Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers
verband, doch sie wusste, dass innere Schönheit wichtiger war.
Jondalar schien den angespannten Moment zwischen den beiden Frauen nicht bemerkt zu haben, so zufrieden war er mit sich: Er konnte sich noch an die genauen Worte erinnern, die er seiner Mutter von einer Frau weitergeben sollte, die sie ihm gegenüber nie erwähnt hatte. »Die Botschaft, die ich für dich habe, kommt nicht von den Lanzadonii. Wir machten auf unse rer Reise bei Leuten Halt, bei denen wir dann länger blieben als gedacht. Ursprünglich hatte ich nicht eingeplant, überhaupt Zeit bei ihnen zu verbringen ... aber das ist eine andere Ge schichte. Als wir weiterzogen, sagte Die, Die Dient: »Sag Marthona, wenn du sie siehst, dass Bodoa ihr einen herzlichen Gruß sendet.«
Jondalar hatte gehofft, seine beherrschte und würdevolle Mutter zu verblüffen, wenn er einen Namen aus ihrer Vergan genheit nannte, den sie wahrscheinlich beinahe schon verges sen hatte. Er meinte das als Teil ihres freundlichen Geplänkels mit Worten und Anspielungen, doch auf die Wirkung, die er damit nun erzielte, war er nicht gefasst.
Marthonas Augen weiteten sich, und sie erbleichte. »Bodoa! Oh, Große Mutter! Bodoa?« Sie legte die Hand auf die Brust und schien nur mit Mühe Luft zu bekommen.
Jondalar sprang auf und beugte sich über sie. »Mutter! Ist al les in Ordnung? Es tut mir Leid, ich wollte dich nicht so er schrecken. Soll ich Zelandoni holen?«
»Nein, nein, es geht mir gut«, sagte Marthona und atmete tief ein. »Es ist nur die Überraschung. Ich dachte nicht, dass ich diesen Namen je wieder hören würde. Ich wusste nicht einmal, ob sie noch lebt. Hast du ... hast du sie näher kennen gelernt?«
»Sie hat mir erzählt, dass ihr fast beide Gefährtinnen von Jo conan geworden wart und ihn miteinander geteilt hättet.
Aber ich dachte, sie würde da wohl übertreiben und sich nicht so genau erinnern«, sagte Jondalar. »Wie kommst es, dass du sie nie erwähnt hast?« Ayla warf ihm einen fragenden Blick zu. Ihr war verborgen geblieben, dass er den Worten der S'Armuna gegenüber so skeptisch gewesen war.
»Es hätte zu weh getan, Jondalar. Bodoa war für mich wie ei ne Schwester. Ich hätte gern den Mann mit ihr geteilt, aber un ser Zelandoni sprach sich dagegen aus. Er sagte, er habe ihrem Onkel versprochen, dass sie nach ihrer Ausbildung zurückkeh ren werde. Sagtest du, sie ist Die, Die Dient? Vielleicht hat sich dann für sie ja alles zum Guten gewendet, doch als sie gehen musste, war sie schrecklich wütend. Ich flehte sie an, anderes Wetter abzuwarten, ehe sie den Gletscher überquerte, doch sie wollte nicht hören. Ich bin froh zu erfahren, dass sie die Reise überlebt hat und mir Grüße sendet. Denkst du, sie hat es wirk lich aufrichtig gemeint?«
»Ja, da bin ich sicher, Mutter«, sagte Jondalar. »Eigentlich wäre es damals gar nicht notwendig gewesen, dass sie nach Hause zurückkehrt. Ihr Onkel hatte diese Welt bereits verlas sen, ebenso wie ihre Mutter. Sie wurde zur S'Armuna, aber ihre Wut verleitete sie dazu, schlechten Gebrauch von ihrer Beru fung zu machen. Sie half einer bösen Frau, Anführerin zu wer den - wobei sie nicht wissen konnte, als wie bösartig Attaroa sich erweisen würde. Jetzt macht S'Armuna das aber alles wie der gut. Ich glaube, sie hat Gewissheit erlangt, dass sie wirklich berufen ist, denn sie konnte ihrer Höhle helfen, die schlechten Jahre zu überstehen. Möglicherweise muss sie auch die Rolle der Anführerin einnehmen, bis jemand anders reif dafür ist, so wie du das einst getan hast, Mutter. Bodoa ist eine bemerkens werte Frau. Sie hat sogar herausgefunden, wie man Lehm in Stein verwandeln kann.«
»Lehm in Stein? Jondalar, du hörst dich tatsächlich an wie ein fahrender Geschichtenerzähler«, sagte Marthona. »Wie soll ich wissen, was ich dir glauben soll, wenn du mir solche haar sträubenden Dinge erzählst?«
»Glaub mir, ich sage die Wahrheit.« Jondalar sprach nun mit ernster Miene und ohne sich auf weitere Wortspiele einzulas sen. »Ich bin kein fahrender Erzähler geworden, der von Höhle zu Höhle zieht und Legenden und Geschichten immer weiter ausschmückt, damit sie aufregender werden. Ich habe aber eine Große Reise hinter mir, auf der ich viele Dinge erlebt habe. Wenn du es nicht mit eigenen Augen gesehen hättest, hättest du dann geglaubt, dass Menschen auf dem Rücken von Pferden reiten oder sich mit einem Wolf anfreunden können? Ich habe dir noch mehr Dinge zu erzählen, die schwer zu glauben sind, und
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