0004 - Ich entdeckte den Goldmacher
Bowers Äußerung ließ keinen anderen Schluß zu, und Fred war ein heller Junge gewesen.
Ich versank in Nachdenken. Wir hatten noch zwei Möglichkeiten, um festzustellen, ob wir auf der richtigen Fährte waren. Die eine war, daß wir diesen Senor Lechero stellten und ihm zu verstehen gaben, daß sein Name uns in Zusammenhang mit dem Gold bekannt war. Zum zweiten konnten wir mit etwas energischeren Methoden herausbekommen, wer bei dem Neger und bei dem Mestizen in Rios Slums der Abholer jener Briefe war, die von den Familien Lyonei Redborn und Fedor Kaspers kamen. Nun, wir waren zu zweien, und so konnten wir beides gleichzeitig tun. Ich sprach mit Phil darüber, und wir einigten uns, daß er den Besuch bei Lechero starten würde, während ich mich um den Mestizen kümmern wollte.
»Ich lasse vom Konsulat einen Brief schreiben, in dem Kaspers unter irgendeinem Vorwand gebeten wird, beim Konsulat vorzusprechen. Ich hoffe, der Mestize hat Anweisungen, beim Eintreffen eines Briefes für den angeblich bei ihm wohnenden Amerikaner irgendwen zu benachrichtigen. Ich stimme die Angelegenheit mit dem Konsulat so ab, daß der Brief mit der Nachmittagspost eintrifft und gebe dem Mestizen genügend Zeit, seine Nachricht durchzutelefonieren. Dann gehe ich in seine Wohnung, setze ihn schachmatt und kaufe mir den Boten, sobald er auftaucht. Klar?«
Phil und. Lohmann nickten. Ich stand spornstreichs auf, um mit dem Konsulat, mit Mr. Seebold, zu telefonieren.
Ich hatte meinen Plan mit Absicht in Gegenwart Lohmanns auseinandergesetzt. Es war eine letzte Prüfung für ihn. Spielte er falsch, so würde der Abholer nicht kommen, oder sie würden sogar zu mehreren erscheinen, um mich durch die Mangel zu drehen. Ich erwischte Seebold in seiner Privatwohnung, aber er versprach, den gewünschten Brief so abzusenden, daß er ungefähr morgen abend im Besitz des Mestizen in der Bragueros 38 sein würde. Er schlug vor, einen Boten damit zu beauftragen. Wir verabredeten ein Erkennungszeichen, und daß der Bote kurz nach Einbruch der Dunkelheit zu dem Mestizen gehen würde. Die Gefahr, in dem verrufenen Viertel angepöbelt zu werden, mußte der Mann in Kauf nehmen.
Eigentlich hatte ich das Gefühl, trotz des Todes von Pompenos, ein gutes Stück weitergekommen zu sein.
***
Nichts gegen Rios Nächte. Sie sind zauberhaft. Dunkel gewiß, aber von einer Dunkelheit, die gleichsam transparent ist, besonders in mondlosen Nächten, wenn das zarte Licht der Sterne voll zur Wirkung kommt. Man hat dann das Gefühl, als besäße man Augen einer Katze, die im Dunkeln sehen können.
Ich ließ mich bei Einbruch der Dämmerung in die Nähe der Slums fahren. Mein Ortsgedächtnis ist leidlich in Ordnung, und ich fand mich zurecht, obwohl die Nacht rasch hereinbrach.
Das Haus des Mestizen, Bragueros 38, stand frei. Ich schob mich in den Zwischenraum zweier elender Wellblechbaracken, die der Mestizen-Bude genau gegenüberlagen.
Natürlich befanden sich noch viele Leute unterwegs. Ein großer Teil der brasilianischen Bevölkerung wird erst wach, wenn die Nacht mit ihrer Kühle angebrochen ist, und wenn diese Leute überhaupt irgendeiner Beschäftigung nachgingen, so war 100:1 zu wetten, daß sie sie im Schutze der Nacht ausübten.
Ich stand ganz bequem und harrte der Dinge, die da kommen würden. Ich hatte meine Kleidung durchaus nicht angepaßt, hatte nur graues, unauffälliges Zeug gewählt. Natürlich konnte es sein, daß ich als Fremder erkannt und angepöbelt wurde, aber die Null-acht steckte im Halfter, und abgesehen davon hatte ich nicht viel Respekt vor einer Brasilianerfaust, nicht einmal, wenn sie ein Messer hielt.
Kein Mensch kümmerte sich um mich. Wahrscheinlich hielten sie den Mann, der faul an der Hauswand lehnte, und dessen Zigarette zwischen den Lippen wippte, für einen der Ihren. Punkt neun Uhr fuhr ein Auto vor dem Haus Nummer 38 vor. Zwei Männer stiegen aus. Es gab sofort einen Auflauf, aber die Männer ließen sich dadurch nicht stören. Sie klopften an der Tür von 38. Im kläglichen Licht des Zimmers erkannte ich den Mestizen. Die Männer und er palaverten hin und her, dann übergaben sie dem Burschen einen Umschlag. Vor dem Einsteigen blieb einer der Männer stehen, zog ein Taschentuch und trocknete sich die Stirn. Das war das mit Seebold vereinbarte Zeichen. Ich wußte, der angeblich für Fedor Kaspers bestimmte Brief befand sich in den Händen des Mestizen.
Der Junge selbst stand immer noch im Türrahmen und sah dem Wagen nach.
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