0001 - Ich jagte den Diamanten-Hai
Labian gefiel uns nicht, weil es dort vierundzwanzig Autos und drei Kinos gab, womit uns die Insel zu amerikanisiert schien, denn uns hatte gewaltige eremitische Sehnsucht gepackt. Die kleinste der Talauten war Panafarut, das einmal monatlich von einem gebrechlichen Postdampfer bedient wurde, der gerade abging, als wir ankamen. Wir vertrauten unsere Seelen dem Himmel, unsere Leiber dem Wrack an und dampften los. Es war genau der richtige Tip.
Die Talaut-Inseln gehören zu Indonesien. Sie bestehen — ach, Unsinn, lesen Sie doch das im Lexikon nach! Panafarut hatte einen Hafen, in den Hunderttonnenschiffe gerade noch paßten, eine wildzerklüftete Steilküste, hundert braune Ureinwohner, die in einem Dorf im Inneren wohnten, obwohl sie sich von Fischfang ernährten, eine Telegrafenstation, die in einer Holzbaracke untergebracht war, und als Attraktion eine Art Hotel, das von einem fetten Mischling bewirtet wurde, der sich Panhacker nannte. Als die Amerikaner sich in der Gegend herum trieben, war dieser Mister auf die wahnsinnige Idee verfallen, Panafarut zu einem amerikanischen Ferienparadies machen und dabei massig Dollar verdienen zu können. Sie wissen: Amerikaner schätzen Natur und Einsamkeit, wenn sie dabei nicht auf eisgekühlte Drinks und andere Zerstreuungen verzichten müssen. Panhacker hatte daher rings um sein wackliges Hotel zwischen Palmen und bunt blühendem Gebüsch eine Reihe kleiner, nicht einmal schlecht eingerichteter Holzhäuser errichtet, die für ein oder zwei Personen gedacht waren und Einsamkeit mit Komfort versprachen. Aber die Amerikaner gewannen den Krieg gegen Japan und verschwanden aus der Gegend. Panhackers Weekend-Häuser standen plötzlich leer und drohten zu verfallen.
Phil und ich waren eine Sensation für Panafarut. Panhacker überpurzelte sich vor Eifer, als er den ersten Dollarschein sah, und tat alles, um zwei seiner Häuser so bequem wie möglich für uns einzurichten. Er sprach nicht schlecht englisch, und fast alle Mischlinge, die sich außer ihm auf der Insel herumtrieben, konnten genügend davon, um sich mit uns zu verständigen.
In drei Tagen waren wir heimisch wie in New York oder Connecticut, nur daß das Leben hier bedeutend angenehmer war. Wir durchstreiften die dreißig Quadratmeilen große Insel, besuchten das Eingeborenendorf, palaverten mit dem Ältesten und kauften einige seltsame Geräte; aber hauptsächlich tummelten wir uns mit Atemgerät und Flossen in den klaren Gewässern der Küste. Wir hatten einen hübschen, vielleicht zwölfjährigen braunen Eingeborenenjungen engagiert, der auf den Namen Rago hörte. Er sollte uns die besten Fischgründe zeigen und das Ruderboot hüten, während wir uns unter Wasser herumtrieben. Aber manchmal ging sein Temperament mit ihm durch, und er tauchte auch ohne Atemgerät, denn er schwamm wie ein Aal und war olympiareif.
An den lauen Abenden saßen wir an Panhackers Hotelbar und tranken Eisgekühltes. Mit uns hockte Abend für Abend die gute Gesellschaft und die hohe Verwaltungsbehörde der Insel in dem Laden. Durch die Bank handelte es sich um Mischlinge, obwohl nie klar zu erkennen war, was sich da eigentlich gemischt hatte. Der reiche Wang-Cho zum Beispiel, der den Eingeborenen die getrockneten Fische abkaufte, hatte hauptsächlich chinesisches Blut, während an Single-Pag, dem Polizeichef und gleichzeitig einzigen Polizisten der Insel, ohne Zweifel ein Afrikaner beteiligt gewesen war. Wir vertrugen uns mit ihnen prächtig, tranken hin und wieder eine Runde und an einem solchen Abend erfuhren wir die Geschichte von der ›Patronia‹, dem einzigen Kriegsereignis, das in Panafarut stattgefunden hatte.
Dieses niederländische Schiff war ein Kahn von einhundertfünfzig Tonnen gewesen, den die Amerikaner übernommen hatten, als die Deutschen Holland besetzten, und er war nach Manila gedampft, um Flüchtlingsgut zu bergen, als die Japaner die Philippinen zu besetzen drohten. Unter anderem hatte das Schiff den gesamten Bestand einer englischen Diamantschleiferei an Bord genommen: Roh- und Fertigdiamanten im Werte von ungefähr einer Million Pfund. Entlang der Küsten hatte die ›Patronia‹ versucht, sich in Sicherheit zu ' bringen; gerade vor Panafarut hatten japanische Bomber sie erwischt und ihr ein mittelschweres Ding versetzt. Sie war in zwei Hälften zerbrochen und wie ein Stein gesunken. Knapp zehn Prozent der Mannschaft nur hatten sich retten können.
»Sie liegt eine Meile vor der Ostküste«, erzählte Panhacker
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