Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers
stellen konnte, warf Zelandoni ein: »Ich bin sicher, wir haben alle noch viele Fra gen an Ayla, aber die können wir ihr später stellen. Ich finde, wir sollten sie erst zu Ende erzählen lassen, was mit Thonolan und Jondalar geschehen ist.«
Die anderen nickten zustimmend und wandten ihre Aufmerk samkeit wieder der Fremden zu.
»Als wir an einer Schlucht vorbeikamen«, fuhr Ayla fort, »hörte ich einen Löwen brüllen und dann einen Schrei, den Schmerzensschrei eines Mannes.«
Alle hingen an ihren Lippen, und Folara konnte nicht schweigen: »Was hast du dann getan?«
»Erst wusste ich nicht, was ich tun sollte, aber ich musste he rausfinden, wer da geschrien hatte. Ich musste versuchen, ihm zu helfen. Winnie trug mich in die Schlucht hinab. Ich kauerte mich hinter einen Felsen und versuchte einen Blick in die Schlucht zu werfen. Dann sah ich den Löwen und hörte ihn auch. Es war Baby. Nun hatte ich keine Angst mehr und ging hinein. Ich wusste, dass er uns nichts tun würde.«
Diesmal war es Zelandoni, die nicht länger an sich halten konnte. »Du hast einen Löwen an seinem Gebrüll erkannt? Du bist direkt in die Schlucht eines brüllenden Löwen hinabgestie gen?«
»Es war nicht einfach irgendein Löwe. Es war Baby, mein Löwe, den ich großgezogen habe«, sagte Ayla. Sie blickte zu Jondalar und sah, dass er trotz der ernsten Dinge, die sie zu berichten hatte, ein Schmunzeln nicht unterdrücken konnte.
»Sie haben mir schon von diesem Löwen erzählt«, sagte Marthona. »Ayla kann offenbar auch mit anderen Tieren sehr gut umgehen, nicht nur mit Pferden und Wölfen. Jondalar sagt, dass er sie auf jenem Löwen reiten sah, so wie auf den Pferden. Er sagt, dass auch andere das gesehen haben. Bitte erzähl wei ter, Ayla.«
Zelandoni dachte bei sich, dass sie sich diese Verbindung zwischen Ayla und den Tieren noch genau anschauen musste. Sie hatte die Pferde am Fluss gesehen und wusste, dass Ayla einen Wolf bei sich hatte, doch während Marthona die An kömmlinge zu ihrem Wohnplatz führte, hatte Zelandoni ein krankes Kind besucht. Die Tiere waren im Augenblick nicht zu sehen, und so hatte sie vorübergehend nicht mehr an sie ge dacht.
»Als ich ans Ende der Schlucht kam, sah ich Baby und zwei Männer auf einem Felsvorsprung. Ich dachte, sie wären beide tot doch als ich hinaufkletterte, sah ich, dass der eine noch am Leben war. Ohne meine Hilfe wäre aber auch er bald gestor ben. Es gelang mir, Jondalar von dem Vorsprung herunterzu schaffen, und ich band ihn auf die Schleiftrage.«
»Aber was war mit dem Löwen?«, fragte Joharran. »Wenn Löwen etwas erbeutet haben, lassen sie sich das doch nicht wegnehmen!«
»Ja, das ist wahr, aber es war ja mein Löwe. Ich sagte ihm, dass er weggehen soll.« Ayla sah Joharrans verdutzte und un gläubige Miene. »So, wie ich das gemacht hatte, wenn wir zu sammen jagten. Ich glaube, er war ohnehin nicht hungrig, denn seine Löwin hatte ihm gerade einen Hirsch gebracht. Und er jagte auch keine Menschen. Ich habe ihn großgezogen. Ich war seine Mutter. Menschen waren seine Familie ... sein Stolz. Ich glaube, er griff die zwei Männer nur deshalb an, weil sie in seine Höhle, auf sein Territorium vorgedrungen waren ... Ich wollte den Toten nicht dort liegen lassen. Die Löwin würde nicht meinen, dass Menschen zu ihrer Familie gehörten. Es war kein Platz für ihn auf der Schleiftrage, und ich hatte keine Zeit, ihn zu begraben. Denn ich hatte Angst, dass auch Jondalar sterben würde, wenn ich ihn nicht rasch in meine Höhle brach te. Im hinteren Teil des Felsvorsprungs war eine steile Geröll halde mit einem Felsbrocken am unteren Ende. Ich zog den Leichnam dorthin und hebelte mit meinem Speer - das war einer von den großen dicken Clan-Speeren - den Felsbrocken aus dem Weg, so dass das Geröll den Leichnam bedecken konnte. Ich wollte ihn nicht einfach zurücklassen, ohne wenigs tens eine Botschaft an die Geisterwelt zu senden. Ich bin kein Mogur, aber ich übernahm eines von Crebs Ritualen und bat den Geist des Großen Höhlenbären, ihn in das Land der Geister zu geleiten. Dann brachten Winnie und ich Jondalar zu mir nach Hause.«
Zelandoni lagen viele Fragen auf der Zunge. Wer oder was war ein »Grrrabb«? So hatte sich der Name Creb für sie ange hört. Und warum hatte sie den Geist eines Höhlenbären angeru fen und nicht die Große Erdmutter? Sie hatte nur die Hälfte von dem verstanden, was Ayla gesagt hatte, und fand die ande re Hälfte schwer zu glauben. Sie sagte: »Zum
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