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Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Titel: Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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anderen Seite dieser Nische war ein Wisent zu sehen, dessen Kopf von vorn gemalt war, während der Körper im Profil dargestellt wurde, was eine überaus eindrucksvolle Wirkung erzielte.
In einem dreieckigen Hohlraum unter dem Wisent befanden sich zwei Löwenköpfe und das Vorderteil eines weiteren, nach rechts blickenden Löwen, und über dem Löwen ein schwarzes Nashorn mit roten Streifen, die Wunden andeuteten. Blut rann ihm aus dem Maul. Dahinter verband ein breiter, säulenartiger Felsen die Wand mit der Decke. Auf seiner Innenseite, von der Kammer aus noch zu sehen, waren drei Löwen und ein anderes Tier gemalt. Der obere, abgerundete Abschluss der Felsensäule wies vier reich bemalte Flächen auf.
»Um diese Zeichen zu erfassen, muss man den Fels von allen Seiten betrachten.« Die Wächterin zeigte Ayla die einzelnen Teile. Das Vorderteil eines Wisents auf menschlichen Beinen mit einer großen, schwarz getönten Vulva, deren unterster Punkt senkrecht eingeritzt war. Es war der Unterleib einer Frau mit einem Wisentkopf. Auf der Rückseite der Säule war ein Löwe dargestellt. »Die Form dieses Felsens hat mich immer an ein männliches Glied erinnert.«
»Ja, durchaus«, stimmte Ayla ihr zu.
»Es gibt noch zwei kleine Räume mit ein paar interessanten Bildern. Wenn ihr wollt, zeige ich sie euch.«
»Ja. Ich würde gern so viel wie möglich sehen, bevor wir gehen müssen«, sagte Ayla.
»Hier, hinter der männlichen Säule, kannst du drei Löwen sehen. Und hinter dem blutenden Nashorn ist ein kleiner Korridor, der zu einem herrlichen Pferd führt.« Die Wächterin ging voraus. »Und hier das große Wisent am Ende des Wandbildes. In diesem Bereich gibt es einen großen Löwen und ein paar kleine Pferde. Der Bereich gegenüber ist nur sehr schwer zugänglich.«
Ayla ging zurück an den Anfang der Kammer, wo sich die Erste auf einem Stein ausruhte. Die anderen Besucher standen in der Nähe.
»Nun, was denkst du, Ayla?«, fragte die Frau.
»Ich bin so froh, dass du mich hierhergebracht hast. Ich glaube, das ist die schönste Höhle, die ich je gesehen habe. Es ist mehr als eine Höhle, aber ich weiß kein Wort dafür.
    Als ich beim Clan lebte, war mir nicht bewusst, dass man im wirklichen Leben etwas sehen und aus einem anderen Material etwas herstellen kann, was genauso aussieht.« Ayla schaute sich nach Jondalar um und lächelte, als sie ihn sah. Er kam näher und legte den Arm um sie, wie sie es sich gewünscht hatte. Sie wollte diese Erfahrung mit ihm teilen. »Als ich dann zu den Mamutoi zog und sah, was Ranec alles aus Elfenbein oder andere aus Leder und Perlen herstellten oder wie wieder andere nur mit einem Stock auf den glatten Erdboden zeichneten, war das für mich etwas völlig Neues.«
    Sie hielt inne und schaute auf den feuchten Lehmboden der Höhle. Ihre Begleiter standen mit ihren flackernden Fackeln dicht beieinander. Das Licht reichte nicht sehr weit, und die an die Wände gezeichneten Tiere waren nur schemenhaft in der Dunkelheit zu erkennen.
    »Bei diesem Ausflug und schon vorher haben wir andere Bilder und Zeichnungen gesehen, die schön, manche, die nicht so gelungen, aber trotzdem bemerkenswert waren. Ich weiß nicht, wie Menschen das machen, und ich habe keinerlei Vorstellung, warum sie es tun. Ich glaube, weil sie der Mutter eine Freude bereiten wollen, was ihnen sicher gelingt, und vielleicht, um die Geschichte der Mutter zu erzählen. Vielleicht machen die Menschen es auch nur, weil sie es können. So wie Jonokol, der sich etwas überlegt, was er zeichnen möchte, und da er dazu in der Lage ist, macht er es. So ist es auch, wenn du singst, Zelandoni. Die meisten Menschen können singen, der eine besser, der andere schlechter, aber niemand so wie du. Wenn du singst, möchte ich nur noch zuhören. Dann geht es mir gut. Und so empfinde ich, wenn ich diese Höhlenzeichnungen betrachte. Das fühle ich, wenn Jondalar mich mit einem Blick ansieht, in dem ich seine Liebe erkenne. Es ist, als würden mich diejenigen, die diese Bilder gemacht haben, mit liebevollen Augen anschauen.«
    Sie blickte peinlich berührt zu Boden. Für gewöhnlich konnte sie ihre Tränen zurückhalten, doch diesmal fiel es ihr schwer.
    »Ich glaube, so muss es auch der Mutter gehen«, schloss Ayla, und ihre Augen glitzerten in dem flackernden Licht.
Jetzt weiß ich, warum sie verbunden ist, dachte die Wächterin. Sie wird eine bemerkenswerte Zelandoni, sie ist es bereits, aber sie braucht ihren Gefährten. Vielleicht hat die

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