Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers
zu sehen war, was sie enthielten: Gemüse, Früchte, Getreide, getrocknetes Fleisch.
Die vier Außenwände des nahezu rechteckigen Wohnraums waren nicht vollkommen gerade und die vier Innenbereiche auch nicht ganz symmetrisch. Die Wände verliefen ein wenig gekrümmt, weil sie den räumlichen Gegebenheiten der Felsni sche und den nächstliegenden anderen Wohnplätzen angepasst waren.
»Du hast vieles umgestellt, Mutter«, sagte Jondalar. »Es kommt mir jetzt geräumiger vor.«
»Es ist tatsächlich mehr Platz, Jondalar. Wir sind jetzt nur zu dritt. Folara schläft da drinnen«, sagte Marthona und zeigte auf den zweiten Schlafraum. »In dem anderen Raum schlafen Wil lamar und ich. Du und Ayla, ihr könnt den Hauptraum nutzen. Wir können den Tisch näher an die Wand rücken, damit Platz für eine Schlafplattform ist, wenn ihr wollt.«
Ayla kam die Behausung sehr geräumig vor. Sie war viel größer als die Wohnbereiche der einzelnen Herdfeuer - der Familien - in dem halb unter der Erde liegenden Langhaus des Löwenlagers, wenn auch nicht so groß wie die Höhle im Tal, in der sie allein gelebt hatte. Andererseits hatten die Mamutoi keinen in der Natur vorgefundenen Raum genutzt, sondern ihn sich erst selbst geschaffen.
Sie wandte die Aufmerksamkeit dem in unmittelbarer Nähe stehenden Wandschirm zu, der den Kochbereich vom Haupt raum abgrenzte. Die Wand war in der Mitte gekrümmt, und sie erkannte nun, dass sie aus zwei durchscheinenden Membranen bestand, die auf ungewöhnliche Weise aneinander gefügt wa ren. Die Holzpfähle, die Rahmen und Basis beider Membranen darstellten, steckten in Ringen aus ausgehöhlten und zersägten Wisenthörnern. Die Ringe bildeten oben und unten eine Art Scharnier, so dass sich der Doppelschirm auseinander klappen ließ. Sie fragte sich, ob die anderen Wandschirme ebenso ge baut waren.
Sie ließ den Blick in den Kochbereich schweifen und besah sich neugierig, wie er ausgestattet war. Marthona kniete auf einer Matte neben der Feuerstelle, die mit etwa gleich großen Steinen eingefasst war. Die Steinplatten um sie herum waren sauber gefegt. Hinter der Frau sah sie in einem dunkleren, nur von einer einzelnen Steinlampe erleuchteten Winkel weitere Regale mit Bechern, Schalen, Tellern und Gerätschaften, au ßerdem getrocknete Kräuter und Gemüsebündel und auch das Gestell, von dessen Querstäben sie an Schnüren herabhingen. Auf einer Arbeitsfläche neben der Feuerstelle standen Schalen, Körbe und eine große, aus Knochen gefertigte Platte mit fri schem rotem Fleisch, das in Stücke geschnitten war.
Ayla überlegte, ob sie Marthona ihre Hilfe anbieten sollte. Sie wusste allerdings nicht, wo die Dinge verwahrt wurden oder was Marthona zubereitete, und wenn sie ihr im Weg ste hen würde, wäre sie ihr keine Hilfe. Ich warte besser, dachte sie. Sie sah zu, wie Marthona das Fleisch auf vier spitze Stäbe aufspießte und diese zwischen zwei senkrecht stehenden Stei nen, die Kerben für mehrere Spieße aufwiesen, über die Glut legte. Dann schöpfte Marthona mit einer Kelle, die aus dem Horn eines Steinbocks geschnitzt war, aus einem eng gewebten Korb Wasser in zwei hölzerne Schalen. Mit einer elastischen Zange - sie bestand aus einem länglichen Holzstück, das so weit gebogen war, dass sich seine Enden fast berührten - fisch te sie einige glatte Steine aus dem Kochkorb und fügte in jede Schale noch einen heißen Stein aus dem Feuer hinzu, um die Schalen dann zu Ayla und Jondalar zu bringen.
Ayla merkte nun, wie hungrig sie war. In der kräftigen Brühe sah sie kleine kugelige Zwiebeln und anderes Wurzelgemüse. Sie wartete ab, was Jondalar tun würde. Er nahm sein Essmes ser heraus, eine kleine, spitze Feuersteinklinge mit Geweih griff, und spießte ein kleines Gemüsestück auf, steckte es in den Mund und kaute kurz darauf, um sodann einen Schluck Brühe aus der Schale zu nehmen. Ayla nahm ihr eigenes Ess messer heraus und tat es ihm nach.
Die köstliche Suppe schmeckte nach Fleisch, obwohl keines darin war, sondern nur Gemüse, eine für Ayla ungewohnte Mi schung von Kräutern und etwas anderes, das sie nicht benennen konnte. Sie war überrascht, weil sie sonst fast immer zu bestimmen vermochte, woraus eine Speise gemacht war. Bald brachte Marthona das an den Spießen über dem Feuer gebräun te Fleisch. Es schmeckte ebenso ungewöhnlich und ebenso vorzüglich. Ayla hätte gern nach den Zutaten gefragt, hielt sich aber zurück.
»Isst du denn nichts, Mutter? Es schmeckt gut«, sagte
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