Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Titel: Zwölf Wasser Zu den Anfängen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Greiff
Vom Netzwerk:
jeden.
    Meister Balk war hocherfreut und benahm sich auch gegenüber Juhut sehr zuvorkommend   – schnell hatte er einen halb fertigen Sattel von einem Gestell geräumt und der Falke konnte Platz nehmen. Babu war erleichtert und rieb sich den schmerzenden Arm.
    Der Meister lief aufgeregt durch die Werkstatt und scheuchte seine Gesellen, die Sachen zu holen. Auch Balks Frau erschien, freundlich lächelnd. Sie hielt sich im Hintergrund, aber ihre Anwesenheit wirkte. Der Meister wurde noch ruppiger zu den Burschen, noch beflissener gegenüber Babu, er brachte es fertig, gleichzeitig laut zu schimpfen und sich fortwährend entschuldigend zu verbeugen. Er konnte stolz sein auf seine Handwerkskunst, aber dass er daraus auch den entsprechenden Nutzen zog, darüber wachte seine Frau. Es waren die Männer, die das Handwerk ausübten, die Rinder austrieben, als Clanführer die Geschicke des ganzen Volkes lenkten. Aber es waren die Frauen, die den Besitz zusammenhielten, ihn mehrten und Einfluss nahmen auf alle Entscheidungen, die getroffen wurden. Es gab ein Sprichwort bei den Merzern: Der Mann ist das Haupt der Familie   – und die Frau ist der Hals, auf dem es sich dreht.
    Endlich war alles zusammengetragen und Balk begann seine Vorführung. Babu hatte den Verdacht, dass er geübt hatte für diesen Moment.
    »Zuerst die Hauben. Diese hier dürfte jetzt passen, jene hier bald. Selbstverständlich können wir«, er sprach zum Falken hin, »jederzeit Änderungen vornehmen. Bei dieser Haube hier habe ich mir erlaubt, etwas Schmuck anzubringen und die Augenschalen zu punzieren.«
    Er hielt ein reich mit Bändern, Hornperlen und gefärbten Gelbhuhnfedern verziertes Häubchen hoch.
    »Nun zu dir, Babu. Dies ist dein Handschuh. Allerdings ist das Wort Handschuh möglicherweise nicht ganz angemessen für das, was ich vorbereitet habe. Lass es mich dir anlegen, dann erkläre ich dir, wie du es benutzt.«
    Der Meister half Babu in eine Art kurze Jacke mit hohem, steifem Kragen, verstärkten Schultern und ungleichen Ärmeln. Beide waren im Bereich der Oberarme mit beweglichen Lederplatten ausgestattet, aber der linke Ärmel hatte zusätzlich mehrere Riemen, die, in Ösen und Schlingen geführt, unter das Schulterstück liefen. Dazu gab es verschiedene Handschuhe: der rechte war aus feinem Leder und ließ die Fingerspitzen frei, der linke war der feste Falknerhandschuh, der den kompletten Unterarm umschloss. Die Jacke war mit weichem, aufgerautem Leder unterfüttert und nur sparsam verziert: Das dunkelbraune, fast schwarz glänzende Leder war lediglich punziert   – feine Stanzungen bildeten in sich verschlungene Muster, sich wiegende Grashalme. Der Kragen war mit Wolfspelz verbrämt und die beweglichen Rückenplatten, die nur eben Babus Schulterblätter bedeckten, zierten zwei Flügel, gestickt mit schwarzem Ponyhaar. Insgesamt war die Jacke einer traditionellen Lederrüstung nicht unähnlich. Aber während man jene umständlich schnüren musste und nicht allein an- oder ablegen konnte, war Meister Balks Jacke so einfach anzuziehen wie ein Hemd.
    »Und? Was meinst du, passt sie?«
    »Wie angegossen«, antwortete Babu und bewegte die Arme. »Ich spüre sie überhaupt nicht. Aber   …« Er wusste nicht, wie er den Satz beenden sollte, ohne den Meister zu beleidigen.
    »Oh, du weißt nicht, wie du den Vogel halten sollst? Lass mich erklären: Es ist einfach lachhaft, verzeih mir, einem Mann einen Arm zu nehmen. Festzuschnallen. Der Falke mag sitzenkönnen, aber der Mann kann nichts mehr   … Einen Pfeil abschießen? Unmöglich. Streck deinen Arm vor.«
    Babu tat es.
    »Über den Kopf!«
    Auch das war kein Problem. Die Riemen glitten geräuschlos durch die Ösen und machten jede Bewegung mit.
    »Und wieder vor, schnell jetzt.«
    Babu streckte rasch den Arm vor   – und der blieb in der Luft vor seiner Brust stehen wie von Eisenklammern gehalten. Der Meister gestattete sich ein Lächeln.
    Bewegte Babu sich schnell und ruckartig, hing der Arm sicher und fest in den Riemen; eine leichte Gegenbewegung, und sie lösten sich wieder. Bewegte er sich normal, passierte nichts.
    »Meister Balk.« Babu verbeugte sich tief. »Eure Arbeit übertrifft meine höchsten Erwartungen. Erlaubt mir, Euch weitere fünfzig Kafur zu überlassen.«
    Meister Balk winkte ab, ließ sich aber nach einem Seitenblick auf seine nach wie vor lächelnde Frau schnell überreden, das Angebot doch anzunehmen. Seine Gesellen schleppten noch Taschen, Wasserbeutel und

Weitere Kostenlose Bücher