0002 - Ich stellte die große Falle
begann die unerfreuliche Aufgabe, die Überwachung in der Bowery zu organisieren, und zwar so zu organisieren, daß kein Verdacht entstand. Das ist nicht einfach in einem Viertel, in dem jeder jeden kennt. Es dauerte vier Tage, bis wir es richtig hingekriegt hatten, und es war schwierig genug. Einer unserer G-men italienischer Herkunft mußte sich eine Karre holen und täglich Apfelsinen in der Bowery verkaufen, und als die ortsansässigen Obsthändler über ihn herfielen und den Konkurrenten verdroschen, durfte er leider nicht zeigen, was er in unseren Schulen gelernt hatte, sondern mußte die Prügel mit viel Geschrei, aber wenigem Zurückschlagen kassieren. Einem Friseur, der seinen Laden schräg gegenüber von Shines Wohnung hatte, kauften wir unter sanftem Zwang für vierzehn Tage sein Unternehmen ab und setzten einen Kollegen hinein, der angeblich etwas vom Haarschneiden verstand. Er produzierte die schönsten Haarschnitte, die man sich vorstellen kann, und wie die Leute aussahen, die er rasierte, will ich lieber verschweigen. Sie konnten froh sein, daß sie mit dem Leben davonkamen, und auch er kassierte schweigend eine Tracht Prügel, als einem seiner Kunden die Behandlung zu dumm wurde.
Wir hatten außerdem einen Taxichauffeur, der in unseren Gehaltslisten geführt wurde, und zum guten Schluß organisierten wir einen regelrechten Straßenverkehr mit immer wechselnden Fahrern, die alle Staatseigentum beziehungsweise Geldempfänger des Innenministeriums waren. So konnten wir damit rechnen, daß auf einen Pfiff mindestens sechs Leute in Sekunden zur Stelle waren.
Schwieriger war es, die unmittelbare Leibwache für Mac-Moden und Stenton anzubringen. Shine hatte ja zwar seine beiden Gardisten, aber einmal hielt ich nicht viel von ihnen, und zum anderen hatten wir ihnen die Pistolen abgenommen. Wir mußten zunächst darauf verzichten, sie direkt zu schützen, wir konnten es nur so einrichten, daß mindestens einer von unseren Leuten in der Nähe war, wenn sie das Haus verließen. So schien alles in Ordnung zu sein. Die Falle war gestellt, und nun konnten wir nur darauf warten, ob der Killer hineintappte.
Ich hatte mich drei Tage lang mit dem Organisationsplan der Überwachung beschäftigt und war gerade so weit damit fertig, daß ich daran denken konnte, mich selber in die Geschehnisse wieder einzuschalten, als ich Besuch erhielt.
Es war gegen fünf Uhr nachmittags, als Lush Baker sich bei mir melden ließ. Ich ließ ihn sofort in mein Büro bitten.
Er saß mir gegenüber mit seinem Steingesicht und fiel gleich mit der Tür ins Haus.
»Ich höre, daß Stenton Shine gefaßt, aber nach ein paar Stunden wieder freigelassen wurde.«
»Leider«, antwortete ich, »er gestand nichts, und wir konnten ihm nichts beweisen.«
»Wollen Sie sagen, Goodman und Firestone und ihre Leute hätten dichtgehalten?«
»Genau das. Sie rechnen damit, daß Shine sie heraushaut, und es sieht so aus, als hätte er die Absicht. Die von ihm bezahlten Anwälte rennen den Richtern die Bude ein. Ich fürchte, sie kriegen es noch fertig, daß die Kerle gegen Kaution freigelassen werden.«
Sein schmaler Mund wurde zu einem Strich.
»Sie und Ihre Leute haben doch selber gesehen, daß Shine dabei war und auf mich geschossen hat. Sie können doch gegen ihn aussagen.«
»Irrtum, Baker. Es steht mit ziemlicher Sicherheit fest, daß vom roten Cadillac aus nicht auf Sie geschossen wurde, und keiner von uns hat die Leute erkannt, die blitzschnell aus dem Wagen sprangen und sich dahinter verkrochen. Selbstverständlich bin ich der Meinung, daß das Shine und seine beiden Trabanten waren, aber ich weiß es nicht so genau, daß ich es beschwören könnte.«
»Es war Shines Wagen«, sagte er, und eine Spur von Ungeduld erschien in seinem sonst so unbeweglichen Gesicht.
»In Ordnung, bringen Sie mir Leute, die bezeugen, daß Shine einen solchen Wagen besitzt, und ich werde ihn wieder verhaften lassen«, sagte ich kaltblütig.
Er zögerte einen Augenblick, dann antwortete er: »Ich kann es bezeugen.«
Ich lächelte mitleidig. »Sie? Und Shine läßt zwei Dutzend Leute antanzen, die beschwören, nie einen roten Cadillac in seinem Besitz gesehen zu haben, und er verleumdet Sie beim Gericht. Sie wollten ihn nur aus Konkurrenzgründen ans Messer liefern. Das ist sinnlos.«
»Sie wissen genau, daß es keinen Zeugen gegen Stenton Shine in der Bowery gibt, seitdem er wieder unangetastet an der Macht zu sitzen scheint.«
Ich zuckte mit den Schultern.
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