Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1
Vorbemerkung
Seit 1960 kann der deutsche Leser Science Fiction-Romane und -Kurzgeschichtenbände aus einem ständig anwachsenden Taschenbuch- und Buchangebot auswählen, und insbesondere in den letzten fünf Jahren war ein rapider Zuwachs an Neuerscheinungen zu verzeichnen. Es gibt heute so gut wie keinen wichtigen SF-Roman aus dem „Golden Age“ der Science Fiction und der Zeit danach, der nicht in einer deutschen Fassung erhältlich wäre. Etwas anders bestellt ist es auf dem Gebiet der Kurzgeschichte. Da sich im deutschen Sprachraum SF-Magazine schwertaten und Taschenbuch- und Buchanthologien vergleichsweise selten waren, blieben eine Reihe von guten Erzählungen bislang noch unübersetzt. Dennoch gilt auch hier, daß der größte Teil des wichtigsten Kurzgeschichtenmaterials – wenn auch auf eine Vielzahl von Publikationen verteilt – eine Übersetzung ins Deutsche erfahren hat.
Eines allerdings gab es bisher nicht: eine mehrbändige Anthologie mit der Zielsetzung, aus dem Fundus der besten SF-Kurzgeschichten der Welt jene zu einer Sammlung zu vereinigen, die in besonderer Weise zeittypisch, charakteristisch oder für die Entwicklung der Science Fiction von besonderer Bedeutung sind. Dieses Ziel haben wir uns bei der Zusammenstellung der Science Fiction-Anthologie in 15 Bänden gesteckt. Das Buch, das Sie jetzt in Händen halten, ist Teil dieses chronologisch angeordneten Werkes. Bitte beachten Sie, daß die einzelnen Bände zwar in sich chronologisch geordnet sind, aber im Erscheinungsmodus nicht zwingend von den Klassikern bis zur Moderne vorstoßen. Insgesamt sind 10 Bände zur angloamerikanischen Science Fiction (je einer zur SF der zwanziger sowie der dreißiger Jahre, je zwei zur SF der vierziger, fünfziger, sechziger und siebziger Jahre) geplant. Drei weitere Bände widmen sich den Klassikern (ein Band angloamerikanische Klassiker, ein Band europäische Klassiker, ein Band deutsche Klassiker), zwei Bände schließlich sind der modernen europäischen beziehungsweise deutschen Science Fiction vorbehalten.
Zu den Intentionen der Herausgeber gehört es, ein Kernwerk der Science Fiction (für den Bereich der kürzeren Texte) zu schaffen, das dem Leser einen Überblick über die literarische Entwicklung des Genres bietet und die wichtigsten Autoren mit je einer Story vorstellt. Es soll dabei versucht werden, Story und Autor der Gesamtentwicklung zuzuordnen und nach Möglichkeit in einen zeitgenössischen Kontext zu setzen. Zugleich wird versucht, bei der Auswahl der Beiträge in jeder Hinsicht ein möglichst breites Spektrum zu wahren und im Zweifelsfalle eher zugunsten unübersetzten Materials zu entscheiden. Letzteres bedeutet: Entscheidend sind die eingangs genannten Kriterien. Stehen jedoch gemäß diesen Kriterien von einem Autor mehrere gleichwertige Stories zur Verfügung, wird meistens jene Story berücksichtigt, die im deutschen Sprachraum die unbekanntere ist. Es gibt allerdings Fälle, dies als Einschränkung, in denen der Name eines Autors so eng mit einer einzigen Story verbunden ist, daß ein solcher Dualismus nicht ignoriert werden kann. Dies gilt im vorliegenden Band zum Beispiel für die Story „Farewell to the Master“ von Harry Bates, und wir mochten guten Gewissens auch nicht auf für ihre Verfasser so wichtige Geschichten wie „Arena“ von Fredric Brown und „Nightfall“ von Isaac Asimov verzichten. Solche einflußreichen Erzählungen auszuklammern, hätte eine nicht zu rechtfertigende Verzerrung bedeutet.
Hans Joachim Alpers Werner Fuchs
Einleitung
Die vierziger Jahre waren für die Science Fiction von enormer Wichtigkeit; sie stellten einen Meilenstein, einen Wendepunkt in der Entwicklung des Genres dar. Zu einer Zeit, da in Europa schon der Zweite Weltkrieg tobte und vielen Menschen nur das nackte Überleben in den Sinn kam, wenn sie an die Zukunft dachten, erlebte die Phantasie in den USA ungeahnte Höhenflüge. Die Vereinigten Staaten waren gerade aus der Lähmung erwacht, die die Depression der dreißiger Jahre mit sich gebracht hatte. Mit der Industrie ging es langsam wieder aufwärts, und der Krieg war noch nicht zur Wirklichkeit geworden, obgleich er schon bedrohliche Schatten warf. Besonders die Unterhaltungsindustrie hatte Hochkonjunktur, und ihre phantastischen Bereiche in diversen Medien blühten auf. Neben dem Qualitätssprung, den die Science Fiction machte, sei nur auf die großartigen abendfüllenden Zeichentrickfilme Walt Disneys (etwa „Fantasia“, 1940)
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