Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
stellen?" sagte sie.
"Ich werde dir antworten, wenn ich es kann", entgegnete er.
Sie sah auf die beiden Jungen, die rechts und links von ihm standen. "Die Menschen dieses Lagers verlangen, daß Epadoa für das Böse büßen muß, das sie getan hat. Diesen Kindern hat sie besonderes Leid zugefügt. Was für eine Strafe sollte sie dafür treffen, daß sie den Wünschen ihrer Führerin gefolgt ist?" Unwillkürlich starrten die meisten Menschen auf die Leiche Attaroas, die immer noch da lag, wo Wolf sie niedergerissen hatte; dann sahen sie Epadoa an. Die Frau stand aufrecht und ungebeugt, bereit, ihre Strafe anzunehmen. Sie hatte immer gewußt, daß dieser Tag kommen würde.
Jondalar sah mit einem Anflug von Ehrfurcht auf Ayla. Sie hatte genau das Richtige getan. Die Worte einer Fremden, und sei sie noch so geachtet, konnten bei diesen Menschen nie
dasselbe bewirken wie die S'Amoduns. "Epadoa soll büßen", sagte der Mann. Viele Leute nickten befriedigt, besonders Cavoa und ihre Mutter. "Und zwar in dieser Welt, nicht erst in der nächsten. Du hast zu Recht von Umkehr gesprochen. Zu lange hat in diesem Lager Gewalt und Bosheit geherrscht. Die Männer haben in den letzten Jahren sehr gelitten, doch zuerst haben sie den Frauen Leid zugefügt. Es ist Zeit, damit Schluß zu machen."
"Was für eine Vergeltung wird Epadoa nun treffen? Was für eine Strafe?" fragte die trauernde Mutter.
"Nicht Strafe, sondern Vergeltung. Sie soll das zurückgeben, was sie genommen hat, und mehr. Das fängt bei Doban an. Doban wird sich, was auch immer die Tochter des Herdfeuers des Mammut für ihn tun kann, wohl nie mehr ganz erholen. Er wird den Rest seines Lebens an den Folgen leiden. Odevan auch, doch er hat eine Mutter und Verwandte. Doban hat niemanden, der für ihn und seine Erziehung sorgt. Epadoa soll die Verantwortung für ihn tragen, als wäre sie seine Mutter. Vielleicht wird sie ihn niemals lieben, und er wird sie hassen, und doch soll sie ihre Pflicht erfüllen."
Einige nickten zustimmend. Andere waren nicht einverstanden; doch irgendwer mußte sich schließlich um Doban kümmern. Obwohl alle mit ihm in seinem Schmerz gefühlt hatten, war er nicht sehr beliebt, als er bei Attaroa lebte. Niemand wollte ihn gern zu sich nehmen, und so akzeptierten sie S'Amoduns Vorschlag.
Ayla lächelte. Wiedergutmachung schien besser als Strafe, und es brachte sie auf eine Idee.
"Ich habe noch einen Vorschlag", sagte sie. "Dieses Lager ist für den Winter schlecht gerüstet. Womöglich müßten alle Hunger leiden, wenn der Frühling kommt. Die Männer sind schwach und könnten in den vielen Jahren verlernt haben, zu jagen. Epadoa und die Wolfsfrauen, die sie ausgebildet hat, sind die besten Jäger des Lagers. Ich meine, sie sollten weiter jagen, aber das Fleisch mit allen teilen."
Die Menschen nickten. Der Gedanke an Hunger behagte ihnen nicht.
"Sobald einige der Männer wieder in der Lage sind zu jagen, sollte Epadoa verpflichtet sein, ihnen zu helfen und mit ihnen gemeinsam auf die Jagd zu gehen. Männer und Frauen müssen zusammen jagen, wenn sie im nächsten Frühjahr nicht hungern wollen. Ein Lager gedeiht nur, wenn beide ihren Beitrag leisten. Der Rest der Frauen und die älteren oder schwächeren Männer sollten Nahrung sammeln."
"Es ist Winter! Da gibt es nichts zu sammeln", sagte eine der jungen Wolfsfrauen.
"Richtig! Was man im Winter finden kann, ist nicht viel und mühsam zu ernten, doch auch das wenige kann helfen", sagte Ayla.
"Sie hat recht", sagte Jondalar. "Ich habe gesehen, wie Ayla selbst im Winter Eßbares gefunden hat. Ihr habt heute nacht davon gekostet. Sie hat die Nüsse der Zirbelkiefer am Fluß gesammelt."
"Auch die Flechten, die Rentiere mögen, kann man essen", sagte eine der älteren Frauen, "wenn man sie richtig kocht."
"Und viele eßbare Beeren und Früchte bleiben bis in den Winter hinein am Busch - ich habe sogar einen Baum gesehen, an dem noch ein paar Äpfel hingen. Auch die innere Rinde der meisten Bäume ist eßbar", riet Ayla.
"Aber um sie zu sammeln, brauchen wir Messer", sagte Esadoa. "Unsere sind nicht gut."
"Ich mache euch welche", meldete sich Jondalar.
"Wirst du mir beibringen, wie man Messer macht, Zelan-donii?" fragte Doban plötzlich.
"Ich möchte auch etwas darüber wissen", sagte Ebulan. "Wir werden auch Waffen für die Jagd brauchen."
"Ich bringe jedem, der lernen will, zumindest die Anfangsgründe bei. Es dauert mehrere Jahre, um wirklich gut zu werden. Vielleicht findet
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