Zwölf Wasser Zu den Anfängen
raus mit dem Schwert. Felt trat dem Wolf gegen den Brustkorb, ein tiefes Gurgeln, und zog das Schwert heraus, ein dampfender, schwarzer Blutschwall. Er ließ Anda fallen, griff dem Wolf ins Maul, Kiefer wie Eisen, im Todeskampf in Gerders Arm verbissen. Gerder wand sich, brüllte vor Schmerz, Handgelenk zwischen scharfen Zähnen eingeklemmt, kochendes Blut auf Brust und Leib, erstickend die Last des sterbenden Biests.
»Gerder!« Felt war ganz nah, sah die Tränen in den aufgerissenen Augen des anderen, brachte die Kiefer des Wolfs nicht auseinander. »Halt still! Halt still!«
Aber das konnte er nicht. Gerder warf sich herum, er musste unter dem Tier weg oder verbrennen, und so riss er sich die Hand ab. Kalte Wut flutete Felt, er packte ins dichte, harte Wolfsfell, er hievte den Kadaver hoch, weg von seinem Kameraden, der mit der anderen Hand den blutenden Stumpf umklammert hielt und nicht aufhören konnte zu schreien. Im Augenwinkel ein Schatten, geduckt, bereit zum Angriff. Keine Zeit für Trost. Nur überleben, irgendwie. Das Schwert aufheben. Sich vor den Verletzten stellen. Die Lage? Zwei Bestien tot. Und drei neue hinzugekommen. Vier Wölfe, riesige schwarze Schatten der Verzweiflung. Vier zu eins, unmöglich, eingekreist. Einziger Gedanke: Ende der Reise.
Dann ein lautes Rauschen.
Etwas fiel vom Himmel. Ein Luftzug, ein Aufheulen. Mächtige Schwingen rührten die Luft, große Klauen gruben sich in Stirn und Genick des Wolfs, ein scharfer, gebogener Schnabel hackte nach den Augen. Der Attackierte machte sich lang, winselte, das Rudel kläffte, knurrte, wich zurück, Schwänze eingezogen. Ein Pfeil sirrte heran, traf den lang gestreckten Hals des Wolfs. Wo war der hergekommen? Ein zweiter, ein dritter Treffer, dergewaltige Vogel ließ den toten Wolf los, flog wieder auf – das alles hatte nur einen Atemzug lang gedauert.
Babu hatte im Laufen geschossen und er lief weiter, griff sich auf den Rücken, um den nächsten Pfeil zu ziehen. Juhut war noch im Aufwärtsflug, ein paar Augenblicke noch, dann würde er wieder herabstürzen. Der Mann mit dem langen Schwert war noch von drei Wölfen umringt. Babu hetzte den Hügel hinauf, er brauchte eine bessere Schussposition, das Licht nahm immer mehr ab, die Gefahr, danebenzuschießen, wurde größer. Babu sah den Höhleneingang, ein schwarzes Loch, davor eine Gestalt, die aus sich heraus zu leuchten schien. Er sah Pferde, große, richtige Pferde, die in Panik durch das flache Wasser galoppierten. Und er sah die Körper – niemand stand, niemand kämpfte mehr außer dem einen Mann. Zu seinen Füßen krümmte sich ein zweiter, leichte Beute, welche die Wölfe nicht aufgeben würden. Babu konnte beobachten, wie sie an der Qual des Verletzten wuchsen, wie sie neuen Mut fassten, wie sie sich unter dem wirbelnden Schwert duckten und nach den Beinen des Liegenden schnappten. Babu blieb stehen, schaute auf, Juhut legte die Schwingen an, Babu versuchte seinen Atem zu beruhigen, spannte den Bogen, konzentrierte sich auf das Geschehen am Boden. Dieser Mann war groß, sehr groß, Babu hatte noch nie einen solchen Kämpfer gesehen, er führte sein Schwert mal mit einer, mal mit beiden Händen, er drehte sich, er hielt drei Wölfe auf Distanz. Und er lernte schnell – als Juhut herabstürzte und Babu seinen Pfeil losschickte, nutzte er die Gelegenheit. Er vertraute auf die unbekannten Verbündeten und wirbelte herum, versetzte dem sprungbereit in seinem Rücken lauernden Wolf einen mächtigen Hieb, der dem Tier den Schädel spaltete.
Babu legte erneut an, das war der letzte Pfeil.
Er konnte ihn noch einen Moment aufsparen, denn dasSchwert des Kämpfers steckte bereits tief im zuckenden Leib des Wolfs, den Juhut im Griff hielt und der Babus Ziel gewesen war.
Jetzt waren sie drei gegen einen.
Juhut schwang sich hoch in den Himmel. Der Mann und der letzte Wolf standen sich gegenüber, jeder Muskel gespannt, alle beide nur noch aufrecht gehalten von purem Überlebenstrieb. Wer jetzt aufgab, wessen Wille brach, wer dem Feind den Rücken zuwandte und flüchten wollte, wäre als Erster tot. Babu sah, welch gewaltige Anstrengung es den Mann kostete, stehen zu bleiben und dem Wolf in die Augen zu sehen, er konnte das Schwert nicht mehr heben, alle Kraft ging ins Stehen. Babu hatte nur einen Versuch, nur einen Pfeil, um den Mann zu retten. Ein einziger Schuss musste tödlich sein. Juhuts Krallen schlugen mit Wucht ein, er riss den Kopf des Wolfes zurück, Babus
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