0004 - Ich entdeckte den Goldmacher
Graveure.«
Phil nickte nur.
In Bowers Aufzeichnungen hatten wir alle Adressen gefunden, die wir brauchten. Ich hatte sie mir auf einen kleinen Zettel notiert und beschloß, mit Lyonei Redborn den Anfang zu machen. Durch eine' Agentur in New York war der Mann an eine große Druckerei in Rio vermittelt worden. Wir besaßen eine Abschrift des Arbeitsvertrages. Das Geld erhielt seine Familie durch die Post, und der Absender auf seinen Briefen lautete: Calle Dom Pedro 16.
Ich ging zunächst zur Druckerei. Es war ein großes Unternehmen. Ich fand rasch einen Mann, der Englisch sprach. Er brachte mich zum Personalchef und dolmetschte.
Zunächst konnte man sich an Lyonei Redborn nicht erinnern, aber dann fiel es ihnen ein.
Daraufhin klärte sich die Geschichte sehr rasch. Die ganze Angelegenheit hatte durchaus ihre Richtigkeit. Redborn war von der Druckerei engagiert worden, hatte einen ordentlichen Arbeitsvertrag erhalten und hatte ungefähr vierzehn Tage in dem Unternehmen gearbeitet. Dann war er eines Morgens nicht erschienen.
»Wir kümmerten uns um ihn«, erklärte der Personalchef. »Er wohnte damals noch in einem Hotel, da wir keine Wohnung für ihn bekommen konnten. Der Portier sagte, er habe sein Gepäck holen und ausrichten lassen, er reise ab. Seine Rechnung sei bezahlt worden- Wir meldeten den Vorfall der Polizei, erhielten aber drei Tage später einen Brief von ihm, in dem er schrieb, die Arbeit gefiele ihm nicht, und er würde nach Amerika zurückgehen. Wir gaben der Polizei von diesem Brief Kenntnis, und sie stellte daraufhin sicherlich ihre Nachforschungen ein.«
»War der Brief in den Staaten aufgegeben?«
»Darauf kann ich mich beim besten Willen nicht besinnen, aber ich glaube nicht.« Der Personalchef lächelte und ließ mir durch den Dolmetscher mitteilen, es sei nichts Außergewöhnliches, daß Landsleute von mir dem Zauber des Landes erlägen und Weib und Kind in den Vereinigten Staaten schon mal vergäßen.
»Mag sein«, antwortete ich, »aber Lyonei Redborn sendet regelmäßig Geld an seine Familie und schreibt Briefe, aus denen hervorgeht, daß er immer noch bei Ihnen beschäftigt ist.«
Der Brasilianer zuckte die Schultern.
»Ich versichere Ihnen, er hat bei uns nür eine vierzehntägige Gastrolle gegeben.«
»Seine Adresse lautet Calle Dom Pedro.«
Der Personalchef und der Dolmetscher sahen sich an.
»Ich glaube nicht«, sagte der Dolmetscher, »daß ein Amerikaner Quartier in der Calle Dom Pedro bezieht. Nicht einmal ein Brasilianer, der etwas auf sich hält, wohnt dort. Die Straße liegt in den Slums von Rio. Nur Neger, Indianer und Mischlinge wohnen dort Leute letzter Klasse.«
Ich dankte für die Auskunft.
Der nächste Name auf meinem Zettel war der von Fedor Kaspers.
Die Vorgeschichte seines Engagements für Rio lag ähnlich, nur daß in diesem Falle die Verhandlung persönlich zwischen dem Abgesandten der Brasilianischen Staatsdruckerei und dem Graveur geführt worden waren. Ich ließ mich zur Staatsdruckerei fahren.
Nach einer Stunde Unterhaltung mit verschiedenen Leuten stand eines fest: In der Staatsdruckerei war noch nie ein US-Bürger beschäftigt gewesen, und niemand dort kannte den Namen Kaspers. Seine Adresse in Rio lautete Bragueros 38, und ich erntete bei den Herren der Staatsdruckerei beim Nennen dieser Anschrift das gleiche Augenbrauenhochziehen wie bei dem Personalchef und seinem Dolmetscher. Calle Dom Pedro und Bragueros waren zwei Straßen im gleichen Viertel, die ein anständiger Mensch möglichst nicht betrat.
Ich halte mich zwar auch für einen anständigen Menschen, aber außerdem bin ich ein G-man, der berufsmäßig vor dunklen Straßen keine Hemmungen haben darf. Ich suchte mir einen Taxichauffeur, der ein leidliches Englisch sprach, und nannte ihm die Adressen, zu denen ich gefahren zu werden wünschte.
»Bedaure, Sir«, antwortete er. »Dort fahre ich nicht hin.«
»Doppelte Taxe«, sagte ich, und da fuhr er.
Jede Großstadt hat ihre Slums. In New York sind die Straßen dunkel von den Schatten der hohen, düsteren Mietskaserne, in London verdunkelt sie der Rauch der nahen Fabriken. In Rio sind selbst die Slumsstraßen in helles Licht getaucht. Dafür sind sie nicht einmal gepflastert. Was an Häusern links und rechts aufgebaut war, das verdiente bestenfalls den Namen Hütte. Von Wellblech über Lehm bis zum Ziegelstein fand man jedes Baumaterial, und bei den Menschen, die überall im Schatten der Häuser lagen, standen, hockten, war jede
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