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0006 - Ich stürmte das graue Haus

0006 - Ich stürmte das graue Haus

Titel: 0006 - Ich stürmte das graue Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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Möbeln, ein bezogenes Bett, das noch die Abdrücke eines Körpers zeigte, der darauf gelegen hatte, kein Kleidungsstück, keine Zahnbürste auf der Glasplatte des Waschtisches, keine Pantoffeln — nichts bis auf die zerdrückte Decke, die verriet, daß hier jemand gewohnt hatte. Halt, noch etwas — ein feiner beißender Geruch, die letzten Reste des Gestanks von verbranntem Pulver, die freilich nur jemandem auffallen konnten, der selbst reichlich damit umging.
    Ich trat an das offene Fenster. Es gab kaum noch einen Zweifel, daß der Schuß, der den Gelbhäutigen aufs Pflaster warf, in diesem Raum gefallen war. Schräg unter mir konnte ich ihn liegen sehen, einen engen Kreis Neugieriger und doch Zurückschaudernder um sich.
    Zwei Cops waren inzwischen aufgetaucht. Sie drängten die Neugierigen zurück. Selbst von hier oben konnte ich sehen, daß der Mann dort auf dem Pflaster tot war. Seine Stirn leuchtete rot. Er hatte die gleiche Wunde empfangen wie Joel Ruster.
    Ich ging wieder hinunter. Als ich auf die Straße trat, waren zwei Streifenwagen eingetroffen.
    »Cotton vom FBI«, sagte ich zu dem Streifenführer. »Der Schuß fiel aus dem Zimmer dieses Hauses, dessen Fenster offensteht. Veranlassen Sie Durchgabe an das FBI-Hauptquartier. Unsere Kommission soll die Tatortuntersuchung durchführen.«
    »Jawohl, Sir«, antwortete der Sergeant, kroch in seinen Wagen und gab über Funk die Meldung weiter.
    Ich brach mir einen Weg durch die Menschen um den Toten, deren Kreis unter dem Druck der Cops weiter geworden war. Ich untersuchte die Kleidung des Mannes flüchtig. Er hatte nichts bei sich außer einer Brieftasche, die ich an mich nahm.
    Drüben stand noch immer der Mann, der mich zu überfahren versucht hatte. Die Zivilisten hielten ihn in der Mache.
    Einer davon schien ein Taxichauffeur zu sein. Er hatte dem Burschen den Arm so verdreht, daß er gebückt stehen mußte.
    Ich ging hin.
    »Lassen Sie ihn los!« befahl ich dem Taxichauffeur. Der Mann richtete sich auf. Er war sehr weiß im Gesicht und knirschte mit den Zähnen.
    »Hören Sie«, fauchte er mich an, »das wird Sie teuer zu stehen kommen. Ich bin James Gradness.«
    »Sie sind ein Mann, der mich zu überfahren versuchte«, antwortete ich, »und ich behandle Sie entsprechend.« Ich wandte den Kopf nach den Cops. »Sergeant!« rief ich.
    Er kam im Trab. »Bitte, Sir?«
    »Legen Sie dem Burschen Handschellen an. Ich nehme ihn mit.«
    »Ich protestiere!« schrie der Mann, der sich Gradness nannte. »Sie können mich nicht wie einen Verbrecher behandeln, weil ich einen Verkehrsunfall verursachte, an dem ich noch nicht einmal die Schuld trage. Er rannte wie ein Verrückter über die Straße. Ich konnte einfach nicht mehr rechtzeitig bremsen.«
    Ich achtete nicht auf sein Geschrei und ging in das Bürohaus zurück, um John Landy zu holen. Er befand sich nicht mehr in der Vorhalle, und ich dachte schon, er hätte die Gelegenheit benutzt, um mir zu entwischen, aber dann entdeckte ich ihn in der Portiersloge. Er hatte sich unter einem Tisch verkrochen.
    »Kommen Sie heraus, Landy! Es ist vorbei!«
    Seine Glieder flatterten.
    »Das habe ich immer befürchtet«, flüsterte er mit bebenden Lippen. »Seit Ruster ermordet wurde, habe ich befürchtet, daß sie es auch mir besorgen würden.«
    »Es galt nicht Ihnen«, sagte ich.
    Aber er schüttelte nur den Kopf und beharrte: »Doch, nur mir. Sie lauern mir schon lange auf.«
    Aus irgendeinem Gefühl heraus versprach ich mir etwas davon, wenn Landy und der Mann aus dem Auto jetzt zusammentrafen, und ich beobachtete beide scharf, aber es ereignete sich nichts. Sie beachteten einander gar nicht. Landy hielt apathisch den Kopf gesenkt. Der Wagenfahrer hatte sein Schimpfen eingestellt und knurrte nur bei meinem Anblick: »Sie werden sich noch wundern, G-man.«
    Ich zündete mir eine Zigarette an, die erste, seitdem es geknallt hatte, und wartete auf unseren Einsatztrupp. Er traf ein, bevor ich die Zigarette aufgeraucht hatte, und zufällig führte ihn wieder Less Baker, der diese Woche den Tagdienst versah.
    »Wenns Ärger gibt, steckst nicht selten du dahinter, Jerry«, sagte er.
    »Nicht öfter als jeder andere auch«, winkte ich ab.
    Er begutachtete mich.
    »Der Anzug ist hinüber«, stellte ich fest.
    »Hast du nicht ein paar Knochen gebrochen?«
    »Ich merke nichts.«
    »Vielleicht merkst du es später«, antwortete er lächelnd. »Es würde mich bei dir nicht wundern.«
    »Keine Zeit für Scherze, Less«, wehrte ich ab.

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