Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
davonzuschießen. Ganz vorsichtig schob sie die Hand von hinten unter den Fisch und berührte ihn leicht, was er nicht zur Kenntnis zu nehmen schien. Sobald sie bei den Kiemen angekommen war, packte sie rasch zu und schleuderte den Fisch aus dem Wasser aufs Ufer, wo sich Jondalar seiner gewöhnlich rasch bemächtigte, bevor er Zeit hatte, wieder in den Fluß zurückzuschnellen.
Ayla entdeckte auch Süßwassermuscheln, die denen ähnelten, die in der Nähe der Höhle von Bruns Clan in der See lebten. Sie suchte nach Pflanzen wie Gänsefuß, Melde und Huflattich, die einen hohen Salzgehalt hatten, um ihre ziemlich erschöpften Vorräte zu ergänzen, und außerdem nach Wurzeln, Blättern und Samen, die jetzt heranreiften. An Rebhühnern herrschte auf dem offenen Grasland und im Strauchwerk in der Nähe des Wassers kein Mangel, und die plumpen Vögel ließen sich leicht fangen und ergaben schmackhafte Mahlzeiten.
Sie rasteten während der heißesten Stunden des Tages, am frühen Nachmittag, während das Essen für ihre Hauptmahlzeit kochte. Da am Fluß nur verkrüppelte Bäume wuchsen, benutzten sie ihr Zelt als Markise, die ihnen in der sengenden Hitze der offenen Landschaft ein wenig Schatten bot. Am späten Nachmittag, wenn es kühler wurde, machten sie sich wieder auf den Weg und ritten in die sinkende Sonne hinein. Wenn der glühende Feuerball hinter dem Horizont versank, hielten sie Ausschau nach einem geeigneten Platz für die Nacht und schlugen in der Dämmerung ihr Lager auf; manchmal, wenn der Mond voll war und die Steppe mit seinem kalten Licht erhellte, ritten sie auch bis weit in die Nacht hinein.
Abends nahmen sie gewöhnlich nur eine leichte Mahlzeit zu sich, oft vom Mittagessen aufgesparte Reste und dazu vielleicht etwas frisches Gemüse, Getreide oder Fleisch, falls sie unterwegs irgendwelche Beute gemacht hatten. Etwas, was man schnell und kalt essen konnte, wurde für den Morgen bereitgestellt. Ihr Zelt bauten sie nur selten auf, aber die Schlaffelle waren willkommen. Nachts kühlte es stark ab, und der Morgen brachte oft nebligen Dunst.
Gelegentliche Sommergewitter und Wolkenbrüche sorgten für unerwartete und in der Kegel willkommene abkühlende Duschen; doch manchmal war die Hitze danach noch drük-kender, und Ayla graute vor dem Donner. Er erinnerte sie zu sehr an die Geräusche von Erdbeben. Das Wetterleuchten, das über den nächtlichen Himmel zuckte, erfüllte sie immer mit einem unguten Gefühl. Jondalar dagegen ängstigten die in der Nähe einschlagenden Blitze. Er verspürte dabei immer den Drang, sich in sein Schlaffell zu verkriechen und das Zelt über den Kopf zu ziehen, aber er widerstand ihm und hätte seine Angst auch nie zugegeben.
Steppenpferde wanderten im Sommer gewöhnlich nach Norden. Mit ihrem dichten Fell und ihrem kompakten Körper waren sie der Kälte gut angepaßt. Und obwohl es Wölfe auch auf den südlichen Ebenen gab - kein Raubtier hatte ein größeres Verbreitungsgebiet -, stammte Wolf von einer nördlichen Rasse ab. Im Laufe der Zeit hatten sich die im Süden lebenden Wölfe dem dort herrschenden Klima mit seinen extremen Schwankungen zwischen heißen, trockenen Sommern und Wintern, die fast so kalt waren wie die in größerer Nähe des Eises, aber wesentlich schneereicher sein konnten, in mehrfacher Hinsicht angepaßt. So verloren sie zum Beispiel, wenn es wärmer wurde, einen beträchtlichen Teil ihres Winterfells, und ihre hechelnden Zungen kühlten sie stärker ab.
Ayla tat für die leidenden Tiere alles, was in ihren Kräften stand, aber selbst tägliches Baden im Fluß und verschiedene Medikamente waren nicht imstande, sie völlig von den winzigen Kriebelmücken zu befreien. Trotz der Behandlung, die Ayla ihnen angedeihen ließ, bildeten sich offene, von den rasch heranreifenden Eiern infizierte Geschwüre, die schnell größer wurden. Wolf und den Pferden fielen die Haare büschelweise aus, es bildeten sich Kahlstellen, und ihr sonst so dichtes, glänzendes Fell wurde stumpf und filzig.
Ayla betupfte ein eiterndes Geschwür neben Winnies Auge mit einem lindernden Aufguß und sagte: "Ich kann dieses heiße Wetter und diese schrecklichen Mücken einfach nicht mehr ertragen! Wird es jemals wieder kühler werden?"
Es kann durchaus sein, daß du dich nach dieser Hitze zurücksehnst, bevor wir am Ende unserer Reise angekommen sind, Ayla."
Ganz allmählich kamen sie dem zerklüfteten Hochland und den hohen Gipfeln im Norden näher, und auch die Bergkette
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