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Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Titel: Zwölf Wasser Zu den Anfängen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Greiff
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lederne Rüstung gegangen wie durch leichten Stoff.
    »Jator   …«
    »Babu, sieh zu, dass du hier wegkommst   …« Seine Stimme brach und Babu beugte sich zu ihm. »Sie sind mir dicht auf den Fersen. Und es sind viele, sehr viele.«
    »Jator, ich   …« Babu sah, wie sich das Gras dunkel färbte.
    Jator lächelte immer noch. Er sah Babu in die Augen.
    »Ich will kein Thon sein. Ich wollte immer nur dein Freund sein, Babu, nichts anderes. Verraten habe ich dich trotzdem. Schon vor vielen Soldern hat der Thon mich rufen lassen. Ob   … ob ich dein Freund sei. Ja, habe ich gesagt, dein einziger, dein bester Freund   – und du   … hast nie verstanden, nie wirklich verstanden   …« Er schluckte und Babu sah den Schmerz in Jators Gesicht. Der sprach flüsternd weiter: »Er hat gesagt   … Bator Thon sagte, ich soll ein Auge auf dich haben   …und dass ich das nicht bereuen würde. Und   … und das war gelogen!«
    Er krallte sich in Babus Weste, versuchte sich aufzurichten.
    »Babu! Ich bereue. Es tut mir so leid   … er hat sie alle umbringen lassen, alle   … und du warst fort. Das wollte ich nicht.«
    Jators Lider flatterten. Sein Gesicht war weiß wie Schnee.
    »Babu, ich muss dich warnen   … es sind Hunderte, alle hinter dir her   … weg. Ich hab dich gefunden, sie werden dich finden. Du musst weg. Weg von den Leuten. Versteck dich.«
    Sein Mund füllte sich mit Blut. Babu versuchte, ihn etwas aufzurichten. Jator spuckte, dann fiel sein Kopf zur Seite, er war ohnmächtig geworden. Babu blickte sich hilfesuchend um. Die anderen Kalbaken beobachteten sie vom Rücken ihrer Ponys aus. Aber sie griffen nicht ein. Auch Nuru stand wie angewurzelt und schaute zu ihnen herüber.
    »Babu   …« Jator hatte die Augen wieder geöffnet, aber sein Blick entfernte sich bereits.
    »Jator, hör mir zu: Press die Fäuste auf deinen Bauch, so fest du kannst, ich werde jetzt den Dolch   –«
    »Lass«, sagte Jator, »ich sterbe.«
    »Nein.«
    »Es ist gut«, sagte Jator, seine Stimme war rau. »Ich wollte dich schützen, wollte   … dass du nichts erfährst. Dass alles so bleibt, wie es   … war. Ging nicht. Nichtsnutz.«
    »Jator, du musst nicht sterben, aber du darfst nicht sprechen.«
    Jator schüttelte den Kopf. Er spuckte wieder Blut   – er lachte.
    »Ohne dich hat es keinen Sinn. Du
musst
mein Freund sein. Wenn nicht, musst du sterben. Oder ich. Besser ich.«
    Endlich begann Babu zu begreifen. Jator hatte sich von dem Dämon, der in Bator Thon wohnte, verführen lassen   – so wie Kank sich hatte verführen lassen. Was mochte der Thon ihmgesagt, was ihm versprochen haben? Dass er ein Geheimnis über seinen besten Freund Babu erfährt? Vielleicht. Vielleicht war das schon genug gewesen für einen Jungen von zehn oder zwölf Soldern   …
    »Jetzt kannst du mich nie vergessen«, sagte Jator. »Man vergisst den Mann nicht   … den man getötet hat, oder?«
    Babu schüttelte den Kopf.
    »Gut«, sagte Jator in geschäftsmäßigem Ton, so als hätte er gerade ein Stück Leder geprüft, das er kaufen wollte. »Das ist sehr gut.«
    Jator hatte schon immer weiter als Babu denken können. Er hatte in die Zukunft gedacht, während Babu am Gestern hing. Als der sterbende Kank nach Babu hatte schicken lassen, hatte Jator erkannt, dass das Ende ihrer Freundschaft gekommen war. Der Thon hatte ihn mit einem Geheimnis belastet, von dem er wusste, es würde zu schwer sein, als dass Jator es weiterreichen konnte. Also hatte Jator geschwiegen, all die Soldern. Hatte Babu beschützt. Und gehofft, es würde nie herauskommen. Gehofft, es würde alles bleiben, wie es war.
    Unverwandt schaute Jator Babu an, er weinte nicht und er lächelte nicht. Er schaute nur mit großem Ernst in das Gesicht des Menschen, um den sich sein ganzes Leben gedreht hatte, und sein Blick entfernte sich weiter und kam nicht mehr zurück.
     
    Babu nahm Jators Tod ohne weitere Gefühlsregung zur Kenntnis. Er wunderte sich über sich selbst, aber es war so: Die Sonne geht auf, die Sonne geht unter   – Jator hatte gelebt, Jator war tot. Nichts ließ sich daran ändern. Wer trug die Schuld? Sie alle. Am wenigsten noch Jator, er war verführt worden. Er war ein Kind gewesen. Ein Junge, der etwas wusste, was er nicht hätte wissen dürfen. Hatte er dem ThonBericht erstattet über ihre Gespräche beim Feuer, über Babus Zweifel, seine Fragen, seinen wachsenden Unmut? Oder hatte sich Jator gewehrt, so lange, bis es nicht mehr ging? Bis

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