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Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Titel: Zwölf Wasser Zu den Anfängen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Greiff
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Arme um den Hals. Ihre Lippen glänzten feucht und ihr Atem roch süß. Sie sprach leise. Auch Wigo kam näher und flüsterte, was sie sagte, in Felts Ohr.
    »Befreit mich von diesem Mann. Niemand außer den Welsen kann das tun. Bringt ihn um. Nein, Ihr sollt ihn nicht töten, das wäre zu einfach. Das macht keinen Spaß. Ihr müsst es anders anfangen. Ihr müsst stark werden, alle. Welsien soll wiederauferstehen. Welsien
muss
wiederauferstehen. Und Kandor wird untergehen. Sein Reichtum gründet auf Eurem Leid. Ihr müsst wieder groß werden, damit er klein wird. So klein, dass ich ihn zertreten kann. Ich will es selbst tun: Ich will ihn in den Staub treten, dass er nie wieder aufsteht.«
    Sie löste sich von ihm und Wigo trat einen Schritt zurück. Felt fragte sich, was Kandor ihr angetan hatte, um sich solchen Hass zu verdienen.
    »Ich möchte«, sprach Wigo über Belendras Stimme, »dass Eure Mission erfolgreich ist. Ja, ich weiß, dass ihr Welsen und die Hohen Frauen nur auf der Durchreise seid   – ich brauche nicht selbst am Hof des Fürsten zu sein, um zu erfahren, was bei den Audienzen geschieht. Ich weiß auch, was am Uferposten passiert ist   … Wie naiv ihr Welsen doch seid! Habt ihr geglaubt, Kandor würde nur auf dieser Seite des Flusses seine Fäden spinnen? Drei Offiziere, drei Undae! Soldaten! Das durfte der Kommandant nicht durchgehen lassen, dafür ist er zu gut bezahlt worden   – Kandor hat mich überboten. Nun, ihr seid dennoch hier, in Pram, und der Kommandant ist die längste Zeit Kommandant gewesen.«
    Schweigend starrte sie vor sich hin. Dann, als würde sie aus einem Traum aufwachen, hob sie den Kopf und tippteauf das Kästchen, das immer noch verschlossen auf dem Tisch lag.
    »Ich habe ein Geschenk für Euch.«
    Belendra klappte den Deckel auf.
    Eingelegt in ein Bett aus Samt, befanden sich darin ein zusammenschiebbares Fernrohr, eine lange Nadel und ein handtellergroßes, irdenes Schälchen. In die weiße Glasur war in dunklem Blau ein achtzackiger Stern gemalt, mit vier großen und vier kleineren Segmenten. An den großen Spitzen standen Symbole, wahrscheinlich segurisch.
    »Ein Fernglas werdet Ihr kennen, aber dies hier wird Euch neu sein. Es ist ein Nordweiser.«
    Belendra schaute sich im Raum um, schob ein paar Bücher zur Seite, sie fielen zu Boden. Sie schien nicht zu finden, was sie suchte. Schließlich zog sie ein paar Blumen aus einem Gefäß und ließ auch sie achtlos zu Boden fallen.
    »Nehmt die Schale, stellt sie auf die flache Hand.«
    Felt tat es.
    Belendra goss vorsichtig etwas Wasser in die Schale. Es roch faulig.
    »Und nun dies hier. Verliert sie nicht, es gibt nur die eine.«
    Sie nahm die Nadel aus dem Kästchen und legte sie aufs Wasser. Die Nadel zitterte und drehte sich, bis sie nach kurzer Zeit ruhig auf einer Position blieb.
    »Dieses Symbol ist Norden, da Süden, Osten, Ihr versteht. Dreht Eure Hand, dass die Nadelspitze über diesem Symbol liegt. Ja, genau so. Dort ist Norden. Wenn Ihr Euch jetzt noch verlauft, seid Ihr selber schuld. Ich bitte Euch, kommt zurück   – und befreit mich von Kandor. Euer ganzes Betragen heute Abend hat mir gezeigt, dass es möglich ist. Und wenn Ihr es schon nicht für mich tut, dann tut es für die Euren. Denkt an Eure Familie.«
    Belendra griff schnell nach der Nadel, bevor Felts Zucken sie aus dem Schälchen schwemmen konnte.
    »Was wollt Ihr damit sagen?«
    »Nun, was glaubt Ihr? Dass ich Fremde in mein Haus einlade? Dass Ihr in diese Stadt kommen könnt, ohne dass ich weiß, wer Ihr seid? Habt Ihr immer noch nicht verstanden, was ich mit meinem Geld tue? Ich finanziere einen Krieg   – einen Krieg gegen Kandor. Ich bezahle eine Armee von Informanten, bereits seit Soldern. Auch in die Torwache habe ich investiert, obwohl es Trottel sind   – wie blind muss man sein, um sechs Welsen und drei Undae zu übersehen? Nun, Sardes war rechtzeitig zur Stelle   … und Ihr seid bis vor den Fürsten gelangt! So lange habe ich auf eine Gelegenheit gewartet und nun ist sie da: Vor mir steht ein Welsenoffizier. Ein stolzer Mann, den man zwingen muss, die eigene Größe zu erkennen.« Sie lächelte. »Erkennt Eure Stärke, ich bitte Euch, kommt zurück und befreit mich von diesem Mann. Tut es für Eure Familie, Eure Kinder.«
    Felt legte den Nordweiser zurück in den Kasten. Er hatte nun eine Ahnung, woraus sich Belendras Hass auf Kandor speiste. Der Waffenhändler war nicht nur ein untreuer Ehemann, er musste ihr etwas genommen

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