Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
belehrt."
"Ich bin sicher, daß Brugar über deine Versuche unterrichtet war", sagte Ayla. "Man kann kein großes Feuer machen, ohne daß jeder es merkt. Wie konntest du deine Geheimnisse vor ihm verbergen?"
"Zunächst war es ihm gleichgültig, was ich tat, solange ich mein eigenes Brennmaterial benutzte. Doch dann sah er, was ich tat. Er wollte selbst Figuren brennen; aber er wußte nicht alles, was die Mutter mir offenbart hatte." Ihr Lächeln war nicht frei von Schadenfreude und einem Gefühl des Triumphs. "Die Mutter wies seine Bemühungen zornig zurück. Brugars Figuren zerbarsten in viele Teile, als er sie zu brennen versuchte. Die Große Mutter warf sie so heftig fort, daß einige der Leute, die in der Nähe standen, verletzt wurden. Danach fürchtete Brugar meine Macht und hörte auf, mein Geheimnis ergründen zu wollen."
Ayla konnte sich vorstellen, wie es in dem kleinen Vorraum zugegangen sein mußte, als glühendheiße Tonscherben durch die Luft flogen. "Aber das erklärt noch nicht, warum du uns soviel über deine Macht offenbarst. Es ist doch möglich, daß jemand, der die Wege der Mutter kennt, deine Geheimnisse lernen könnte."
S'Armuna nickte. Sie hatte diesen Einwand fast erwartet und sich bereits entschlossen, den beiden jungen Menschen gegenüber restlos offen zu sein. "Du hast natürlich recht. Ich habe meine Gründe. Ich brauche eure Hilfe. Die Mutter hat mir große Macht gegeben, selbst über Attaroa. Sie fürchtet meinen Zauber; aber sie ist schlau und unberechenbar. Und eines Tages wird sie ihre Furcht überwinden, dessen bin ich sicher. Dann wird sie mich töten." Die Frau sah Jondalar an. "Mein Tod ist ohne Bedeutung. Es sind die übrigen Leute, die mir Sorge bereiten, das ganze Lager. Als du davon sprachst, daß Marthona die Führung ihrem Sohn übergeben hat, wurde mir klar, wie schlimm es um uns steht. Attaroa würde niemandem freiwillig die Führung übergeben. Und wenn sie einmal stirbt, gibt es, fürchte ich, kein Lager mehr."
"Wie kannst du das wissen? Wenn sie so unberechenbar ist, könnte sie doch auch der ganzen Sache überdrüssig werden, nicht wahr?" fragte Jondalar.
"Ich weiß es, weil sie bereits jemanden getötet hat, dem sie die Führung hätte übergeben können - ihr eigenes Kind."
"Sie hat ihr Kind getötet?" rief Jondalar. "Als du sagtest, Attaroa sei die Ursache des Todes der drei jungen Männer, habe ich angenommen, es sei ein Unfall gewesen."
"Es war kein Unfall. Attaroa hat sie vergiftet, wenn sie es auch nicht zugibt."
"Ihr eigenes Kind vergiftet! Wie kann jemand seinen eigenen Sohn töten?" sagte Jondalar. "Und weshalb?"
"Weshalb? Weil er sich gegen sie verschworen hat. Mit Cavoa, der jungen Frau, die ihr getroffen habt. Sie hatte sich in einen Mann verliebt und wollte mit ihm fliehen. Ihr Bruder hat versucht, ihnen zu helfen. Alle vier wurden gefangen-genommen. Attaroa hat Cavoa nur verschont, weil sie schwanger ist. Aber sie hat gedroht, sie würde, wenn Cavoa einen Sohn gebiert, beide töten lassen."
"Kein Wunder, daß sie so unglücklich und verängstigt ist", sagte Ayla.
"Ich bin dafür mitverantwortlich", sagte S'Armuna.
"Du? Was hattest du gegen die jungen Leute?" fragte Jondalar.
"Ich hatte nichts gegen sie. Attaroas Sohn war mein Gehilfe, fast wie mein eigenes Kind. Und ich fühle mit Cavoa, leide mit ihr. Aber ich hätte ihnen ebensogut selbst das Gift geben können. Ich bin für ihren Tod verantwortlich. Wäre ich nicht gewesen, hätte Attaroa nicht gewußt, woher sie das Gift nehmen sollte."
Beide sahen, daß die Frau zutiefst verzweifelt war.
"Aber ihr eigenes Kind zu töten!" sagte Ayla. Sie war entsetzt bei dem bloßen Gedanken daran. "Wie konnte sie so etwas tun?"
"Ich weiß es nicht. Aber ich sage euch, was ich weiß. Das ist eine lange Geschichte. Wir sollten wieder in meine Hütte gehen", schlug S'Armuna vor und sah sich um. Sie wollte nicht an einem Ort über Attaroa reden, an dem sie von allen gehört werden konnte.
Ayla und Jondalar folgten ihr wieder in die Erdhütte, warfen ihre Überkleider ab und warteten am Feuer, während die ältere Frau mehr Holz und einige Kochsteine in die Flammen legte, um Tee aufzubrühen. Als sie sich mit dem wärmenden Kräutertrank hingesetzt hatten, lehnte sich S'Armuna zurück, um ihre Gedanken zu sammeln.
"Es ist schwer zu sagen, wo alles begann. Wahrscheinlich schon bei den Schwierigkeiten, die Attaroa und Brugar von Anfang an hatten. Aber damit hörte es nicht auf. Selbst als Attaroa
Weitere Kostenlose Bücher