß daran. Seit Monaten hatte er sich ausgemalt, wie er sie darin ausführen und dem Publikum zeigen würde, immer mit der Befürchtung, daß es ihr nicht gefallen könnte. Nachdem er eine kleine Enttäuschung heruntergeschluckt hatte, als Heather erklärte, daß es ein Hausgewand und kein Abendkleid sei, lehnte er sich strahlend vor Befriedigung in seinen Sessel zurück, während Heather vor ihnen allen paradierte, sich drehte und wendete und den steifen Rock schwingen ließ; sie war ihrer Stimmung entsprechend mit goldenen Haarklips, goldenen Ohrringen, einer großen Filigranbrosche und fast all ihren Armbändern bedeckt. »Johnny, du bist süß, du bist wirklich süß«, wiederholte sie unaufhörlich.
    »Du siehst überwältigend aus. Ich bin schrecklich froh, daß es dir gefällt. Es ist eine Schande mit der Butter und all den anderen Sachen, Heather-Bell, aber du siehst es doch ein, nicht wahr?« Für einen Augenblick flog ein Schatten über ihr Gesicht; sie fand es taktlos von ihm, sie an das zu erinnern, was sie bereits vergeben und vergessen hatte, und sagte rasch: »Es ist gar nicht einmal das Kleid, wenn ich es auch herrlich finde; es ist der Gedanke, daß du es hast machen lassen und dir soviel Mühe damit gemacht hast. Du bist süß. Ist er nicht süß?« forschte sie allgemein in dem Raum, wobei ihre Augen unglückseligerweise an Fred hängenblieben, der rot anlief, sich halb erhob, sich räusperte, seinen Mund aufmachte und tief Atem holte, als ob er etwas sehr Gewichtiges sagen wollte, dann den Atem aber nur mit einem simplen »Ja« wieder freigab und völlig ausgepumpt in seinen Stuhl zurücksank. »Es war wirklich sehr lieb von dir, uns allen etwas mitzubringen«, sagte Mrs. North, die glückselig über ihrem Cocktail saß und nicht, wie sonst, eifrig wie ein Weberschiffchen zur Küche hin und zurück flog.
    »Ach nein, schon gut«, sagte John mit seiner tiefen, warmen Stimme, die mit das Beste an ihm war. Er sprach Mrs. North nie mit Namen an, weil er nicht wußte, was er an Stelle von »Ma« sagen könnte, wozu er sich gar nicht entschließen konnte. Er war ein breitschultriger, gesetzt wirkender Mann von vierzig Jahren, mit blaurasiertem Kinn. Manche Männer behalten zeit ihres Lebens etwas Jungenhaftes in Gesicht und Ausdruck,

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