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Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Titel: Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Seinsche
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Pastor bemerkten, war es zu spät, auszukneifen. Nun war es das klügste, aufzustehen, um den Herrn Pastor freundlich zu begrüßen. Der grüßte lächelnd wieder und fragte: »Na, ihr Schlingel, wohin seid ihr denn unterwegs ?«
    »Nach Heiligkreuz«, antwortete der kleine Theo prompt, »wir machen eine Wallfahrt dahin !«
    » Sooo ?« machte der Herr Pastor, »das ist aber fein von euch. Und ganz allein?« —
    »So ziemlich«, druckste Willem vorsichtig los, »die andern sind schon ein paar Stunden voraus !«
    »Sieh da, da seid ihr also aus Obermauelsbach und macht so eine kleine Extraprozession hinter den anderen her .« Die »Verstoßenen« zogen es vor, zu dieser Vermutung nichts hinzuzufügen. »Da müßt ihr euch aber beeilen, wenn ihr die Wallfahrt noch einholen wollt !« Ja, das wollten sie, antwortete Willem, und um etwas fragen zu können, sagte er: »Wie müssen wir denn jetzt weiter ? « — »Ja«, sagte der Herr Pastor, »der Weg ist noch weit. Wenn ihr jetzt ein Viertelstündchen weiter seid, seht ihr unten in der Ebene die große Stadt vor euch. Da müßt ihr heute noch hin, dann müßt ihr noch durch die Stadt, und in Dickenfeld, eine Stunde hinter der Stadt, da übernachten ja meistens die Obermauelsbacher . Das ist also noch weit. Sicher vier bis fünf Stunden.« Der Herr Pastor zog die Uhr. »Wir haben jetzt zwei, also werdet ihr gut tun, wenn ihr euch auf den Weg macht !«
    Gehorsam gaben sich die Jungen dran, ihre Brocken wieder auf den Leiterwagen zu legen, Karo wurde angespannt. Als die Dorfbengel sahen, daß ihr gestrenger Seelenhirt zu den fremdenjungen ganz freundlich war, kamen sie auch mit Kochpott und Löffel wieder herzu. Der Herr Pastor versäumte es nicht, seinen Schlingels die wallfahrenden Obermauelsbacher Jungen als leuchtendes Vorbild von Frömmigkeit und Seeleneifer hinzustellen, er lobte aber auch die seinen, weil sie den Fremden so schön geholfen hätten. Sodann zückte der Herr Pastor seine Geldbörse, schenkte den »Verstoßenen« hundert Inflationsmark, wünschte ihnen gute Fahrt und sagte zum Schluß: »In Dickendorf dürft ihr ruhig zum Herrn Pastor gehen, ihm einen schönen Gruß vom Pastor aus Hinterkessenich bestellen, dann kriegt ihr auch ein gutes Quartier.« Die »Verstoßenen« sagten »Danke schön«, und der Pastor aus Hinterkessenich gab seinen Jungen einen Wink, worauf sie alsogleich im Schlepptau des Herrn Pastors von dannen zogen, ohne den versprochenen Zucker zu fordern, was der dicke Emil mit stiller Befriedigung feststellte. Den hatte man gespart.

    Wenige Minuten später kauten die »Verstoßenen« diesen Zucker selbst und trotteten in Eilmärschen hochzufrieden von dannen. Der Herr Pastor von Hinterkessenich aber war kaum zu Hause angekommen, als er zum Telefon ging, den Herrn Pastor von Dickendorf verlangte. Er riet ihm dringend, den Obermauelsbachern bei ihrem Eintreffen in Dickendorf von der Tatsache dieser zweiten Prozession Mitteilung zu machen, damit die hoffnungsvollen Knaben dort in Empfang genommen würden. Aber auch hier sollte sich einmal wieder das Sprichwort erfüllen: »Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt !«

Zum erstenmal in der großen Stadt

    Hurra! da war also die große Stadt! Unten lag sie, ferne im Tal! Die zwölf »Verstoßenen« schauten nieder auf das ferne Wunder. Unendlich weit dehnte sich das Häusermeer. Aber trotz des hellen Sonnenscheins lag über den Dächern ein dicker Dunst. Der kam von den rauchenden Schloten, die jenseits der Stadt standen und die unaufhörlich mächtige Rauchwolken über die Stadt hinspien . Aus dem Dunst heraus aber guckten schlank und fein die vielen Kirchtürme, und über allen mächtig und gewaltig, sich fast bis in den Himmel aufbauend, standen da, dunkel und groß, die Türme des Domes. Mit schweigendem Staunen schauten die zwölf Dorf jungen auf die Stadt hinab. Da war sie, ganz so großartig, wie sie sich gedacht, wenn der Herr Lehrer davon erzählte. Ganz leise spürten die »Verstoßenen«, wie eine unbestimmbare Angst vor dem Häusermeer drunten in ihnen hochstieg. Keiner sagte dem anderen etwas davon, und doch wußte jeder, daß sie alle die gleiche Furcht hatten. Denn durch das steinerne Gewirr da unten mußten sie hindurch und am anderen Ende wieder hinaus. Aber Dickendorf lag hinter der großen Stadt, dort weit in der Ferne, wo am Horizont wieder neue Berge aufstiegen, viel höhere noch als die, über die sie bisher gewandert waren. Lange standen die Zwölf stumm da oben

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