Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
wurden alle Frauen gleich-ermaßen schlecht behandelt, von Brugar und den anderen Männern. Die Männer, die versuchten, sich ihm entgegen-zustellen, wurden manchmal auch geschlagen oder aus dem Lager getrieben. Schließlich, nach einer besonders brutalen Mißhandlung, bei der Attaroa einen gebrochenen Arm und mehrere gebrochene Rippen davontrug, lehnte sie sich auf. Sie schwor, ihn zu töten, und bat mich, ihr etwas zu geben, mit dem sie ihre Absicht ausführen konnte."
"Und hast du ihr etwas gegeben?" fragte Jondalar.
"Die, Die Der Mutter Dient lernt viele Geheimnisse, Jondalar - besonders eine, die von einer Schamanin der Zelandonii unterwiesen wurde", erklärte S'Armuna. "Aber alle, die zum Dienst der Mutter zugelassen werden, müssen bei den Heiligen Höhlen und den Alten Legenden schwören, daß sie ihre Kenntnisse nicht mißbrauchen. Eine, Die Der Mutter Dient, gibt ihren Namen auf und nimmt den Namen ihres Volkes an; sie wird das Bindeglied zwischen der Großen Erdmutter und ihren Kindern und die Mittlerin, durch die die Erdenkinder mit der Welt der Geister Verbindung halten. Der Mutter zu dienen heißt also auch ihren Kindern zu dienen."
"Ich verstehe das", sagte Jondalar. "Aber du verstehst vielleicht nicht, daß das Volk sich einprägt in den Geist Derer, Die Der Mutter Dienen. An das Wohl des Volkes zu denken, wird ihnen zu einem Bedürfnis, das nur dem nachsteht, die Gebote der Mutter zu erfüllen. Es ist eine Frage der Führung. Nicht unmittelbar, sondern in dem Sinne, einen Weg zu weisen. Eine, Die Der Mutter Dient hilft, die Bedeutung zu finden, die im Unbekannten beschlossen liegt. Ein Teil ihrer Unterweisung besteht darin, die überlieferten Traditionen zu lernen, das Wissen, das sie in die Lage versetzt, die Zeichen, Visionen und
Träume zu deuten, die die Mutter ihren Kindern schickt. Es gibt Werkzeuge, die ihr dabei helfen, und Wege, den Beistand der Geisterwelt zu ei langen, aber vor den letzten Fragen ist sie auf sich selber angewiesen. Ich rang mit der Aufgabe, die mir gestellt worden war, und suchte sie auf die bestmögliche Art zu erfüllen; aber mein Urteil war getrübt durch meinen Zorn und meine Verbitterung. Als ich hierher zurückkam, haßte ich die Männer, und als ich Brugar begegnete, lernte ich, sie noch mehr zu hassen."
"Du hast gesagt, daß du dich für den Tod der drei jungen Leute verantwortlich fühlst. Hast du Attaroa gelehrt, mit Gift umzugehen?" wollte Jondalar wissen, dem diese Frage schon lange auf der Zunge brannte.
"Ich lehrte Attaroa viele Dinge, Sohn Marthonas, aber sie wurde nicht unterwiesen als Eine, Die Der Mutter Dient. Sie besitzt eine rasche Auffassungsgabe und hat mehr gelernt, als ihr guttat... Doch das habe ich gewußt." S'Armuna verfiel in ein Schweigen, das mehr verriet, als Worte hätten sagen können, und überließ es ihnen, ihre eigenen Schlußfolgerungen zu ziehen. Sie wartete, bis sie sah, daß Jondalar die Stirn runzelte und Ayla zustimmend nickte.
"Auf jeden Fall habe ich Attaroa am Anfang geholfen, ihre Macht über die Männer zu festigen - vielleicht, weil ich selber Macht über sie gewinnen wollte. Um ehrlich zu sein, tat ich mehr als das. Ich trieb sie an und ermutigte sie. Ich redete ihr ein, daß die Große Erdmutter Frauen als Anführerinnen haben wollte, und half ihr, die Frauen - zumindest die meisten von ihnen - davon zu überzeugen. Nach allem, was sie von Brugar und den Männern erfahren hatten, war es nicht schwer. Ich gab ihr etwas, mit dem man die Männer in Schlaf versenken konnte, und riet ihr, es in ihr Lieblingsgetränk zu tun - ein Gebräu, das aus Birkensaft hergestellt wird."
"Als die Männer eingeschlafen waren, legten die Frauen ihnen Fesseln an. Sie taten es gern. Es war wie ein Scherz, eine Art, es ihnen heimzuzahlen. Aber Brugar wachte nicht mehr auf. Attaroa versuchte zunächst, es so darzustellen, daß er stärker als die anderen auf das Schlafmittel reagiert habe; aber ich bin
sicher, daß sie etwas anderes in seinen Trank gemischt hat. Sie hatte gesagt, daß sie ihn töten wollte; und nach meiner Überzeugung hat sie das auch getan. Doch wie immer es auch gewesen sein mag - ich war es, die sie glauben gemacht hatte, daß die Frauen ohne Männer besser daran wären. Ich war es, die sie davon überzeugt hatte, daß die Geister der Frauen, wenn es keine Männer mehr gäbe, sich mit den Geistern anderer Frauen vermischen würden, um neues Leben entstehen zu lassen, und daß nur noch Mädchen geboren
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