0001 - Ich jagte den Diamanten-Hai
und goß uns neuen Whisky ein, »in einer Tiefe von hundert Fuß.«
»Ist nie versucht worden, sie zu bergen? Diamanten im Werte von einer Million Pfund sind schließlich kein Pappenstiel. Die läßt man nicht ohne weiteres auf dem Meeresgrund liegen.«
»Es gab schon endlose Streitereien um das Besitzrecht«, erklärte der Wirt. »Engländer, Niederländer und Amerikaner stritten sich, wem die Ladung gehöre und wer das Risiko der Bergung zu tragen habe. Es waren auch einige Male Kommissionen hier. Ich glaube, die amerikanische Regierung hat den Engländern den Schaden ersetzt, und die ›Patronia‹, so wie sie auf dem Meeresgrund liegt, zum Verkauf ausgeschrieben; aber das weiß ich nicht mit Sicherheit.«
»Yes«, meldete sich Single-Pag, der Polizeipräsident von Panafarut, »ich haben strenges Befehl, niemand tauchen zu lassen nach Wrack ohne Genehmigung der Regierung.« Er musterte uns aus seinen dunklen Malayenaugen mit angestrengtem Mißtrauen.
»Keine Sorge, Chef«, lachte ich. »Hundert Fuß sind leider zu tief für unsere Sportgeräte, sonst würden wir es wohl versuchen.«
Wir tranken aus, spazierten etwas an der Küste entlang, genossen ein wenig die herrliche Kühle der Nachtluft und strebten dann unseren Weekend-Pavillons zu.
»Was meinst du«, sagte Phil bei der Verabschiedung, »sollen wir morgen nicht einmal sehen, ob wir vielleicht nicht einen Zipfel von der ›Patronia‹ erwischen können?«
»Hundert Fuß«, antwortete ich, »das ist hoffnungslos. Außerdem habe ich gestern den Schwanz einer Muräne gesehen, die gerade in eine Spalte wischte. Das Vieh möchte ich morgen fangen.«
***
Am Morgen tauchten wir vom Boot aus vor den Außenklippen des Hafens. Ich hatte die Spalte gefunden, in der ich meine Muräne vermutete, band einen toten Fisch an einen Stock und pflanzte ihn in den Sand; dann legte ich mich auf die Lauer.
Eine Muräne sieht aus wie ein Aal, nur daß sie groß werden kann wie ein ausgewachsener Mann und so dick wie ein Schenkel eines Ringkämpfers. Außerdem haben sie das Maul voller Zähne, und ihr Biß ist giftig. Alles andere als ungefährlich, sie unter Wasser zu jagen.
Ich brauchte kaum drei Minuten zu warten, als meine Muräne sich aus der Spalte schlängelte, den Fisch erblickte, das Maul aufriß und ihn verschlang. Sie fuhr so gierig zu, daß ein Stück des Stockes mit in ihren Schlund geriet.
Ich zielte sorgfältig mit meinem Preßluftgewehr. Die Harpune zischte in weißer Blasenbahn durch das Wasser und bohrte sich hinter dem Kopf des Fisches quer durch die Nackenmuskulatur. Die Muräne spie den verschlungenen Fisch wieder aus, tobte in einem Knäuel herum und wollte in ihren Spalt zurückschwimmen; aber die links und rechts herausragende Harpune hinderte sie daran. Der dünne Stahl des Schaftes verbog sich, als der Fisch wuchtig gegen den leisen prallte. Ich hatte unterdessen neu geladen und schwamm langsam auf die Muräne zu, jetzt erblickte sie mich, riß ihren scheußlichen Rachen auf und nahm mich an. Ich stieß das Preßluftgewehr vor. Sie schnappte prompt danach. Der Lauf mit der vorstehenden Harpunenspitze verschwand in ihrem Maul, und ich berührte den Drücker. Die Wucht des Stoßes warf den Fisch zurück. Die Harpune fuhr in sein Inneres und drang von innen kurz vor seinem Schwanzende nach draußen. Die Muräne streckte sich. Dunkel sprudelte ihr Blut. Sie sank auf den Sandboden. Ich stieß mich ab und tauchte auf. Rago hing halb über Bord, hatte den Kampf durch den Schaukasten verfolgt; er patschte seine Pfote auf meine Schulter und lachte anerkennend. Ich nahm das Mundstück des Atemgerätes zwischen den Zähnen weg und schob die Tauchbrille in die Stirn.
»Schnall mir das Gerät ab!« bat ich und hielt mich am Boot fest. Er löste die Gurte und gab mir den Widerhaken mit dem Seil daran. Ich schob die Brille wieder zurecht, holte lief Luft, drehte mich und tauchte.
Die Muräne lag an derselben Stelle, aber schon knabberte an ihr eine Menge kleiner Fische. Sie stoben davon, als ich zwischen sie fuhr. Ich befestigte den Widerhaken im Maul des Fisches und tauchte auf, während ich das Seil ablaufen ließ. Rago half mir ins Boot. Wir zogen mit vereinten Kräften.
»Hallo, Mr. Amerika!« wurde ich von der Klippe herab angerufen. Oben stand einer der Mischlinge in weißer Leinenhose und -jacke und schwang einen Zettel. »Telegramm für Sie.«
»Verrückt!« brüllte ich zurück und zeigte unmißverständlich auf meine Stirn, aber er schwenkte
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