Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers
ich werde dir Dinge zeigen, bei denen du deinen Augen nicht trauen wirst.«
»Gut, Jondalar. Du hast mich überzeugt. Ich werde nicht mehr an dem zweifeln, was du sagst ... selbst wenn ich es wirk lich unglaublich finde.« Marthona lächelte so verschmitzt und charmant, wie Ayla das bei ihr bislang nicht gesehen hatte. Einen Augenblick lang sah die Frau um Jahre jünger aus, und Ayla begriff, woher Jondalar sein Lächeln hatte.
Marthona nippte hin und wieder an ihrem Weinbecher, wäh rend sie weiteraßen. Als sie geendet hatten, trug sie die Schalen und Spieße fort, gab ihnen ein Stück weiches, feuchtes, saugfä higes Fell, mit dem sie ihre Essmesser abwischten, ehe sie sie wegsteckten, und schenkte ihnen Wein nach.
»Du warst lange Zeit weg, Jondalar«, sagte sie zu ihrem Sohn. Ayla hatte das Gefühl, dass sie ihre Worte sorgfältig wählte. »Ich weiß, dass du von deiner Großen Reise viele Ge schichten mitgebracht hast. Du ebenso, Ayla. Ihr werdet wohl viel Zeit brauchen, um alles zu erzählen. Ich hoffe, ihr habt vor zu bleiben ... eine Weile lang.« Sie warf Jondalar einen vielsa genden Blick zu. »Ihr könnt hier so lange bleiben, wie ihr wollt, auch wenn es euch vielleicht eng wird ... mit der Zeit. Vielleicht wollt ihr einen eigenen Wohnplatz ... in der Nähe... irgendwann...«
Jondalar lächelte. »Ja, Mutter, das wollen wir. Sei unbesorgt, ich gehe nicht wieder fort. Dies ist meine Heimat. Ich will hier bleiben - wir beide wollen bleiben, wenn niemand Einwände dagegen erhebt. Ist es das, was du hören möchtest? Ayla und ich haben uns noch nicht zusammengetan, aber wir haben es vor. Ich habe es Zelandoni bereits gesagt - sie war hier, kurz bevor du den Wein brachtest. Ich wollte warten, bis wir hierher kamen, damit wir uns hier verbinden können und sie bei der Hochzeitszeremonie diesen Sommer den Knoten für uns knüpft.« Und mit Nachdruck fügte er hinzu: »Ich bin das Rei sen müde.«
Ein glückliches Lächeln ging über Marthonas Gesicht. »Es wäre schön, zu erleben, dass eurem Herdfeuer ein Kind gebo ren wird, vielleicht sogar eines, das von deinem Geist ist, Jon dalar.«
Er schaute Ayla an und lächelte. »So denke ich auch«, sagte er.
Marthona hoffte, dass er damit das andeuten wollte, was sie vermutete, fragte aber lieber nicht nach. Er sollte es ihr von sich aus sagen. Sie hätte sich nur gewünscht, dass er nicht so ausweichend wäre, wenn es um eine derart wichtige Sache ging wie die, dass dem Herdfeuer ihres Sohnes vielleicht bald ein Kind geboren würde.
»Es wird dich freuen zu erfahren«, fuhr Jondalar fort, »dass es von Thonolan zumindest bei einer Höhle, vielleicht auch bei mehreren, ein Kind gibt, das aus seinem Geist, wenn auch nicht an seinem Herdfeuer geboren wurde. Eine Losadunai-Frau na mens Filonia, die Gefallen an ihm fand, entdeckte bald, nach dem wir dort angekommen waren, dass sie gesegnet war. Sie hat nun einen Gefährten und zwei Kinder. Als sich die Nach richt verbreitete, dass Filonia schwanger war, so erzählte mir Laduni, fand jeder heiratsfähige Losadunai-Mann einen Grund, sie zu besuchen. Sie traf ihre Wahl, nannte ihre Erstgeborene aber Thonolia. Ich habe das kleine Mädchen gesehen. Sie hat viel Ähnlichkeit mit Folara, als sie klein war. Leider leben sie ja weit weg, jenseits des Gletschers. Es ist eine weite Reise, auch wenn es mir auf dem Rückweg so vorkam, als sei es von dort ein gar nicht mehr so großer Weg nach Hause.« Nach denklich hielt er inne. »Das Reisen hat mir eigentlich nie sehr zugesagt. Ich wäre nie so weit fortgegangen, wenn nicht Tho nolan gewesen wäre ...« Plötzlich merkte er, wie angespannt seine Mutter wirkte, und das Lächeln schwand aus seinem Ge sicht.
»Thonolan wurde an Willamars Herdfeuer geboren«, sagte Marthona, »und auch von seinem Geist, da bin ich mir sicher.
Er war immer rastlos, schon als Kind. Reist er denn noch immer umher?«
Ayla fiel abermals auf, dass Marthona nur indirekte oder manchmal auch gar keine Fragen stellte, aber dennoch deutlich zum Ausdruck brachte, worauf sie hinauswollte. Sie dachte daran, wie die Direktheit und unverhohlene Neugier der Ma mutoi Jondalar immer ein wenig verwirrt hatten, und plötzlich wurde ihr etwas klar. Die Leute, die sich selbst die Mammutjä ger genannt und sie adoptiert hatten und in deren Lebensweise sie unter großen Mühen allmählich hineingewachsen war, wa ren nicht von derselben Art wie Jondalars Leute. Der Clan hat te alle Menschen, die wie Ayla aussahen, »die
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