Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
ihr im nächsten Sommer, wenn ihr zu einem Treffen der S'Armunai geht, jemanden, der euch weiter belehrt", sagte Jondalar.
Das Lächeln des Jungen erstarb; nun wußte er, daß der hochgewachsene Mann nicht bleiben würde.
"Aber ich helfe euch, so gut ich kann. Auf dieser Reise mußten wir viele Jagdwaffen anfertigen."
"Was ist mit dem Stock, der Speere wirft, mit dem sie dich befreit hat?" fragte Epadoa, und jeder starrte sie an. Die Worte der obersten Wolfsfrau erinnerten sie an den zielsicheren Wurf, mit dem Ayla Jondalar von dem Pfahl befreit hatte. Die meisten Leute glaubten nicht, daß man solch ein Wunder erlernen könnte.
"Die Speerschleuder? Ja, ich zeige jedem, der es wissen will, wie man sie benutzt."
"Auch den Frauen?" fragte Epadoa.
"Auch den Frauen", sagte Jondalar. "Wenn ihr über gute Jagdwaffen verfügt, braucht ihr keine Pferde mehr über das Kliff zu jagen. Ihr habt hier unten am Fluß einen der besten Jagdgründe, die ich je gesehen habe."
"Ja, wirklich", sagte Ebulan. "Ich weiß noch, wie sie Mammuts jagten. Als ich ein Junge war."
"Dachte ich es mir doch", erwiderte Jondalar.
Ayla lächelte. "Ich glaube, es ist geschafft. Ich höre Attaroas Geist nicht mehr", sagte sie und streichelte Wolf über das Fell. Dann wandte sie sich an die oberste Wolfsfrau. "Epadoa, auch ich habe einmal Wölfe gejagt. Wolfsfelle sind warm, und ein gefährlicher Wolf sollte getötet werden. Doch ihr könntet mehr lernen, wenn ihr lebende Wölfe beobachtet, als wenn ihr sie in Fallen lockt und danach verzehrt."
Die Wolfsfrauen sahen sich schuldbewußt an. Woher wußte sie das? Bei den S'Armunai war das Fleisch des Wolfes verboten, man glaubte, es sei besonders schädlich für Frauen.
Die oberste Jägerin sah die blonde Frau aufmerksam an. Nun, da Attaroa tot und sie mit dem Leben davongekommen war, fühlte sich Epadoa erleichtert. Sie war froh, daß alles vorbei war. Die Anführerin hatte einen solchen Einfluß auf sie gehabt, daß sie Dinge tat, an die sie sich am liebsten nicht mehr erinnert hätte. Sie hatte Doban nicht verletzen wollen, fürchtete aber, daß Attaroa ihn, wenn sie ihren Befehl nicht befolgte, wie ihr eigenes Kind umbringen würde. Warum hatte diese Tochter vom Herdfeuer des Mammut S'Amodun gewählt, um über Epadoa das Urteil zu sprechen? Eine Wahl, die ihr das Leben
rettete. Leicht würde es nicht sein, in diesem Lager weiterzu-leben. Viele haßten sie, doch sie war dankbar für die Chance der Wiedergutmachung. Sie würde sich um den Jungen küm-mern, selbst wenn er sie haßte. Das war sie ihm schuldig.
Ayla ging zu der toten Anführerin zurück und erblickte S'Armuna. Sie, Die Der Mutter Diente, hatte alles beobachtet und wenig gesagt, und Ayla dachte nun an ihre Qual und Reue. Leise, damit niemand sie belauschte, sprach sie mit ihr.
"S'Armuna, selbst wenn der Geist Attaroas nun endlich aus diesem Lager weicht, wird es nicht leicht sein, die alten Wege zu verlassen. Die Männer sind nicht mehr im Pferch - ich bin froh, daß sie sich selbst befreit haben, sie werden mit Stolz daran denken. Aber sie werden Attaroa und die Jahre der Ge-fangenschaft lange nicht vergessen können. Du kannst ihnen helfen, aber es wird eine schwere Bürde sein."
Die Frau nickte ergeben. Sie fühlte die Möglichkeiten, den Mißbrauch der Macht der Mutter gutzumachen; das war mehr, als sie erhofft hatte. Sie wandte sich der Menge zu.
"Laßt uns das Fest beenden. Es ist Zeit, den Graben zwischen Männern und Frauen in diesem Lager zu überwinden. Zeit, das Essen, das Feuer und die Geborgenheit der Gemeinschaft mit-einander zu teilen. Zeit für uns, ein Ganzes zu werden, in dem keiner mehr als der andere gilt. Dann wird dieses Lager blühen und gedeihen."
Die Frauen und Männer waren einverstanden. Viele hatten ihre Gefährten wiedergefunden, von denen sie lange getrennt waren; die anderen kamen herbei, um Essen, Wärme und menschliche Gemeinschaft zu genießen.
"Epadoa", sagte S'Armuna. "Ich glaube, wir sollten jetzt Attaroas Leiche wegschaffen und sie für das Begräbnis vorbereiten."
"Sollen wir sie in ihre Hütte legen?" fragte die Jägerin.
S'Armuna überlegte. "Nein", sagte sie. "Bring sie zur Ein-friedung und lege sie unter das Halbzelt. Heute nacht sollten die Männer die warme Erdhütte Attaroas haben. Viele sind schwach und krank. Vielleicht brauchen wir sie für längere Zeit. Hast du noch einen anderen Platz, wo du schlafen kannst?"
"Ja. Wenn Attaroa mich wegließ, fand ich einen Platz in
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