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Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers

Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers

Titel: Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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jetzt hörte.
Die volltönende Stimme der Ersten riss Ayla aus ihren Ge danken: »Große Erdmutter, Ur-Ahnin, du hast dein Kind zu dir zurückgerufen. Shevonar wurde gerufen, ein Opfer für den Geist des Wisents zu sein, und die Zelandonii, deine Kinder, die den Südwesten dieses Landes bewohnen, bitten dich, dass dieses eine Leben genügen möge. Er war ein tapferer Krieger, ein guter Gefährte, ein tüchtiger Speermacher. Er hat dich, so lange er lebte, in Ehren gehalten. Wir bitten dich flehentlich: Führe ihn sicher zu dir zurück. Seine Gefährtin trauert um ihn, seine Kinder liebten ihn, sein Volk achtete ihn. Er wurde in der Mitte des Lebens gerufen, dir zu dienen. Gib, dass der Geist des Wisents zufrieden sei mit diesem Opfer, o Doni. Lass die ses eine Opfer genügen.«
»Lass es genügen, o Doni«, wiederholten die anderen Zelan donia und dann die ganze Versammlung.
Der getragene Rhythmus von Trommeln setzte ein. Die ein zelnen Schläge klangen nicht sehr klar, weil mehrere Instru mente gleichzeitig gespielt wurden. Die Trommeln waren aus Tierhäuten hergestellt, die straff über Holzreifen gespannt wa ren. Der schaurige Klang der Flöte mischte sich dazu und ver band sich mit dem stetigen Schlag der Trommeln. Relona fing an, zu schluchzen und ihr Leid zu klagen, und schon bald jam merten und klagten alle Anwesenden.
Plötzlich gesellte sich zur Musik eine wohlklingende Alt stimme. Der wortlose Gesang verschmolz mit Trommeln und Flöte und klang beinahe selbst wie ein Instrument. Zum ersten Mal hatte Ayla jemanden singen hören, als sie bei den Mamu toi gelebt hatte. Die meisten im Löwenlager konnten singen, zumindest in der Gruppe. Sie hatte ihnen gerne zugehört und selbst versucht mitzusingen, aber ihr schien das Talent dazu abzugehen. Sie konnte monoton vor sich hin summen, aber keinen Ton halten. Sie erinnerte sich auch, dass einige weitaus bessere Sänger waren als andere. Sie hatte sie bewundert, aber eine so volle und wohltönende Stimme wie diese hatte sie noch nie zuvor gehört. Sie gehörte Zelandoni, der Ersten, und Ayla lauschte ergriffen.
Die beiden Männer, die vorne an der Grube standen, drehten sich um, so dass sie den beiden hinteren gegenüberstanden. Dann hoben sie den Baumstamm von ihren Schultern und lie ßen den Leichnam langsam in die Grube hinab. Das Grab war nicht sehr tief. Als sie den Stamm auf der Erde absetzten, be rührte der Leichnam bereits den Boden der Grube. Sie lösten das Netz von dem Holzstamm und warfen es in die Grube.
Dann zogen sie die Tierhäute herbei, auf die sie beim Aushe ben der Grube die Erde geschaufelt hatten, steckten den Baum stamm in das Fußende der Grube und häuften um ihn herum etwas Erde auf, damit er stehen blieb. Ans Kopfende pflanzten sie einen kürzeren Pfahl, in den Shevonars Abelan geschnitzt und mit leuchtendem Ockerrot bemalt war. An seinem Zeichen würde man erkennen, wo er beigesetzt war.
Gleichzeitig diente es als Warnung, dass sein Elan sich noch in der Nähe aufhalten konnte.
Steif schritt Relona auf das Grab zu. Man sah ihr an, wie sehr sie um Fassung rang. Sie nahm, in einer fast zornigen Gebärde, mit beiden Händen Erde von dem Haufen und schleuderte sie in das Grab. Zwei ältere Frauen halfen den beiden Kindern Relonas, das Gleiche zu tun, und streuten selbst mit beiden Händen Erde über den eingeschnürten Leichnam. Dann gingen alle, einer nach dem anderen, ans Grab und warfen etwas Erde hinein. Am Ende war die Grube aufgefüllt, und die restliche Erde wurde zu einem Hügel aufgeschüttet.
Plötzlich warf sich Relona tränenblind auf die weiche Erde des Grabhügels und blieb heftig schluchzend liegen. Der Junge, das ältere der beiden Kinder, lief weinend zu ihr, stand da und rieb sich unablässig die Augen, um die Tränen fortzuwischen. Auch seine kleine Schwester rannte, mit verlorenem und ver wirrtem Blick, zur Mutter und versuchte sie vom Grab wegzu zerren und zu trösten.
Ayla fragte sich, wo die beiden älteren Frauen geblieben wa ren und warum niemand sich um die Kinder kümmerte und ihnen Trost zusprach.

16
    Ayla sah, wie die Mutter das ängstliche Schluchzen des klei neren Kindes nach einer Weile wahrzunehmen begann. Relona riss sich vom Grab los und nahm, ohne sich zuvor die Erde von den Kleidern zu streifen, ihre Tochter in die Arme und kauerte sich mit ihr auf den Boden. Der Junge hockte sich zu ihnen, die Arme um den Hals der Mutter geschlungen. Auch sie legte einen Arm um ihn, und so saßen sie alle drei weinend

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