0001 - Das Schloß der Dämonen
Teufel ihn töten. Ihn und Nicole!
Genauso, wie er Charles Vareck getötet hatte.
»Nun?« drang Ramondos Stimme in sein Bewußtsein.
Zamorra schluckte mühsam.
»Ich weiß von keinem Amulett«, wiederholte er. »Mein Onkel hat mir das Schloß und auch den dazugehörenden Grundbesitz vererbt, nichts weiter. Ich verstehe überhaupt nicht, wovon Sie sprechen.«
»Acharat!« zischte Ramondo mit wutbebender Stimme.
Der Hüne hob den Kopf. Stumm reichte er seinem Herrn die Fackel, dann setzte er sich in Bewegung und trat hinter den Holzpfahl, an den Zamorra gefesselt war. Nicole sah zu. Sie rührte sich nicht, sie stand einfach da, und Zamorra entdeckte nicht den geringsten Ausdruck in ihren starren Augen. Seine Muskeln verkrampften sich. Ein knirschendes Geräusch ertönte. Das Halseisen verengte sich, zog sich gnadenlos zusammen. Zamorra keuchte. Die Luft wurde ihm knapp. Blutrote Schleier tanzten vor seinen Augen, für Sekunden hatte er das Gefühl, ersticken zu müssen, und er brauchte seine ganze Willenskraft, um die Panik niederzukämpfen.
» Halt! « rief Ramondo.
Das Knirschen verstummte.
Zamorra rang nach Luft, atmete in schnellen, flachen Stößen. Seine Kehle schmerzte. Wie ein Orkan rauschte das Blut in seinen Ohren, sein Schädel dröhnte, und er spürte, daß sich seine Gedanken zu verwirren drohten. »Nun?« fragte Ramondo mit einem grausamen Lächeln. Zamorra starrte ihn an.
Sein Herz hämmerte. Alles hing jetzt davon ab, daß er seine Rolle gut spielte, daß er diese Bestie zu überzeugen vermochte. Er mußte es schaffen, er mußte…
»Ich… weiß nichts«, ächzte er. »Ich habe nie von diesem verdammten Amulett gehört! Ich habe nur den Brief. - Sie müssen mir glauben, ich weiß…«
» Brief? « fuhr Ramondo dazwischen.
Zamorra stöhnte. Er brachte nur ein unverständliches Krächzen hervor, und er brauchte nicht einmal besondere schauspielerische Talente, um seinen Peiniger zu überzeugen, daß er nicht weitersprechen konnte. Dr. Ramondos Gesicht verzerrte sich vor Ungeduld.
»Laß los, Acharat!« stieß er durch die Zähne.
Der Hüne gehorchte. Der erbarmungslose Druck des Halseisens lockerte sich, und das Opfer konnte wieder freier atmen. »Was ist mit dem Brief?« fragte Ramondo mit vor Erregung zitternder Stimme. Zamorra fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Der Schmerz in seiner Kehle ebbte nur langsam ab, und er hatte Mühe, sich zu konzentrieren. Er wußte, daß er hoch spielte, gefährlich hoch - aber er wußte auch, daß er keine andere Chance hatte.
»Das Vermächtnis meines Onkels«, flüsterte er. »Louis de Montagne hat mir einen Brief hinterlassen. Einen ziemlich rätselhaften Brief. Er - er steckt in meiner linken Jackentasche…«
Der Brief steckte tatsächlich dort. Und diesmal verzichtete Ramondo sogar auf Acharats Dienst, sondern setzte sich selbst in Bewegung. Wie ein zustoßender Geier stürzte er sich auf sein Opfer.
Zamorra spürte sekundenlang die knochigen Hände an seiner Hüfte - und dann zerrte Ramondo mit fieberhafter Eile den Brief aus dem Umschlag und entfaltete ihn. Seine Lippen bewegten sich. Die jettschwarzen Augen wieselten hin und her, und die letzten Zeilen las er halblaut: »… gibt es eine Tür, die das Wappen der Montagnes trägt. Respektiere ihr Geheimnis! Was immer du aus dem Schloß machst - diese Tür öffne niemals und unter keinen Umständen. Es wäre dein Tod. Und es würde …«
Ramondo stockte. Ruckartig hob er den Kopf. Seine Augen verengten sich zu schmalen, glitzernden Sicheln.
»Also doch«, flüsterte er. »Die Tür! Die Tür mit dem Wappen der Montagnes! Sie birgt das Geheimnis. - Natürlich! Das Amulett bannt die Dämonen! Es muß unter dem Wappen versteckt sein!«
Und dann, als ob er aus einem Traum erwachte, straffte sich seine Gestalt. Achtlos ließ er den Brief zu Boden flattern. Seine Lippen preßten sich hart aufeinander, bildeten einen dünnen Strich, und sein Gesicht war erstarrt zu einer fahlen Totenmaske.
»Komm, Acharat!« befahl er schneidend. »Diesmal werden wir es schaffen…«
***
Die Tür fiel ins Schloß. Zamorra atmete tief durch. Einen Moment lang lauschte er auf die sich entfernenden Schritte, dann wandte er mühsam den Kopf.
»Nicole!« befahl er halblaut.
Sie sah ihn an. Oder besser - sie sah durch ihn hindurch. Ihr Blick war starr, leer, erloschen, und sie schien die Worte nicht zu hören.
»Nicole!« wiederholte Zamorra eindringlicher. Und dann schrie er: » Nicole! Wachen Sie
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