Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
ich sie. Ich werde das Fell und den Schwanz behalten, die Klauen und die Zähne.«
»Was ist mit dem Fleisch?«, fragte Palidar. »Wirst du etwas davon essen?«
»Nein. Von mir aus können es die Hyänen haben«, erwiderte Ayla. »Ich mag den Geschmack von Fleischfressern nicht, vor allem nicht von Höhlenlöwen.«
»Ich habe noch nie Löwenfleisch probiert.«
»Ich auch nicht«, sagte Morizan von der Dritten Höhle, der sich mit Galeya zusammengetan hatte.
»Hat keiner eurer Speere ein Tier getroffen?«, fragte Ayla. Beide schüttelten traurig den Kopf. »Ihr könnt gerne etwas von diesem Fleisch nehmen, nachdem ich das Herz vergraben habe, aber die Leber würde ich an eurer Stelle nicht essen.«
»Warum nicht?«, fragte Tivonan.
»Die Leute, bei denen ich aufgewachsen bin, glaubten, die Leber von Fleischfressern könnte tödlich sein, wie ein Gift«, sagte sie. »Sie erzählten Geschichten von einer Frau, die nach dem Verzehr der Leber eines Luchses gestorben war. Vielleicht sollten wir auch die Leber vergraben, zusammen mit dem Herzen.«
»Gilt das für die Leber aller Tiere, die Fleisch fressen?«, fragte Galeya.
»Die von Bären ist wohl in Ordnung. Sie fressen Fleisch, aber auch alles andere. Höhlenbären fressen überhaupt kein Fleisch, und sie schmecken gut. Ich kannte Leute, die Bärenleber gegessen haben und nicht krank geworden sind«, antwortete Ayla.
»Ich habe seit Jahren keinen Höhlenbären mehr gesehen.« Solaban hatte in der Nähe gestanden und zugehört. »In dieser Gegend gibt es nicht mehr viele. Hast du wirklich das Fleisch eines Höhlenbären gegessen?«
»Ja.« Ayla überlegte, ob sie erwähnen sollte, dass der Höhlenbär dem Clan heilig war und nur bei gewissen rituellen Festen gegessen wurde, entschied jedoch, das würde nur weitere Fragen aufwerfen, deren Beantwortung zu lange dauern würde.
Sie betrachtete die Löwin und seufzte. Das Tier war groß, es zu häuten würde viel Arbeit sein. Sie konnte Hilfe gebrauchen und betrachtete die vier jungen Leute, die ihr Fragen gestellt hatten. Keiner von ihnen hatte Speerschleudern benutzt, doch Ayla ging davon aus, dass sich das nun ändern würde, und obwohl keiner ihrer Speere getroffen hatte, waren sie bereitwillige Helfer der Jagd gewesen und hatten sich der Gefahr ausgesetzt. Sie lächelte ihnen zu. »Ich gebe jedem von euch eine Klaue, wenn ihr mir helft, diese Löwin zu häuten«, sagte sie. Ihr Lächeln wurde erwidert.
»Das mache ich gern«, antworteten Palidar und Tivonan wie aus einem Mund.
»Ich auch«, kam es von Morizan.
»Gut. Ich kann Hilfe gebrauchen.« Dann wandte sie sich an Morizan. »Ich glaube, wir sind uns noch nicht förmlich vorgestellt worden.«
Sie blickte den jungen Mann an und streckte beide Hände aus, die Handflächen nach oben, in der formellen Geste der Offenheit und Freundschaft. »Ich bin Ayla von der Neunten Höhle der Zelandonii, Gehilfin der Zelandoni, Erste Unter Denen, Die Der Großen Erdmutter Dienen, verbunden mit Jondalar, Meisterfeuersteinschläger und Bruder von Joharran, Anführer der Neunten Höhle der Zelandonii, vormalige Tochter vom Herdfeuer des Mamut vom Löwenlager der Mamutoi, vom Geist des Höhlenlöwen Erwählte, vom Höhlenbären Beschützte und Freundin der Pferde Winnie, Renner und Grau sowie des vierbeinigen Jägers Wolf.«
Das genügte als förmliche Vorstellung, dachte sie, als sie seinen Gesichtsausdruck sah. Sie wusste, dass der erste Teil ihrer Namen und Zugehörigkeiten etwas überwältigend war
- ihre Verbindungen gehörten zu den hochrangigsten aller Zelandonii, und der letzte Teil dürfte ihm gänzlich unvertraut sein.
Er griff nach ihren Händen und begann mit seinen Namen und Zugehörigkeiten. »Ich bin Morizan von der Dritten Höhle der Zelandonii«, setzte er nervös an und schien zu überlegen, was er als Nächstes sagen sollte. »Ich bin der Sohn von Manvelar, Anführer der Dritten Höhle, Vetter von ...«
Ayla erkannte, dass er jung war und nicht gewohnt, neue Menschen kennenzulernen und formell etwas vorzutragen. »Im Namen von Doni, der Großen Erdmutter, begrüße ich dich, Morizan von der Dritten Höhle der Zelandonii«, sagte sie und fügte hinzu, »und deine Hilfe ist mir sehr willkommen.«
»Ich möchte auch helfen«, sagte Galeya. »Ich möchte eine Klaue als Erinnerung an diese Jagd behalten. Selbst wenn mein Speer nicht getroffen hat, war es aufregend. Ein bisschen beängstigend, aber aufregend.«
Ayla nickte verständnisvoll. »Dann fangen wir an. Ich sollte
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