Harmoniemilieu (= 39%): Personen über 40 Jahre mit niedriger Schulbildung (unterhalb der Mittleren Reife) und mit niedrigem beruflichen Status (Arbeiter, Hausfrauen, Rentner).
Unterhalb der 40-Jahr-Grenze kommen zwei ebenfalls nach dem Grad der formalen Bildung angeordnete Milieus hinzu:
d) Selbstverwirklichungsmilieu (= 18%): Personen unter 40 Jahren mit mittlerem und höherem Bildungsabschluß in sozialen Berufen oder in Ausbildung.
e) Unterhaltungsmilieu (=11%): Personen unter 40 Jahren mit geringer formaler Bildung und niedrigem beruflichen Status (Kfz-Mechaniker, Fließbandarbeiter, Verkäuferinnen, Kassiererinnen).
Das theoretisch Interessante an diesem Modell ist nun, daß es seine Gruppen auf der Grundlage existentieller Anschauungsweisen zusammenfaßt. Das sind sehr allgemeine, gleichwohl handlungsleitende Einstellungen über die soziale Welt. Es ist also, strenggenommen, kein Milieu-, sondern ein Mentalitätsmodell. Der Medienkonsum erfolgt aus bestimmten Mentalitäten heraus, Medieninhalte wirken darauf zurück. Diese Idee ist für unsere Fragestellung besonders interessant, läßt sich die Mentalität – verstanden als Summe der Denk- und Anschauungsweisen von Menschen – doch als der kognitive Teil des Sozialcharakters interpretieren. Allgemein werden für die fünf Milieus folgende Mentalitäten identifiziert: das Streben nach Rang für das Niveaumilieu, nach Konformität für das Integrationsmilieu, nach Geborgenheit für das Harmoniemilieu, nach Selbstverwirklichung für das Selbstverwirklichungsmilieu und nach Stimulation für das Unterhaltungsmilieu. Dieser Hintergrund bestimmt dann auch den Medienkonsum des jeweiligen Milieus.
So ist der Medienkonsum des Niveaumilieus ganz auf die Hochkultur ausgerichtet. Gelesen werden überregionale Tageszeitungen, Die Zeit und Der Spiegel sowie Belletristik. Musikalisch dominiert das Interesse an klassischer Musik, allenfalls noch für Jazz. Personen dieses Milieus gehen ins Konzert, ins Theater, ins Museum, in die Oper, in Ausstellungen, Dichterlesungen und ähnliches. Auch die Fernsehpräferenzen haben einen hochkulturellen Einschlag, gesehen werden Kulturmagazine, Dokumentationen, kunsthistorische Sendungen.
Anders hingegen das Integrationsmilieu: Es baut seine Vorstellung von der Wirklichkeit danach auf, was sich gehört, was legitim ist, kein Aufsehen erregt. Entsprechend ist auch sein Umgang mit Kultur und Medien: Pflege der Häuslichkeit, Regionalismus, Distanz zur neuen Kulturszene, leichte Unterhaltung im Fernsehen und Radio einerseits verbinden sich mit klassischer Bildungsorientierung (Fernseh- und Hörfunkpräferenzen für Informations- und Bildungssendungen, Opern- und Konzert-, Theater- und Ausstellungsbesuche) andererseits.
Dann das Harmoniemilieu: In seinem Weltbild dominiert die Angst vor einer potentiell bedrohlichen Welt. Daraus entsteht die Tendenz, den Wirklichkeitshorizont überhaupt zu reduzieren. Kein Milieu tritt öffentlich weniger in Erscheinung, kein Milieu hat eine stärkere Neigung zum Rückzug in die eigenen vier Wände. Man bleibt, wo man sich am sichersten fühlt: zu Hause. Der Stiltypus dieser Gruppe ist auf das sogenannte Trivialschema ausgerichtet: ästhetisch konservativ und formal schlicht. Bevorzugt werden Blasmusik, deutscher Schlager, Heimatfilm, Fernsehquiz, Naturfilme, leichte Unterhaltungsmusik. Gelesen werden Simmel und Konsalik sowie Zeitschriften wie Das Goldene Blatt, Neue Post, Frau im Spiegel und die Bild. Beim Radiohören und beim Fernsehen werden regionale Themen bevorzugt.
Wechseln wir nun über die 40-Jahr-Grenze, und betreten wir die Erlebnisgesellschaft. Sie ist durch die enorme Ausweitung der Konsumpotentiale, den Wegfall von Zugangsbarrieren und die Erweiterung der Möglichkeiten entstanden und mit einem Wandel der Lebensauffassungen bei den Jüngeren verbunden. Für ihre Bedürfnisse hat sich ein expansiver Erlebnismarkt entwickelt: Entertainer, Animateure, Reisebegleiter, Journalisten, Diskjockeys, Unterhaltungsplauderer in Radio und Fernsehen sorgen für ununterbrochene Abwechslung. Die Erlebnisorientierung der Jüngeren bleibt nicht auf die Freizeit beschränkt, sie dringt vielmehr in immer mehr Bereiche des Lebens vor. Auch die Sozialbeziehungen, die Wohnung, der tägliche Konsum, der eigene Körper und die Psyche werden zunehmend mit Erlebnisansprüchen konfrontiert.
Das Erlebnis definiert den Sinn des Lebens, das Spannungsschema wird zum allgemeinen Maßstab: »Man setzt sich unter
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