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0001 - Das Schloß der Dämonen

0001 - Das Schloß der Dämonen

Titel: 0001 - Das Schloß der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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unmöglich fünf Minuten vergangen sein. Sie hatte einen Schluck getrunken, sie hatte auf die Schläge der Standuhr gehorcht und… Da war es wieder! Dieses seltsame Gefühl, etwas vergessen zu haben, unbedingt etwas erledigen zu müssen! Es war wie ein Sog, der sie erfaßte. Ein unheimlicher, unwiderstehlicher Sog, der ihr Herz hämmern ließ und Schweißperlen auf ihre Stirn trieb. Sie mußte es tun! Sie konnte nicht anders. Sie mußte… Aber was?
    Was? Nicole versuchte zu schlucken, doch ihre Kehle war trocken wie Zunder. Rasch stand sie auf, ging zum Fenster hinüber. Ihre Finger zitterten leicht, als sie den Riegel hochschob. Mit einem Ruck schob sie die Holzläden zurück, schloß die Augen und atmete tief die kühle Nachtluft ein. Es nützte nichts. Das Gefühl blieb, wurde noch stärker als vorher. Etwas stimmte nicht. Sie hatte etwas vergessen. Etwas Wichtiges, das sie erledigen mußte…
    Dann wußte sie es plötzlich. Der Fremde. Dr. Arcaro Ramondo. Er würde sicher kommen. Sie mußte ihn einlassen! Nein, dachte sie. Das war doch Unsinn! Sie kannte niemanden, der Ramondo hieß. Also konnte sie auch niemanden mit diesem Namen erwarten - und erst recht würde sie ihn nicht ins Schloß lassen. Aber warum, um alles in der Welt, war ihr dann der Name eingefallen? Nicole biß sich auf die Lippen. Sie kämpfte an gegen das unheimliche Gefühl, gegen den Sog, den sie nicht begriff. Ihre Vernunft sagte ihr, daß sie sich etwas einbildete, daß ihre überreizten Nerven sie narrten, daß alles in Ordnung sei. Aber diese Gedanken waren seltsam blaß, schienen sich nur an der Oberfläche ihres Bewußtseins abzuspielen, während tief in ihr eine unsichtbare Kraft wuchs, gegen die sie sich nicht wehren konnte. Sie würde Schlaftabletten nehmen und sich wieder hinlegen.
    Sie würde… Da war die Tür!
    Dunkel wurde Nicole bewußt, daß sie das Fenster geschlossen und das Zimmer duchquert hatte, ohne es zu wissen. Aber der Gedanke verschwamm sofort wieder, löste sich auf in dem Zwang, die Hand zu heben und die Klinke herunterzudrücken. Nicole öffnete die Tür, schloß sie hinter sich und ging mit kurzen, seltsam mechanischen Schritten den Flur hinunter. Als die Kellertür hinter ihr zufiel, als die dunkle, modrige Kälte sie einhüllte und sich wie Gummi über ihre Haut legte, kam sie noch einmal zu sich. Panischer Schrecken durchzuckte sie. Sie warf den Kopf herum, tastete nach den Wänden. Wo war sie? Was tat sie hier? Der Keller! Sie mußte durch den Keller gehen und die Pforte öffnen, die in den ausgetrockneten Schloßgraben führte. Die Dunkelheit vor ihr war wie ein magischer Sog.
    Ein Sog, der sie mitriß, dem sie nicht entgehen konnte. Der Schrecken wich, wurde gegenstandslos, und nur noch der unentrinnbare Befehl aus dem Dunkel zählte. Nicole brauchte kein Licht, als sie weiterging, die Treppe hinabstieg und mit traumwandlerischer Sicherheit das Gewirr der Gänge und Gewölbe durchquerte. Fünf Minuten später hatte sie das winzige Verlies erreicht, von dem aus ein Weg nach draußen führte. Der Riegel war verrostet. Nicole mußte sich anstrengen, um ihn zurückzuziehen. Sie nahm den schweren Schlüssel von dem Haken an der Wand, entsperrte das Schloß und drückte die Klinke hinunter. Die Tür schwang auf. Holz knarrte, die Angeln quietschten gedämpft. Frische, kühle Nachtluft wehte herein, und das Mondlicht lag über dem ausgetrockneten, unkrautüberwucherten Schloßgraben wie ein silbriger Schleier. Nicole sah sich um. Sie wartete.
    Wartete auf den Meister. Sie wußte, daß er kommen würde…
    ***
    Mit einer langsamen Bewegung streifte sich Zamorra die silberne Kette um den Hals. Das Amulett ließ er hinter den geöffneten Hemdkragen gleiten. Er spürte das kühle Metall auf der Haut - und stutzte.
    Der Schmerz war verschwunden. Schlagartig - als hätte es ihn nie gegeben. Rasch streifte Zamorra den Ärmel hoch und starrte auf die Stelle, wo sich noch vor Sekunden die häßliche Brandwunde abgezeichnet hatte. Nichts war zu sehen. Nichts außer sonnengebräunter Haut. Der Abdruck der Knochenhand, die tiefen brandroten Feuermale waren wie ein Spuk verschwunden. Zamorra streifte den Ärmel wieder hinunter. Eine steile Falte stand auf seiner Stirn. Immerhin - er wußte jetzt, daß das Amulett wirkte, daß es ihn schützen würde gegen den Zugriff der Dämonen.
    Und wenn die Behauptungen der alten Bücher in diesem Punkt stimmten, dann stimmten vielleicht auch die anderen Berichte und Legenden. Er hatte

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