Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt
Grießmehlsuppe zu verschaffen. Dabei redete er die Bäuerin mit »gute Frau« an, aber es gefiel der »guten Frau«, und alle seine Fragen, wie »Gute Frau, wieviel Grießmehl braucht man denn da für ein Dutzend Jungen ?« oder »Gute Frau, was kommt alles in so eine Suppe?« beantwortete die Bäuerin auf das genaueste. So kam es, daß Emil bei seiner Rückkehr nicht bloß Milch, sondern auch Salz, und vor allem Streichhölzer bei sich hatte. Das trug zur allgemeinen Wertschätzung Emils nicht wenig bei. Denn was er auf der Sportwiese bei seiner Rückkehr vorfand, war ein ziemlich ratloser Haufen. Feuerchen stochen konnten zwar alle Jungen aus Obermauelsbach recht gut, aber auch nur mit Streichhölzern. Holz sammeln wollte auch keiner, obwohl der Wald so nahe war. Das hätten alle wieder gerne Willem überlassen. Aber der war jetzt im Bilde. Jede Aufforderung, auch etwas zu tun, beantwortete er prompt mit der Gegenfrage: »Habt ihr schon mal ‘nen Hauptmann gesehen, der Holz sammelt ?« oder »Muß ein Hauptmann vielleicht Stullen schneiden und Butter schmieren? « Willem machte es sich recht bequem. Und dafür mußte jetzt der dicke Emil heran. Der schwitzte vor Begeisterung. Zwar, zu sagen hatte er nichts, dafür sorgte der Hauptmann. Der lag jetzt in der Wiese, guckte zum hellen Himmel hinauf, und als Emil kam, erscholl auch gleich seine Stimme: »Ludwig, Jupp und Franz: Holz sammeln! Fritz und Karl: Stochen ! Theo, Hermann: Wasser holen !« Willem hatte seinen Spaß, wie gehorsam sie alles taten, Hauptmann sein war doch ganz nett. Das bißchen Vorbeten konnte man da ruhig in Kauf nehmen.
Und Emil rührte, schmierte und quirlte mit einem Holzknüppel, daß es eine Freude war, an alles dachte er, auch für die beiden zerblötschten Eier hatte er Verwendung. Er zuckerte, er salzte, er rief nach Rosinen und »wässerte« sie in einer leeren Limonadenflasche, mächtig rauchte das Feuer, und ehe ein knappes Stündchen verflossen war, hatte der dicke Emil nicht nur eine Grießmehlsuppe, sondern einen richtigen Brei zusammengebraut. Er schrie mit einem wahren Triumph über die Wiese hin: »Nun könnt ihr essen kommen !«
Die zwölf »Verstoßenen« versammelten sich im Augenblick, sie schauten mit begierigen Augen auf den dampfenden Kessel, dann schauten sie sich untereinander an, und jedes Gesicht wurde lang und länger. Keiner von den Zwölfen hatte einen Löffel da. Der schöne Grießmehlbrei war fix und fertig, nur konnte er nicht gegessen werden. Das war eine Wut! Sie gingen gegen Willem, denn er hatte natürlich vergessen, etwas von einem Löffel zu sagen. Es half alles nichts, obwohl er der Hauptmann war, mußte nun er ins Dorf, um Löffel leihweise zusammenzubetteln. Ein saurer Gang. Es verging eine halbe Stunde, bis er glücklich ein halbes Dutzend armseliger Löffel zusammen hatte. Aber nun konnten die »Verstoßenen« doch wenigstens essen, wenn auch in zwei Partien, eine nach der anderen.
Als Willem mit seinem halben Dutzend Löffel und einer ebenso großen Anzahl Dorfschlingel im Gefolge auf der Wiese wieder ankam, mußte er merken, daß er als Hauptmann mächtig an Boden bei seinen Getreuen verloren hatte. Da half selbst das Wort des besten Freundes Herbert nicht mehr, der dicke Emil trat langsam an Willems Stelle, das war nicht zu leugnen. Der dicke Emil betete sogar das Tischgebet, bestimmte die zwei Eßgruppen, alles mit der Begründung: »Ich hab gekocht, jetzt sorge ich auch für das Essen .« Willem mußte natürlich mit der zweiten Partie essen. Er ärgerte sich mächtig, aber er sagte nichts. Emils Suppe war lecker, das konnte nicht geleugnet werden. Die zweite Eßpartie wurde für ihr Warten reichlich belohnt, denn die Rosinen schwammen unten in rauhen Mengen. Das war ausgleichende Gerechtigkeit. Hinterher kamen noch die Wurststullen, und damit waren die Wallfahrer gesättigt. Große Lust weiterzumarschieren hatten die »Verstoßenen« aber nicht. Sie lagen faul auf der Wiese herum und ließen sich die warme Herbstsonne auf den Pelz scheinen. Der dicke Emil biederte sich mit den Bengels im Dorf an und brachte sie so weit, daß sie für je fünf Stück prima Würfelzucker das Spülen des Kochtopfes und der Löffel besorgten. Ja, und dann kam die große Überraschung!
Vom Dorf her kam gemessenen Schrittes der Herr Pastor. Zuerst bemerkt hatten ihn die Dorfjungen, die daraufhin mit Topf und Löffeln hinter den Weidenbüschen des Baches unsichtbar wurden. Als die »Verstoßenen« den Herrn
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