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Titel: Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Pan
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zuwendet. Man kann also mit guten Gründen vermuten, daß dieser Mechanismus eine der Hauptursachen für die allenthalben konstatierte Politikverdrossenheit ist.
    So interagieren also histrionische Persönlichkeiten, die die Politik zu ihrem Beruf gemacht haben, Medien, die aus diesen Menschen durch personenbezogene Politikdarstellung Starpolitiker machen, und histrionische Wähler, die ihre Persönlichkeitsdefizite durch starke politische Figuren kompensieren wollen. Für den Histrio als Wähler ist mit dieser Dynamik die ständige Gefahr einer zu weitgehenden Idealisierung ebenso wie die einer überschießenden Ablehnung gegeben. Kritiklose Bewunderung von Politikern ist aber für eine demokratische Gesellschaft ebenso gefährlich wie die dauerhafte Abkehr von jeglicher Beteiligung am politischen Geschäft.
    Es gibt aber noch einen weiteren, für die Demokratie womöglich noch gefährlicheren Aspekt: Was geschieht auf Dauer mit den histrionischen Politikerpersönlichkeiten? Ein Blick in die Politikwissenschaft macht deutlich, worin deren Probleme bestehen. Es sind die häufig auftretenden Fehler in der politischen Führung von Nationen (vgl. etwa Dror, 1987). Genannt werden in diesem Zusammenhang professionelle Mißbildungen wie Cäsarenwahn, quantitative und qualitative Überlastung durch Regierungsgeschäfte, rituelle Verpflichtungen und parteipolitische Aufgaben mit den Folgen der emotionalen und kognitiven Überforderung. Ferner Hofpolitik, die ausgesuchte Personengruppen
    bevorzugt und gegebenenfalls zu »gate-keepern« der Macht werden läßt, Vermeidung von Kritik, die sich aus dem Wunsch der politischen Führung nach emotionaler Unterstützung und nach Teamgeist ergibt, aber andererseits dazu führt, wichtige Veränderungen nicht mehr rechtzeitig zu erkennen, und Realitätsferne, die sich durch abgehobene Rituale und die Einschmeichelstrategien von Hofschranzen ergibt. Politiker, die für diese Fehler besonders anfällig sind, schaden nicht nur sich selbst, sondern vor allem der Nation, die sie politisch führen sollen.
    Ist der Histrio hier besonders anfällig? Die Antwort ist erschreckenderweise: Ja. Innere Schwäche und Unsicherheit führen zur Vermeidung von Kritik, er ist gegenüber Einschmeichelstrategien empfänglich und umgibt sich gern mit Hofschranzen. Hinsichtlich der Fülle von politischen Aufgaben ist er sicherlich nicht so schnell überfordert, sein impressionistischer Denk- und Arbeitsstil läßt ihn jedoch jeden öffentlichen Auftritt mühsamem Aktenstudium vorziehen. Ob dies dem politischen System auf Dauer bekommt, ist mehr als zweifelhaft: »Es ist nicht sichergestellt ..., daß diejenigen, die häufig lächeln, immer freundlich interessiert in die Gegend schauen, selbst den Karneval ertragen und gut Fahrrad fahren können, auch gute Bundeskanzler oder gute Bundesminister werden«, faßt Peter Glotz (1989) die mit diesen Entwicklungen verbundenen Probleme zusammen.
    Wechseln wir in das Arbeitsleben. Sozialverhalten in diesem Bereich hat es zum einen mit realen Menschen zu tun, es hat ferner zwei klare Dimensionen: vertikal und horizontal (vgl. zum Folgenden Winterhoff-Spurk, 2002). Fragen wir zunächst, wie sich der histrionische Sozialcharakter als Chef oder als Untergebener verhält.
    In der für diesen Bereich zuständigen Organisationspsychologie stoßen wir zunächst auf eine Überraschung, denn da gibt es eine interessante Änderung bei den Führungstheorien. In den letzten Jahren werden zunehmend die emotionalen Prozesse der Identifikation von Mitarbeitern mit ihren Vorgesetzten untersucht. Dies zeigt sich beispielsweise in einer seit Mitte der 80er Jahre häufiger gebrauchten Unterscheidung von transaktionalen Führern und Transformations-Führern. Erstere sind sachorientierte Führungspersönlichkeiten; letztere werden als visonär-charismatische Führer bezeichnet, die die Mitarbeiter dazu bringen, über sich und ihre Partikularinteressen hinauszuwachsen und sich für die Unternehmensziele gewinnen zu lassen. »Transformational leadership« ist durch folgende Persönlichkeitsmerkmale gekennzeichnet (McKenna, 2000, S. 384f.): Charisma, intellektuelle Anregung, Berücksichtigung der emotionalen Bedürfnisse der Mitarbeiter, eine erkennbare Vision von der Zukunft des Unternehmens, Kreativität und die Fähigkeit zur Auswahl und Förderung talentierter Mitarbeiter.
    Hohes Selbstvertrauen, Dominanz, Entschlossenheit, starkes Überzeugtsein von den eigenen Ideen und ein intensives

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