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0002 - Ich stellte die große Falle

0002 - Ich stellte die große Falle

Titel: 0002 - Ich stellte die große Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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hoch. Nur Stenton Shine hielt seine Kanone hartnäckig fest und starrte mich wütend an.
    Tja, in vierundzwanzig Stunden hatte sich auch Stenton Shine gewaltig verändert. Es bringt einen Mann ziemlich aus der Fassung, wenn er sich innerhalb eines Tages aus dem ungekrönten und gefürchteten König der Bowery in einen wegen Mordversuchs verfolgten Ganoven verwandelt. Klar, daß Shine annahm, Goodman und Firestone hätten ihn spornstreichs verpfiffen, als sie selbst in der Patsche saßen, und ich hatte nicht die Absicht, ihn vorläufig darüber aufzuklären.
    »Na, Stenton«, sagte ich, »willst du dir an deiner Leibwache kein Beispiel nehmen? Oder möchtest du einen zweiten Mordversuch unternehmen? Die Strafe für zwei solcher Verbrechen ist nicht viel höher als für eines. Nur weiß ich nicht, ob dann noch eine Verhandlung gegen dich stattfindet. Kein Richter verurteilt einen Toten zu Zuchthaus.«
    Er stierte noch zwei Sekunden lang, dann stieß er einen unverständlichen Fluch aus und feuerte seine Pistole in eine Ecke.
    »Siehst du, jetzt können wir miteinander reden«, lobte ich ihn. »Deine Diener brauchen wir nicht. Schick sie in die Küche, aber sie sollen nicht fortlaufen. Auch Polizisten sind manchmal nervös. Sie könnten schießen, wenn jemand durch den Park läuft.«
    Sie trollten sich aus dem Raum. Sie nahmen an, das Haus sei umstellt. Ich mußte bei dem Gedanken lachen, daß meine ganz wehrfähige Begleitung aus einem Taxichauffeur bestand, der die Kleinlichkeit seiner Berufsgenossenschaft fürchtete.
    In der Halle von Shines Villa gab es einen Kamin, und bei dem Kamin standen zwei Sessel. Ich beschlagnahmte einen von ihnen und lud Stenton mit einer Handbewegung ein, sich den anderen zu nehmen. Er tat es. Als er zu dem Sessel storchte, sah ich, daß er schwankte. Wahrscheinlich hatte er vierundzwanzig Stunden nicht geschlafen.
    Ich nahm mir eine Zigarette und warf ihm das Päckchen hinüber. Er schüttelte den Kopf und legte es auf den kleinen Tisch zwischen uns.
    »Wir sind dabei, eine schöne Anklage wegen Mordversuchs und wegen Anstiftung zum Mordversuch gegen dich zusammenzuzimmern«, eröffnete ich das Gespräch. »Deine Laufbahn ist zu Ende, Shine.«
    »Haben Goodman und Firestone mich belastet?« fragte er heiser.
    »Was hättest du an ihrer Stelle getan?« fragte ich zurück, um nicht direkt lügen zu müssen. Offenbar hatte er eine schlechte Meinung von sich selber. Seine Haltung drückte Hoffnungslosigkeit aus. In dieser Verfassung war er mir gerade recht. »Du hast dich mit ihnen zusammengetan, um den neuen Konkurrenten, Lush Baker, zu erledigen. Ihr habt darüber sogar die alte Feindschaft begraben. Schlau, wie du bist, hast du es verstanden, die Hauptarbeit den beiden und ihren Leuten zuzuschustern, aber das schließt nicht aus, daß du dabei warst. Du hast Geld, und du wirst dir einen guten Anwalt nehmen, und wahrscheinlich wirst du sogar relativ billig davonkommen, obwohl ich nicht glaube, daß die Richter dich unter zehn Jahren laufenlassen.«
    Er antwortete nicht. Die Aussichten schienen ihm nicht gerade tröstlich.
    Ich lachte.
    »Das Lustige dabei ist«, fuhr ich fort, »daß ihr mit eurem albernen Versuch Lush Baker völlig freie Bahn geschaffen habt, das Boxgeschäft an sich zu reißen. Gutes Geschäft für den Burschen. Er riskierte fünfzehn Sekunden lang, sich ein Loch im Anzug zu holen, und tauschte dafür zehn Jahre ungestörtes Arbeiten ein. Wenn du aus dem Gefängnis kommst, Stenton, dann ist Lush Baker der absolute König der Bowery, und ich möchte wohl erleben, ob du es dann noch fertigbringst, ihn aus seiner Stellung zu verdrängen.«
    Können Sie sich vorstellen, daß ein alter, hartgesottener Gangster nahe am Weinen sein kann? Glauben Sie mir, Stenton Shine war nahe daran. Denken Sie aber nicht, daß es Reue war, nicht einmal Angst vor der Strafe, die ihn erwartete. Es war Wut über den glücklichen Konkurrenten. Ich musterte ihn genau, und ich dachte, daß ich ihn weit genug hatte.
    »Ich gebe dir eine Chance, Stenton«, sagte ich.
    Er blickte hoch, und vielleicht überlegte er, ob er jetzt zum Scheckbuch greifen sollte, aber ich zerstörte ihm seine Illusionen.
    »Glaube nicht, daß ich dich laufenlasse. Deine Jahre wirst du absitzen, und ich hoffe sogar, daß die Richter dir keine mildernden Umstände geben, aber ich gebe dir die Chance, vielleicht auch Lush Baker das Geschäft zu verderben. Ist das interessant für dich?«
    Er antwortete, ohne zu überlegen.

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