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Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Titel: Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Seinsche
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gezeigt hatte. Daß er aber so groß, so gewaltig und so schön sein konnte, das hätten sie wirklich nie geglaubt. Ganz dunkel stand er da, mit Fenstern so groß, daß die ganze Dorfkirche von Obermauelsbach in so ein Fenster hätte hineingestellt werden können. Und ein Fenster baute sich hier über das andere, und dazwischen stiegen die Mauern hoch wie Felsen. Die Felsen aber waren geziert und geschmückt mit Bögen, Blumen und Tieren, und wo nur ein Plätzchen frei war, da stand ein Heiliger. Tausend Heilige standen da, und jeder hatte sein eigenes Türmchen über dem Kopf. Ja, und erst einmal die Türme! Die ragten ja wirklich geradezu bis in den Himmel hinein. Wie breit sie waren! Allein um diesen Dom, dieses steingewordene Wunder, zu sehen, wäre der Weg von Obermauelsbach bis hierher nicht zu weit gewesen. Sie konnten es nicht fassen, daß die andern Leute da einfach so vorübergehen konnten oder gar sie, die staunenden Jungen, verwundert belächelten. Was hätten sie denn hier anders tun sollen als staunen!
    Erst als die Glocken langsam verklangen, meinte Herbert: »Wenn wir bloß auch mal ‘rein könnten !«
    Die »Verstoßenen« ließen ihren Blick zu den großen Domtüren gehen. Bis zu den Türen gingen hohe Stufen hinauf, und auf den Stufen waren viele Menschen zu sehen, die alle in den Dom gingen. Aber bis zu den Türen war es weit, und alle die Autos, Wagen und Straßenbahnen, die rund um den Dom fuhren! Und die vielen Menschen! Willem hielt Ausschau, ob vielleicht so ein »General« da wäre, der ihnen helfen könnte. Aber er sah keinen. Schließlich meinte Herbert: es würde schon gehen, wenn sie alle einzeln über den Platz laufen würden. »Und Karo und der Leiterwagen ?« fragten Ludwig und Willem zu gleicher Zeit. — Ja, der müßte wohl stehenbleiben und einer gleich dabei zum Aufpassen. Das wollte nun keiner tun. Schließlich sagte der rote Philipp: »Ich guck mir den Dom noch ganz gern ein bißchen von außen an, und wenn einer bei mir bleibt, dann will ich auch auf Karo achtgeben !«
    »Gut«, sagte Ludwig, »ich bleibe mit hier, und wenn ihr dann alles gesehen habt, dann schickt ihr zwei zu uns, die uns ablösen !« Das wollten Franz und Jupp tun, und so war alles im Lot. Es dauerte eine Weile, ehe sich die zehn Buben aus Obermauelsbach durch den mächtigen Verkehr geschlängelt hatten, der rund um den Dom brandete. Sie waren halt keine Großstadtjungen, denen so etwas ein Vergnügen ist. Willem war froh, als er seine Kameraden an der Domtreppe beisammen hatte. Nun schritten sie mit feierlichem Ernst die hohen Stufen hinauf und drückten sich dann durch eines der gewaltigen Portale ins Innere. Da war es dunkel und kühl. Ernst dehnten sich die weiten Hallen. »Draußen war der Dom eigentlich schöner«, sagte der kleine Theo, kaum, daß sie drinnen waren. Willem legte den Finger auf den Mund. Die Buben ließen ihren Blick langsam den mächtigen Pfeilern nach zu den Gewölben gehen, die sich in schwindelnder Höhe zusammenbogen. Die Pfeiler des Domes stiegen auf wie die Stämme der heimatlichen Wälder. Sie schauten in die weiten Hallen hinein. Fern im Chor brannten Fünkchen gleich ein paar Kerzen am Hochaltar. Das war hier alles so groß, so weit und auch so ernst, daß es den kleinen Dorfbuben fast ängstlich wurde. So viele Menschen kamen an den Türen herein, aber der Dom blieb trotzdem eigentlich leer.
    Sie wandten ihre Augen zur Seite. Durch den Pfeilerwald drang ein geheimnisvolles Licht, ein wunderbares Leuchten in den herrlichsten Farben. Es kam von den mächtigen, hohen Fenstern im Seitenschiff, aus denen Bilder leuchteten wie Feuer. Die mußten sie sich ansehen. Auf Zehenspitzen schlichen sie in das linke Seitenschiff des Domes und gingen nun langsam unter den hohen Fenstern her aufs Chor zu. Hie und da zupfte der eine den andern einmal beim Jackenärmel und sagte leise: »Mensch, sieh da, wie fein! Da, das Christkind in der Krippe! Da, der heilige Georg! Und der Drache erst, was’n Biest!« So kamen sie langsam bis oben hinauf, und hier gingen sie wieder zur Mitte hin, um einmal schnell in das Chor zu schauen, wo der Hochaltar stand. Da aber entdeckten sie etwas ganz Schreckliches! Der dicke Emil hatte es zuerst erspäht. Auf einmal legte er die Hand vor den Mund, stieß Mäxchen an und flüsterte: »Du, Mensch, ich fall’ um !«
    »Was ist denn ?« flüsterte Mäxchen neugierig zurück, und alle merkten auf. Der dicke Emil wies nur mit der Hand nach rechts, wo durch ein

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