Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
brachten Roshario dorthin und ließen sie sanft herunter.
"Hast du es bequem?" fragte Markeno, nachdem sie sie auf dem gepolsterten Sitz untergebracht hatten.
"Ja, ja, es ist alles in Ordnung", sagte sie. Sie war nicht gewohnt, daß man soviel Aufhebens um sie machte.
Wolf war ihnen aus der Behausung heraus gefolgt, und sobald Roshario saß, legte er sich neben sie. Roshario war überrascht, aber als sie sah, wie er sie anschaute und jeden beobachtete, der sich ihr näherte, hatte sie das seltsame, aber eindeutige Gefühl, daß er sie beschützen wollte.
"Ayla, was macht der Wolf bei Roshario? Ich glaube, du solltest ihn von ihr fortholen", sagte Dolando, der sich fragte, weshalb das Tier bei einer Frau sein wollte, die noch immer so schwach und verletzlich war. Er wußte, daß Wolfrudel häufig Jagd auf die alten, kranken und schwachen Angehörigen einer Herde machten.
"Nein, hole ihn nicht fort", sagte Roshario, streckte ihren gesunden Arm aus und strich dem Wolf über den Kopf. "Ich glaube nicht, daß er mir etwas zuleide tun will, Dolando. Ich glaube eher, er will auf mich aufpassen."
"Das glaube ich auch, Roshario", sagte Ayla. "Im Löwen-Lager gab es einen Jungen, ein schwaches, kränkliches Kind, und Wolf fühlte sich zu ihm besonders hingezogen und wollte ihn immer beschützen. Ich glaube, er spürt, daß du jetzt schwach bist, und will dich beschützen."
"War das nicht Rydag?" sagte Tholie. "Der Junge, den Nezzie adoptierte und der ..." - sie hielt plötzlich inne, erinnerte sich an Dolandos heftige und unvernünftige Gefühle -"... ein Aus-senseiter war?"
Ayla war ihr Zögern nicht entgangen, und sie wußte, daß Tholie nicht das gesagt hatte, was sie eigentlich hatte sagen wollen. Sie fragte sich, warum.
"Lebt er noch bei ihnen?" fragte Tholie.
"Nein", sagte Ayla. "Er ist im Frühsommer gestorben, während des Sommertreffens." Ihre Stimme verriet, daß die Erinnerung an Rydags Tod sie noch immer betroffen und traurig machte.
In Tholie kämpfte die Neugierde mit dem Gefühl, daß Zurückhaltung angebracht war; sie hätte gern mehr Fragen gestellt, aber es war nicht die rechte Zeit, sich nach diesem Kind zu erkundigen. "Hast denn jemand Hunger? Warum essen wir nicht?" sagte sie.
Als alle satt waren, einschließlich Roshario, die nicht viel aß, wenn auch mehr, als sie seit geraumer Zeit zu sich genommen hatte, versammelten sich die Leute um Bechern voll Tee oder leicht vergorenem Löwenzahnwein um das Feuer. Jetzt war die Zeit gekommen, Geschichten zu erzählen, über Abenteuer zu berichten und vor allem mehr über ihre Gäste und ihre ungewöhnlichen Reisegefährten zu erfahren.
Sämtliche Sharamudoi waren anwesend, ausgenommen die wenigen, die auf Reisen waren: die Shamudoi, die das ganze Jahr hindurch in ihrem geschützten Lager auf dem Land lebten, und ihre auf dem Fluß lebenden Verwandten, die Ramudoi, die die wärmere Jahreszeit auf einem schwimmenden, unten am Fluß verankerten Dock verbrachten, aber im Winter auf die hochgelegene Terrasse heraufkamen und die Behausungen mit den Paaren teilten, mit denen sie sich zeremoniell verbunden hatten. Die Partnerpaare galten als einander so nahestehend wie Gefährten, und die Kinder beider Familien wurden als Geschwister betrachtet.
Es war das merkwürdigste Arrangement, das Jondalar je begegnet war, aber es erfüllte seinen Zweck, weil auf diese Weise enge verwandtschaftliche Bindungen geschaffen wurden - ein einzigartiges Verhältnis, von dem beide Seiten profitierten. Zwischen den beiden Gruppen gab es zahlreiche praktische und rituelle Gemeinsamkeiten, aber in erster Linie war es Sache der Shamudoi, die Produkte des Landes zu beschaffen und für eine sichere Unterkunft im Winter zu sorgen; die Produkte des Busses dagegen und das Reisen zu Wasser waren Sache der Ramudoi.
Die Sharamudoi betrachteten Jondalar als Verwandten, aber er war nur durch seinen Bruder mit ihnen verwandt.
Als Thonolan sich in eine Shamudoi-Frau verliebte, hatte er ihre Lebensweise übernommen und sich dafür entschieden, einer von ihnen zu werden. Jondalar hatte ebensolange bei ihnen gelebt und sie als Familienangehörige betrachtet. Auch er hatte sich ihrer Lebensweise angepaßt, sich ihnen aber nie in ritueller Form angeschlossen. Er hatte sich nicht entschließen können, für immer bei ihnen zu bleiben. Sein Bruder war ein Sharamudoi geworden, aber Jondalar war nach wie vor ein Zelandonii. Die Abendunterhaltung begann, wie nicht anders zu erwarten, mit Fragen nach
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